Frauenfußball:"Eine List"

Chicago Red Stars v Seattle Reign

US-Fußballerin Megan Rapinoe.

(Foto: Abbie Parr/AFP)

Erhielten die amerikanischen Fußballerinnen mehr Geld als die männlichen Kicker? Eine Meldung des US-Verbands sorgt für Streit.

Von Anna Dreher

Es dauerte nicht lange, bis Megan Rapinoe auf ihre Art reagierte. Die Fußballerin ist in diesem Sommer, in dem sie mit dem Nationalteam der USA die WM gewann, mit gesellschaftspolitischen Stellungnahmen aufgefallen. Und das Thema, das US-Fußballpräsident Carlos Cordeiro in einem am Montag (Ortszeit) veröffentlichten Brief ansprach, betraf eine ihrer Kernangelegenheiten: gleiche Bezahlung. Rapinoe veröffentlichte auf sozialen Medien ein Kurzvideo, auf dem sie sich im begehbaren Schuhschrank ihrer Partnerin, der Basketballspielerin Sue Bird, filmt und mit den Augen rollt. Dazu schrieb sie: "'Sie bekommen tatsächlich mehr bezahlt' - der Sue-Schrank wäre größer, wenn das der Fall wäre, glaubt mir das."

Das hatte Cordeiro in seinem Brief geschrieben: Der Fußballverband der USA habe dem Nationalteam der Frauen in den vergangenen Jahren mehr Geld bezahlt als dem der Männer - entgegen der Darstellung der US-Nationalspielerinnen. Zwischen 2010 und 2018 hätten diese insgesamt 34,1 Millionen Dollar (knapp 30 Millionen Euro) an Gehalt und Spielboni erhalten. Den Männern seien in diesem Zeitraum 26,4 Millionen Dollar (knapp 24 Millionen Euro) bezahlt worden. In diesen Leistungen seien keine Gelder enthalten, die nur Frauen zum Beispiel für die Gesundheitsversorgung bekommen. Auch führt er Investitionen des Verbandes in den Profi- und Nachwuchsfußball der Frauen auf.

Die mit vier olympischen Goldmedaillen und seit diesem Sommer vier WM-Titeln weitaus erfolgreicheren Frauen würden nicht mehr Umsatz generieren, heißt es außerdem. Von 2009 bis 2019 hätten die Nationalspielerinnen in 238 ausgetragenen Partien 101,3 Millionen Dollar eingebracht, bei den Männern kamen im selben Zeitraum 185,7 Millionen Dollar in 191 Spielen zusammen. "In den kommenden Wochen werden wir uns auf die Vorbereitung der Mediation und die Lösung dieser Angelegenheit im besten Interesse des Nationalteams und des Verbandes vorbereiten", schreibt Cordeiro. Er sei ermutigt von den öffentlichen Kommentaren der Spielerinnen, "die ihren Wunsch nach einem kooperativen Ansatz zum Ausdruck gebracht haben. Ich bleibe optimistisch, dass wir Gemeinsamkeiten finden können".

Im März hatten 28 Nationalspielerinnen eine Sammelklage wegen "institutionalisierter geschlechtsspezifischer Diskriminierung" eingereicht und eine ungerechte Entschädigung im Vergleich zu den Männern angeprangert. Beide Seiten hatten sich außergerichtlich auf eine Beilegung der Klage geeinigt. Die Reaktion der Betroffenen auf den Brief klang nun aber nicht nach Einigung. Molly Levinson, eine Sprecherin des Frauen-Nationalteams, nannte Cordeiros Brief einen "traurigen Versuch, die überwältigende Flut der Unterstützung zu unterdrücken". Die verwendeten Zahlen seien falsch, der dem Brief anhängende Finanzüberblick sei "keine Klarstellung. Er ist eine List". Der Verband habe zugegeben, die Frauen nicht gleich zu bezahlen und "nicht einmal daran zu glauben, dass die Frauen es verdienen, gleich bezahlt zu werden". Sollte der Verband einer wahrhaftig gleichen Bezahlung nicht bei der Mediation zustimmen, sehe man sich vor dem gesetzlichen Gericht - und dem der öffentlichen Meinung.

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