Freiburg:Bald wieder ein Glas Wein

SC Freiburg - FC Augsburg

Oliver Leki ist seit 2014 Finanz-Vorstand beim SC Freiburg und seit dem Vorjahr als zweiter stellvertretender Sprecher Mitglied des DFL-Präsidiums, das nun über die Verteilung der Fernsehgelder entschied.

(Foto: Patrick Seeger /dpa)

Der Sport-Club verabschiedet Präsident Friedrich Keller und darf auf eine stressfreie Saison hoffen.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Die Fachzeitschrift Der Feinschmecker vergibt in der aktuellen Ausgabe seine alljährlichen "Gastro awards". In der Kategorie "Weinkarte des Jahres" siegte der "Schwarze Adler" in Oberbergen. 1,4 Kilo wiegt die ledergebundene Karte.

Praktischerweise gehört das Etablissement einem gewissen Friedrich Walter Keller, im Südbadischen allerorten als "der Fritz" bekannt. Es besteht also Grund zur Hoffnung, dass der Wunsch wahr wird, den Freiburgs Trainer Christian Streich dem künftigen DFB-Präsidenten Keller nach dem 1:1 gegen Augsburg mit auf den Weg gab: "Ich würde mich freuen, wenn wir bald mal wieder ein Glas Wein zusammen trinken oder was essen." Das sollte zu schaffen sein - sofern es gelingt, dass sich die beiden einigen auf eine Flasche aus der 2900 Positionen umfassenden Karte.

Am Samstag saß Keller letztmals als Präsident des SC Freiburg auf der Tribüne. Beim nächsten Heimspiel gegen Dortmund wird er seinen angestammten Platz im Block B8 zwar ebenfalls einnehmen, aber als dann bereits amtierender DFB-Präsident wird er mehr Neutralität mimen müssen als am Samstag beim Freiburger Führungstor durch Lucas Höler (24.), das durch den ehemaligen SC-Spieler Florian Niederlechner ausgeglichen wurde (39.).

Nun ist ein 1:1 zwischen Freiburg und Augsburg normalerweise kein Ereignis, das überregional für mediale Aufwallungen sorgen würde. Im Spätsommer 2019 ist das ganz anders, die Online-Medien variierten fast unisono den Satz "Freiburg verpasst den Sprung an die Tabellenspitze!" Und tatsächlich wäre der kleine Sportclub bei einem Sieg auf Platz eins gelandet. Er hätte die Tabellenführung am Samstag von 17 Uhr 19 an exakt drei Stunden lang genießen dürfen, ehe dann der Leipziger Sieg im Abendspiel feststand. Es wären drei Stunden geworden, in denen Spaßvögel wie Marco Terrazzino oder Vincenzo Grifo wohl Witze gerissen hätten - und irgendwann nach einem strengen Blick des Trainers Streichs verstummt wären.

Vor kaum etwas hat Streich schließlich mehr Bammel als vor davongaloppierenden Erwartungshaltungen. Und so lustig es auch sein mag, dass neben den üblichen Verdächtigen aus München oder Dortmund gerade just der SCF im oberen Drittel rangiert, so ist es eben nur die Tabelle am Ende des fünften Spieltages, dem gemeinerweise noch 29 folgen. Der routinierte SC-Angreifer Nils Petersen sprach dann auch schnell von "einem weiteren Punkt in Richtung 40-Punkte-Marke."

Nun besteht in Freiburg zwar durchaus die Gefahr, dass man auch mit 50 Punkten am 33. Spieltag noch das 40-Punkte-Ziel ausgäbe, doch höchstwahrscheinlich wird der SC auch in dieser Spielzeit nichts mit dem internationalen Geschäft zu tun haben. Eine sorgenfreiere Saison, in der der Klassenerhalt schon ein paar Spieltage vor Schluss feststeht, kann es aber durchaus wieder werden. Und zwar vor allem deshalb, weil der SC in dieser Transferperiode außer Niederlechner, der in fünf Spielen nun schon drei Mal für Augsburg traf, keinen Spieler abgegeben hat, der stammplatzgefährdet gewesen wäre. Weggänge der Größenordnung Matthias Ginter oder Maximilian Philipp gab es schon gar nicht.

Während Streich in der Vergangenheit zuweilen bis in den Herbst brauchte, um eine zerfledderte Mannschaft neu zu justieren, gelang das diesmal schon im Sommer. Eine potenzielle Stammelf steht seit Juli. Dass es in allen Mannschaftsteilen gleichwertige Optionen gibt, erhöht die taktische Flexibilität. Jedoch bietet der auf 29 Mann angeschwollene Kader nicht nur mehr Möglichkeiten, sondern auch ein erhöhtes Konfliktpotenzial. Spieler wie Woo-Yeong Jeong, Brandon Borrello oder Roland Sallai haben sich vor der Saison noch Hoffnungen auf einen Stammplatz gemacht, kamen aber bisher kaum zum Zug.

Der sich aufstauende Frust könnte die Idylle in Freiburg also durchaus einmal beeinträchtigen - zumindest bis zur nächsten Transferperiode im Winter, bei der vier bis sechs Profis das Weite suchen könnten. Dass Frustrierte dann einen Champions-League-Aspiranten verlassen, ist eher unwahrscheinlich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: