Süddeutsche Zeitung

WM-Qualifikation:Immer wieder Schüller

Das deutsche Fußballnationalteam der Frauen tut sich beim 5:1 gegen Serbien anfangs überraschend schwer, bis es auf einmal läuft. Vor allem dank der Bayern-Stürmerin, die vier Treffer erzielt.

Von Anna Dreher

Die letzten Minuten der ersten Halbzeit liefen. Die Bundestrainerin schrieb und redete und schrieb und schrieb. Martina Voss-Tecklenburg hatte einiges zu notieren. Was sie bisher von ihren Fußballerinnen zu sehen bekam, gefiel ihr ganz und gar nicht. Dass dieses Spiel schwieriger werden würde, war klar. Nur hatte wohl niemand im deutschen Nationalteam der Frauen damit gerechnet, dass das am Dienstagnachmittag in Chemnitz dann bedeutete, gegen Serbien einem Rückstand hinterherzurennen und selbst lange nicht wirklich zum Zuge zu kommen.

Am Samstag waren die Deutschen mit einem 7:0 gegen Bulgarien in die Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2023 in Australien und Neuseeland gestartet. Danach hatte sich eine gewisse Unzufriedenheit breit gemacht angesichts einer anfänglichen Holprigkeit, Nervosität und fehlender Präzision der klaren Favoritinnen. "Insgesamt müssen wir ein bisschen cleverer werden", forderte Voss-Tecklenburg und sah am Dienstag jedoch zunächst, wie sich ihre Spielerinnen wieder schwertaten - bis es schließlich vor 1604 Zuschauern doch lief und ein 5:1 (0:1) heraussprang.

Der Start war hektisch, die Serbinnen übten mit ihrer offensiv dynamischen Spielweise sofort viel Druck aus und wussten dann eine Unkonzentriertheit für sich zu nutzen. Nach einem Ballverlust der Deutschen wurde der Ball Richtung Strafraum gespielt, Innenverteidigerin Lena Lattwein kam nicht hinterher und musste schließlich zusehen, wie die erst 16 Jahre alte Nina Matejic akkurat ins rechte untere Eck traf und der hechtenden Torhüterin Merle Frohms keine Chance ließ. 0:1 in der dritten Minute, oh weh.

Nach der Pause verändert sich die Dramaturgie der Partie komplett

In der Folge war allen Mannschaftsteilen eine gewisse Unsicherheit anzumerken, die Struktur nach vorne fehlte, viele Pässe wurden zu unpräzise ausgeführt - was aber auch an den konsequent störenden Serbinnen lag. Voss-Tecklenburg beobachtete alles mit kritischem Blick. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis ihrem Team erste ernsthafte Abschlüsse gelangen und noch länger, bis es wirklich Gefahr ausstrahlte. Beinahe wäre der Rückstand weiter angewachsen. Kurz vor der Pause gab es eine minutenlange Unterbrechung, weil die englische Linienrichterin Helen Edwards am Spielfeldrand behandelt und ins Krankenhaus gebracht werden musste. Noch am Abend gab es über den DFB jedoch Entwarnung.

Mit Beginn der zweiten Halbzeit veränderte sich die Dramaturgie der Partie komplett. Es war, als wäre den Deutschen in der Kabine ein Licht aufgegangen, als würden sie nun alle Wege und Lücken ausmachen, die sie davor nicht gefunden hatten. "Ich war so ein bisschen die Böse und bin an die Emotionen der Spielerinnen gegangen", sagte Voss-Tecklenburg später über ihre Kabinenansprache, die offensichtlich Wirkung zeigte.

Nun war jene Dominanz zu sehen, die erwartet werden konnte gegen diesen Gegner. Und es war vor allem Bayern Münchens Stürmerin Lea Schüller, die dabei herausstach. In der 49. Minute nutzte die 23-Jährige das Zögern der Serbinnen bei der Klärung eines Angriffs und donnerte den Ball zum Ausgleich ins Netz. In der 54. Minute rannte die emsige Jule Brand die linke Seite entlang, flankte schön in den Strafraum, wo Schüller frei zum 2:1 einköpfeln konnte. Nach einer Ecke landete der Ball erneut bei ihr und im Tor (71.).

Längst war nichts mehr von Unsicherheit zu spüren, die Deutschen waren im Flow - womit nun wiederum die Serbinnen nicht zurechtkamen. Nach einem der zahlreichen Angriffe der DFB-Frauen ging es hin und her, Svenja Huth brachte den Ball zurück in den Strafraum und erneut war es Schüller, die in der 77. Minute genau richtig stand, in die Luft sprang und, wieder mit dem Kopf, ihr viertes Tor erzielte. Pausenlos gab es Vorstöße in die gleiche Richtung. Und aus der Distanz war in der 79. Minute dann auch noch die kurz zuvor eingewechselte Melanie Leupolz (Chelsea) erfolgreich - die von der Strafraumgrenze mit dem 5:1 das abschließende Tor des Tages schoss.

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