Freiburg - Leverkusen (13.30 Uhr):Rückkehr mit Sorgen

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Heiko Herrlich war lange selbst Fußballspieler. Jetzt betreut er seinen ehemaligen Verein Bayer Leverkusen als Cheftrainer. (Foto: Maja Hitij/Getty)

Heiko Herrlich begann im Breisgau mit dem Fußballspielen. Nun tritt er als Leverkusener Trainer in Freiburg an, um seine Kritiker zu überzeugen.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Vor einiger Zeit hat Heiko Herrlich einen ganz neuen Erklärungsansatz dafür geliefert, warum die Zuschauerzahlen beim SC Freiburg in den Achtziger Jahren so niedrig waren. Man hat damals offenbar einfach vergessen, Eintritt zu kassieren. Herrlich berichtete, wie er als 14-Jähriger aus dem heimischen Waldkirch-Kollnau mit dem Fahrrad zu den Freiburger Zweitligaspielen gegen Bayreuth oder Union Solingen gefahren sei - und vorher durch ein Loch im Zaun ins Stadion geschlüpft sei. 33 Jahre später kehrt der Schüler von einst am Sonntag nach Freiburg zurück.

Herrlich, der, wie man aus Waldkirch hört, auf dem Schulhof eher ein Saulus war, ehe er in einem Leverkusener Bibelkreis mit brasilianischen Profis zum Paulus wurde, wechselte mit 17 Jahren aus der Freiburger Jugend zu Bayer und wurde in den Folgejahren ein so treffsicherer Stürmer (74 Treffer in 258 Spielen für Leverkusen, Gladbach und Dortmund), dass er es in den heutigen Zeiten mit seinen Anlagen gewiss auf mehr als fünf Länderspiele bringen würde.

In all den Jahren in Nordrhein-Westfalen hat Herrlich sich ein halbwegs amtliches Hochdeutsch angewöhnt. Nur wenn er von seinen Jugendtagen oder mit anderen Süddeutschen redet, kommt der badische Dialekt stärker durch. Das ist eine interessante Parallele zu Rudi Völler, der ebenfalls ins heimische hessische Idiom zurückfällt, wenn es - sagen wir in Interviews mit Waldemar Hartmann oder Journalisten, die erwartbare Fragen stellen - seinen Puls in die Höhe treibt.

Völler ist es auch, der immer wieder für Herrlich in die Bresche springt, wenn einige Journalisten mal wieder die Zukunft des Trainers diskutieren wollten. Das missfällt dem Leverkusener Chef auch deshalb, weil er selbst es ja war, der Herrlich vom Fernseher weg nach Leverkusen geholt hatte. Am Ende der Saison 2016/2017 sah er die Regensburger Relegationsspiele gegen 1860 München - und beschloss umgehend, dass er den Trainer, der für diese taktisch hervorragend eingestellte Regensburger No-Name-Truppe verantwortlich war, an den Rhein holen wollte.

"Heiko weiß, wie wir sind", sagt Christian Streich

Für Herrlich war das ein Karrieresprung, der - zumindest im Großraum Regensburg - nicht imagefördernd war. Herrlich, der nach einer schweren Krebserkrankung um die Jahrtausendwende sehr offensiv seinen christlichen Glauben ("etwas, das einen reicher macht als das größte Handy und Bankkonto") propagiert, hatte sich kurz vor dem Aufstieg ebenso emotional wie pathetisch zum Jahn bekannt: "Ich bin nächstes Jahr auf jeden Fall Trainer in Regensburg. Am liebsten in der zweiten Liga. Es erfüllt mich mit Demut und Dankbarkeit, dass ich Teil sein darf von Jahn Regensburg. Diese beiden christlichen Werte will ich vorleben." Einige Tage später unterschrieb er in Leverkusen und zog sich auf juristische Argumente zurück. Er sei eine Woche lang vertragslos gewesen und habe insofern keinen Loyalitätsbruch begangen.

Regensburg muss Herrlich mittlerweile wie ein einziges Idyll vorkommen. In Leverkusen bekommt er Gegenwind, obwohl er das Team letztes Jahr auf Platz fünf führte und nach schwachem Start zuletzt vier Siege in fünf Pflichtspielen landete. "Heiko weiß, wie wir sind", hat Freiburgs Trainer Christian Streich am Freitag versichert. Freiburgs Trainer rechnet damit, dass Leverkusen bestens vorbereitet in die Partie in Herrlichs alter Heimat gehen wird. Die Eintrittspreise beim SC braucht er diesmal nicht zu fürchten, Gästetrainer haben in der Bundesliga ganz legal freien Zugang zu den Spielen.

© SZ vom 07.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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