Frauenfußball:Beim FC Forstern sagen sie dem FC Bayern ab

Frauenfußball: "Die Trainingsmethoden bei den Mädels haben sich verändert, und es wird auch mehr auf Athletik geachtet": Forsterns U17 steht kurz vor dem Aufstieg.

"Die Trainingsmethoden bei den Mädels haben sich verändert, und es wird auch mehr auf Athletik geachtet": Forsterns U17 steht kurz vor dem Aufstieg.

(Foto: Alexander Fox/oh)

Der Aufstieg in die Bundesliga wäre für die Bayernliga-Spielerinnen der U17 von Forstern ein logischer Schritt. Davon würden nicht nur die Juniorinnen profitieren, sondern der Frauenfußball in der ganzen Region.

Von Christoph Leischwitz

Unvermittelt steht das Spitzenspiel wieder auf der Kippe, die Gäste haben den Ausgleich erzielt, und im Angriff des FC Forstern läuft es nicht wie gewohnt. Aber nachdem die U17-Mädchen ihre Nervosität wieder in den Griff bekommen haben, umlagern sie den Strafraum der SpVgg Greuther Fürth - und endlich setzen sie ihre gefürchtete Angreiferin in Szene: Vera Funk nimmt den Ball mit dem Rücken zum Tor an, dreht sich und drischt die Kugel ins ferne Eck - zum 3:2 (59.). Kurz darauf ist das Spiel des Bayernliga-Ersten gegen den Zweiten entschieden, nach einem Weitschuss von Marie Delles zum 4:2.

Fünf Spieltage vor Saisonende hat der FC Forstern zwölf Punkte Vorsprung, die Meisterschaft ist dem Klub kaum zu nehmen. "Der Aufstieg ist uns schon wichtig, das ist unser Ziel", sagt die Kapitänin Lena Greimel nach dem Spiel.

Das Team dominiert die Bayernliga. Zwar muss der Meister dann immer noch ein Aufstiegsturnier bestreiten gegen die Sieger aus Baden-Württemberg und Hessen. Doch der Aufstieg in die Bundesliga Süd wäre für die Spielerinnen der nächste logische Schritt. Der Zusammenhalt in der Mannschaft sei enorm, sagt Abteilungsleiter Marc Lindenblatt, der Wille zum Erfolg so groß, dass sie die lange Winterpause über durchtrainiert hätten. "Wir mussten sie im Training sogar bremsen", berichtet er über den Elan des Teams dieser Zeit.

Zurzeit treffen sich die Spielerinnen viermal die Woche, außerdem steht ein freiwilliger Fitnessstudiobesuch donnerstags im Kalender. "Die Trainingsmethoden bei den Mädels haben sich verändert, und es wird auch mehr auf Athletik geachtet", sagt die 29-jährige Melanie Scherer, die selbst jahrelang für Forstern spielte und sich zurzeit in den Funktionärsjob einarbeitet. Das Niveau im Mädchenfußball steigt rasant, nicht nur in der Frauen-Bundesliga. An Orten wie Forstern herrscht regelrecht Aufbruchsstimmung. "Jetzt hat sich sogar eine Mentaltrainerin bei uns gemeldet, die uns ehrenamtlich unterstützen will", sagt Lindenblatt. Sponsoren, klar, die könne man immer brauchen.

Die die Bayern-Juniorinnen brauchen dringend Konkurrenz

Der Schritt in die höchste Spielklasse wäre aus vielerlei Gründen wichtig. Beim Spitzenspiel gegen Greuther Fürth wird das ironischerweise dadurch sichtbar, dass nicht alles gut läuft. Oft verlässt sich die Mannschaft auf eingespielte Laufwege, zur Not segelt ein langer Ball auf Vera Funk zu. In den meisten anderen Spielen reicht das - ein Zeichen für Unterforderung, das Team muss gar keine anderen Lösungen suchen. "Du brauchst in Oberbayern noch eine Mannschaft, die bundesligatauglich ist", findet auch Max Kaifel. Der 32-Jährige ist Abteilungsleiter beim 20 Minuten entfernt gelegenen FC Moosinning und zugleich Trainer der Forsterner U17. Und das kam so: "Wir haben mit Moosinning in der Halle mal gegen den FC Bayern gespielt. Danach hatten wir sechs Anfragen von den Bayern." Dort sei es aber wohl so, dass die meisten Spielerinnen auf der Ersatzbank ihre Motivation verlieren würden.

Damit die steigende Popularität des Frauenfußballs auch in höheres Spielniveau mündet, brauchen die Bayern-Juniorinnen dringend Konkurrenz. Kaifel hatte die Idee, in Forstern anzurufen. Dort genießt Frauenfußball seit Jahren einen guten Ruf, das Frauenteam spielt ebenfalls in der Bayernliga, die Männer lediglich in der Kreisklasse. Moosinning hat viele Spielerinnen, Forstern den hohen Stellenwert. Dank dieser Kooperation wächst hier, rund 30 Kilometer östlich von München, eine Mannschaft zusammen, die sich aus Spielerinnen von Unterschleißheim bis Rosenheim zusammensetzt.

In Bayern gehen die Mitgliederzahlen in den Fußballvereinen zurück, Wachstum gibt es nur bei den Mädchen. 2019 gab es im Juniorinnenbereich landesweit 4064 Passanträge, 2022 waren es 7825 - nach Corona eine Steigerung von 92 Prozent. Dem Verband ist deshalb der Mädchenfußball enorm wichtig, doch die Strukturen können mit der Nachfrage kaum mithalten. Melanie Scherer berichtet, dass in ihrem Alter viele Spielerinnen schon wieder aufhören. Ein Problem ist, dass es zu wenige Trainerinnen für die vielen wissbegierigen Spielerinnen gibt. Mancher Ausstieg mag mit individueller Planung zu begründen sein, doch ein bisschen, glaubt Scherer, fehle den Spielerinnen nach vielen Jahren in der Landes- oder Bayernliga auch die Perspektive für eine Weiterentwicklung.

Ein Bundesliga-Aufstieg wird mehr Aufwand erfordern, etwa wegen der Fahrten nach Hoffenheim oder Freiburg. Aber der Schritt macht eben nicht nur ein Team besser, er wäre wichtig für den Frauenfußball in der Region. Noch im April erwartet der FC Forstern die formale Zulassung zur Bundesliga, große Anforderungen werden nicht gestellt, Trainer Kaifel müsste lediglich die B-Lizenz vorlegen. Es kämen wohl auch genug gute Spielerinnen nach, um in der Liga verbleiben zu können. Übrigens haben auch aus dem aktuellen U17-Team zahlreiche Spielerinnen dem FC Bayern abgesagt. "Sie wollen lieber das Highlight Aufstieg erleben", sagt Kaifel.

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