U19-EM der Frauen:Unfreiwilliger Abschied nach dem Finale

Netherlands Women's U19 v Germany Women's U19 - UEFA Women's Under19 European Championship

Maren Meinert kann nicht verstehen, dass der DFB sie nach "14 wunderbaren Jahren" nicht mehr weiter beschäftigen will.

(Foto: Getty Images)
  • Die deutsche U19-Nationalmannschaft der Frauen zeigt bei der EM in Schottland Tugenden, die der A-Elf bei der WM fehlten.
  • Sie spielt im Finale gegen Frankreich um den Titel.
  • Doch ihre Trainerin Maren Meinert muss danach gehen.

Von Frank Hellmann

Die Delegation, die sich am Wochenende nach Glasgow aufmacht, ist durchaus prominent: Rainer Koch und Reinhard Rauball, die gerade wieder mal interimsmäßig den Deutschen Fußball-Bund (DFB) führen, Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg und Britta Carlson, die Assistenztrainerin der Frauen-Nationalmannschaft. Sie sind dabei, wenn die deutschen U19-Juniorinnen am Sonntag (17 Uhr/Sport1) das EM-Finale gegen Frankreich bestreiten. Leistungsüberprüfungen dieser Art erfordern nun mal die Anwesenheit der ranghöchsten Funktionäre.

Der deutsche Nachwuchs hat sich in Schottland bisher sehr souverän präsentiert. Dem Auftakterfolg gegen England (2:1) folgte ein Kantersieg gegen Belgien (5:0), gegen Titelverteidiger Spanien gelang ein 0:0. "Wir hatten unsere erste Mission im Grunde nach dem zweiten Gruppenspiel erfüllt, als wir uns für die U20-WM qualifiziert hatten. Jetzt haben wir eine zweite Mission: den Titel zu gewinnen", sagt Nationaltrainerin Maren Meinert.

"Unser Wille und unsere Leidenschaft haben sich letztlich ausgezahlt", sagte Marie Müller, 19, nach dem 3:1 im Halbfinale gegen die Niederlande. Sie erzielte das vorentscheidende 2:1 mit einem Elfmeter. Die defensive Mittelfeldspielerin vom SC Freiburg ist genauso eine Leistungsträgerin wie Melissa Kössler von Turbine Potsdam. Das Team aus den 2000- und 2001er-Jahrgängen steht weniger für spielerische Glanzlichter, sondern eher für kämpferische Hingabe, gute Organisation und eine starke Verteidigung. Genau jene, früher mal typisch deutsch genannten Tugenden, die der A-Nationalmannschaft beim Viertelfinal-Aus bei der WM in Frankreich zu fehlen schienen also.

Abschiedsvorstellung für Meinert

Trainerin Meinert, 92-fache Nationalspielerin, weiß, dass der Querverweis für sie ein bisschen heikel ist. Was sie sagen kann: "Wer in den letzten 14 Jahren bei unseren Spielen den Fernseher eingeschaltet hat, konnte immer eine Mannschaft sehen, die bis in die Haarspitzen motiviert ist. Nur so funktioniert für mich Fußball." Vorausgesetzt natürlich, die Spiele der Juniorinnen wurden im Fernsehen übertragen.

Für Meinert, 46, wird das EM-Finale die Abschiedsvorstellung vom DFB. Vor fünf Monaten teilte ihr der Sportliche Leiter Joti Chatzialexiou mit, dass ihr Vertrag nicht verlängert werde. Der Nachwuchsbereich im Frauenfußball wird umstrukturiert: Ulrike Ballweg muss die U17, Meinert die U19 abgeben, dafür übernehmen Friederike Kromp und Kathrin Peter. "Ich war sehr überrascht", sagt Meinert, die zwar dankbar ist, dass sie als junge Trainerin 2005 beim Verband anfangen durfte, aber nicht verstehen kann, dass der DFB sie nach "14 wunderbaren Jahren" nicht mehr weiter beschäftigen will. "Ich bin über die Entscheidung natürlich nicht glücklich gewesen und finde sie persönlich auch falsch."

Von einer Krise sprechen? "Das ist fast schon frech"

Der Juniorinnenbereich bringt so viele Talente hervor, dass man auf die Idee kommen könnte, dass für die A-Nationalmannschaft eigentlich viel mehr möglich sein sollte, als sich bei der Frauen-EM 2017 und Frauen-WM 2019 jeweils schon im Viertelfinale zu verabschieden. "Wir haben mit der U16 den Nordic-Cup in Schweden gewonnen, sind mit der U17 Europameisterinnen geworden und stehen mit der U19 im Finale. Im letzten Jahr waren wir mit der U17 und der U19 auch im EM-Finale. Und wenn wir weiterschauen, ist Giulia Gwinn mit 19 Jahren gerade die beste Nachwuchsspielerin der Welt geworden. Zudem kamen mit Klara Bühl und Lena Oberdorf zwei Spielerinnen regelmäßig bei der WM zum Einsatz, die in meiner U19 hätten spielen können. Wenn man sich die Leistungen im Nachwuchsbereich anschaut, dann kann man nicht von Krise sprechen - das ist fast schon frech", sagt Meinert. Mit ihr ist die U20 zweimal Weltmeister (2010 und 2014), die U19 dreimal Europameister (2006, 2007, 2011) geworden.

Als die A-Nationalmannschaft unter Steffi Jones ins Schlingern kam, wurde Meinert im Frühjahr 2018 sogar gefragt, ob sie nicht als Bundestrainerin übernehmen könne. Sie wollte nicht. "Das habe ich mir gut überlegt, aber für mich entschieden, dass dies nicht der richtige Job ist." Am Sonntag kann sie nun ein vorerst letztes Mal zeigen, was wichtig ist, um Titel zu gewinnen. "Bislang haben wir es immer geschafft, dass die Spielerinnen für die Zeit eines Turniers den Fußball als Lebensmittelpunkt anerkannt haben", sagt Meinert.

2001 wechselte sie als eine der ersten deutschen Nationalspielerinnen nach Amerika, wurde 2003 zur wertvollsten Spielerin der Liga gewählt. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat gerade herausgestellt, dass die USA vor allem aufgrund ihrer überragenden Mentalität die WM gewonnen haben. Meinert kann die These nur bestätigen. Und sie sagt: "Das geht uns ein bisschen ab, weil wir immer sehr freundlich miteinander sind. Und gerade die jungen Spielerinnen nehmen noch mehr Rücksicht aufeinander: Keiner will dem anderen heute weh tun."

Meinert ist keine Trainerin, die junge Spielerinnen schont. "Ich glaube, dass das erste halbe Jahr bei der U19 bei mir schon eine harte Prüfung ist. Ich sehe meinen Job auch darin, den Spielerinnen zu sagen, was nicht geht - um ihnen damit zu helfen", sagt sie. In Zukunft macht sie das wohl im Ausland.

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