David Abraham vs Christian Streich:Der erste Bodycheck gegen einen Trainer

David Abraham und Christian Streich beim Spiel SC Freiburg gegen Eintracht Frankfurt

Haben sich fix wieder versöhnt: Frankfurts Rotsünder David Abraham (links) und Freiburgs Trainer Christian Streich.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Von Christoph Ruf, Freiburg

Über Fußball sprach nach dem Freiburger 1:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt lange Zeit niemand im Schwarzwaldstadion. Schließlich hatte Eintracht-Verteidiger David Abraham in der Nachspielzeit SC-Trainer Christian Streich augenscheinlich in voller Absicht im Sprint umgecheckt, und das offenbar aus Frust, weil Streich den ins Aus rollenden Ball hatte passieren lassen. Kurz vor der Kollision fuhr Abraham sogar noch den Arm aus und brachte Streich endgültig zu Fall.

Abraham, der sich später noch auf dem Platz bei Streich entschuldigte, zeigte nach der anschließenden Rudelbildung allerdings erneut eine schräge Verhaltensauffälligkeit, fing er doch tatsächlich mit Referee Felix Brych eine Diskussion an, ob die vielleicht offensichtlichste rote Karte seit Bundesliga-Gründung gerechtfertigt sei.

Auch Freiburgs Vincenzo Grifo sah kurz darauf verdienterweise Rot, weil er Abraham im Gewühl, an dem gut und gerne 20 Spieler und Angehörige der Trainerstäbe beteiligt waren, aggressiv angegangen und ins Gesicht gegriffen hatte. Insgesamt standen also drei Platzverweise an diesem ereignisreichen Abend zu Buche. Und die Erkenntnis, dass der Referee der beste Mann des Spiels war. Einem schlechteren Schiedsrichter als dem sachlichen und umsichtigen Brych hätte dieser Abend völlig entgleiten können.

"Dann hat er mich halt, bumm, über dä Huffe g'rennt"

Durch die Tumulte ging der sportliche Gehalt der Partie fast in Vergessenheit. Doch mit dem 1:0-Sieg durch ein Tor von Nils Petersen (77.) schafften die Badener den sechsten dreifachen Punktgewinn in dieser Saison und gehen als Tabellen-Vierter in die Länderspielpause. Dass die Eintracht beim sechsten Spiel in 18 Tagen ebenfalls stark gespielt hatte und einen Punkt verdient gehabt hätte, war allerdings nicht der Grund, warum es so viele lange Gesichter im Lager der Hessen zu sehen gab.

Abraham, das sagen alle, die ihn gut kennen, ist außerhalb des Platzes ein ausgeglichener und freundlicher Zeitgenosse. Auf dem Rasen lässt sich das nicht unbedingt von ihm behaupten. Schon vor der Kollision mit Streich hatte er Frustfoul an Frustfoul gereiht. Die Aktion vom Sonntagabend war auch nicht der erste veritable Ausraster des Argentiniers, der seit 2015 bei der Eintracht spielt. Im Dezember 2016 rammte er dem damaligen Hoffenheimer Sandro Wagner mit einer solchen Brutalität den Ellenbogen ins Gesicht, dass sich Wagners damaliger Trainer Julian Nagelsmann fragte, wie "nett" Menschen sein können, die so skrupellos die Gesundheit eines Kollegen riskieren: "Wenn ich irgendwo sehe, wie ein Mann einem anderen mit dem Ellbogen in dieser Art und Weise ins Gesicht schlägt, klicken die Handschellen. Da fehlt mir die Relation zwischen dem Sport und dem realen Leben."

Ganz so dramatisch war die Rambo-Aktion am Sonntag nicht, auch wenn wieder der Arm im Spiel war. Christian Streich beschrieb das Geschehene bei der Pressekonferenz auf Alemannisch wie folgt: "Dann hat er mich halt, bumm, über dä Huffe g'rennt." Ansonsten mache er aus gutem Grund jeden Morgen Dehn- und sonstige gymnastische Übungen, um vor dem biologischen Abbau besser gewappnet zu sein: "Es ist also nicht gesagt, dass ich immer gleich verletzt bin." Den Aufprall mit "so einem jungen Büffel" habe er als 54-Jähriger jedenfalls gut überstanden.

Alles in allem, so Streichs Plädoyer, solle man aus dem Ganzen "keine große Geschichte" machen. Abraham sei eben "ein extrem emotionaler Spieler", dem "die Sicherungen durchgebrannt" seien. Doch der habe sich noch auf dem Platz entschuldigt ("Ich dachte, du bist stabiler") und damit sei das Thema erledigt: "Runterfahren, fertig. Nicht noch dumm rumschwätzen", sagte Streich. Er selbst sei jedenfalls sofort wieder aufgestanden: "Ich habe keinen Bock auf das Theater."

Abraham entschuldigt sich bei Streich

Überhaupt war schon unmittelbar nach Schlusspfiff Deeskalation angesagt. Streich, Hütter, Grifo und Abraham berieten sich noch in der Kabine, kurz darauf twitterten beide Vereine ein Foto, das zwei lachende Spieler beim freundlichen Handshake zeigt. Und die Eintracht veröffentlichte ein Abraham-Statement, in dem sich der Argentinier "in aller Form" bei Streich entschuldigte.

Er habe "den Ball möglichst schnell ins Spiel bringen" wollen und hätte "ausweichen müssen" anstatt den Trainer über den Haufen zu rennen. Nun sei er froh, dass nach einem Gespräch zwischen Streich und ihm "alles gut" ist.

Damit bestätigte Abraham die Sichtweise seines Managers Fredi Bobic, der gemutmaßt hatte, dass sich Abraham dadurch provoziert gefühlt haben könnte, dass Streich nicht sofort wieder ins Spiel befördert habe. Zudem wirkt es auf den Fernsehbildern, als ob Streich dem Anstürmenden ein paar Worte entgegenzischt. Streich selbst bestritt auf Nachfrage, dass es in dieser oder einer anderen Spielszene zu Provokationen seinerseits gekommen sei: "Da war nichts, Blödsinn."

Rumschwätzen werden sie in Frankfurt in den kommenden Tagen und Wochen allerdings wohl trotz aller frommer Wünsche. Sie werden es müssen. Schließlich ist kaum anzunehmen, dass der DFB den ersten Bodycheck eines Spielers gegen einen Trainer seit Bundesligagründung nur mit dem Standardsatz für rote Karten ahnden wird, Abraham dürfte also länger ausfallen. Dass er nach seiner Sperre erneut mit der Kapitänsbinde aufläuft, scheint indes eher unwahrscheinlich. Abraham mag außerhalb des Platzes ein netter Kerl sein. Auf dem Platz ist er vieles. Nur kein Vorbild.

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