Süddeutsche Zeitung

FC Bayern München:Uneinholbar bis zum Schluss

Im Fernduell um die deutsche Meisterschaft setzen sich die Fußballerinnen des FC Bayern gegen den VfL Wolfsburg durch. Sie gewinnen 4:0 gegen Eintracht Frankfurt - und belohnen sich mit zumindest einem Titel für ihre Dominanz.

Von Anna Dreher

Wenige Sekunden nur noch, ein letzter Angriff. Lea Schüller rannte und rannte und schoss, und dann landete der Ball noch einmal in dieser Saison im Tor - zum 4:0 des FC Bayern gegen Eintracht Frankfurt in einem Spiel, das die Münchnerinnen zum vierten Mal nach 1976, 2015 und 2016 zum deutschen Meister machte. Der Schlusspfiff war noch nicht ertönt, da strömten all jene Spielerinnen, die schon aufgeregt am Seitenrand gewartet hatten, auf den Platz und wuchsen mit den anderen zu einem riesigen roten Knäuel zusammen, das sich umarmte, hüpfte, jubelte und über Minuten nicht mehr aus diesem Zustand herauskommen sollte. "Es ist unbeschreiblich, da waren sehr viele Emotionen schon vor dem Spiel bei allen", sagte Linda Dallmann bei Eurosport. "Aber wir haben es geschafft, Ruhe reinzubringen und bis zum Ende souverän zu spielen."

Mit der Meisterschaft hat sich der Verein für ein Jahr belohnt, in dem es zwischenzeitlich so ausgesehen hatte, als wäre sogar das Triple drin. Bis April hatte das Team von Trainer Jens Scheuer wettbewerbsübergreifend 26 Partien gewonnen. Nach dem Aus in den Halbfinals von Champions League und DFB-Pokal brachte dieser Titel nun zumindest in der Liga die Belohnung für die lange Dominanz. Dem VfL Wolfsburg, Meister der vergangenen vier Jahre, reichte am Sonntag im Parallelspiel ein 8:0 (5:0) gegen den SV Werder Bremen nicht aus, um den Rückstand von zwei Punkten auf den Dauerrivalen aufzuholen. "Ich bin wirklich überwältigt. Die Gefühle fahren gerade ein wenig Achterbahn. Ich glaube dieser Meistertitel war so verdient wie kein anderer zuvor", sagte Scheuer, ehe er die nächste Bierdusche abbekam.

Der Tag der Meisterschaftsentscheidung war auch ein Tag der Abschiede. Hier stand vor allem Simone Laudehr im Fokus. Die langjährige Nationalspielerin beendete am Sonntag nach fast 18 Jahren ihre Karriere. Schon auf dem Weg zur Bank kämpfte die 34-Jährige mit den Tränen, und dann erst recht, als sie mit Blumen, einem großen Fotorahmen voller Erinnerungsmomente und viel Applaus verabschiedet wurde. 150 Zuschauer waren zugelassen, darunter auch Vereinspräsident Herbert Hainer und der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. Laudehrs Karriereende machte die Konstellation dieses Spieltags zusätzlich besonders: Sie ist zehnmal Meisterschaftszweite geworden - bis jetzt. "Der Meistertitel kommt für mich direkt hinter dem Weltmeistertitel 2007. Darauf habe ich jahrelang hingefiebert", sagte sie. "Das ist das perfekte Ende."

Während sich auf dem Platz des Campus-Stadions noch alle sortierten und das Spiel aufgrund von Laudehrs Verabschiedung mit Verzögerung angepfiffen wurde, ging der VfL Wolfsburg erwartungsgemäß in Führung. Pia Sophie-Wolter traf in der dritten Minute gegen ihren Ex-Verein und stellte damit kurz den tabellarischen Gleichstand her - was dem Titelverteidiger allerdings noch nicht zur Meisterschaft gereicht hätte. Der FC Bayern war mit einer Bilanz von 78:9 Toren in diesen abschließenden Spieltag gegangen, Wolfsburg mit 63:17. Der VfL musste auf eine Niederlage der Konkurrenz hoffen. Doch diese Hoffnung zerschlug sich bald.

Fast gleichzeitig mit dem 2:0 durch ein Eigentor der Bremerin Reena Wichmann (19. Minute) ging in München der Tabellenerste in Führung. Nach einem Doppelpass mit Lea Schüller traf Linda Dallmann aus kurzer Distanz zum 1:0 und nahm der Eintracht - für die es nur noch um die genaue Platzierung im Mittelfeld ging - damit an Dynamik. In Wolfsburg erhöhte Ewa Pajor, die vor einer Woche gegen die Frankfurterinnen das Pokalfinale entschieden hatte, auf 3:0 (23.) und 4:0 (25.), Ingrid Engen dann auf 5:0 (41.). Die Pflichtaufgabe war bereits vor der Pause erfüllt. Und in München sorgte erneut Dallmann für Beruhigung: Lineth Beerensteyn dribbelte auf der rechten Seite entlang, gab den Ball an Dallmann ab, die aus etwa 20 Metern abzog. Nationaltorhüterin Merle Frohms streckte sich noch so gut sie konnte, aber der Ball zischte präzise ins links untere Eck.

Frankfurt verschlechtert seine Ausgangslage gegen die Bayern selbst - mit einem Eigentor zum 0:3

Die Frankfurterinnen hatten dem VfL Wolfsburg im Pokalfinale vergangene Woche lange Paroli geboten. Nun aber sollte ihre Energie nicht ausreichen, um den Rückstand noch aufzuholen, auch wenn sie permanent den Druck aufrechterhielten und versuchten, irgendwie an der Münchner Defensive vorbeizukommen. Doch dann verschlechterten sie sich ihre Ausgangslage ausgerechnet selbst: Laura Störzel verlängerte einen Distanzschuss von Münchens Klara Bühl unglücklich und unhaltbar über Frohms hinweg zum 3:0 (54.) ins Tor.

Das nächste Mal applaudierten die Zuschauer im Stadion dann erst wieder in der 76. Minute, als Laudehr für Bühl den Platz betrat und der Offensive neuen Schub verleihen sollte. In Wolfsburg stand es nach den Treffern von Zsanett Jakabfi (55.), Pajor (68.) und Shanice van de Sanden (79.) inzwischen 8:0 - gesungen aber wurde in München, "Deutscher Fußballmeister", von mit Trommeln ausgestatteten Fans. Kurz danach traf Schüller nach einer Vorlage von Laudehr. Und aus vielen einzelnen Spielerinnen wurde ein einziger großer, hüpfender Haufen.

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