Frauenfußball:"17 verdammte Jahre, und es ist einfach vorbei"

Hope Solo, die vom US-Nationalteam suspendierte Torfrau, beendet frustriert auch ihre Klubsaison. Fans diskutieren über die Verhältnismäßigkeit der Bestrafung.

Von Kathrin Steinbichler

Nach ihrem vorläufigem Rauswurf aus der Frauenfußball-Nationalmannschaft hat US-Torfrau Hope Solo nun auch ihre Klubsaison in den USA für beendet erklärt. Die 35-Jährige, die seit 1999 die US-Auswahlteams durchlaufen hat und seit 13 Jahren Profifußballerin ist, erklärte, sich derzeit nicht in der Lage zu sehen, für ihren Klub Seattle Reign ihre beste Leistung abzurufen. Sie kehre deshalb vorerst nicht aufs Spielfeld zurück.

"Die Auseinandersetzung mit der Tatsache, vom US-Frauen-Nationalteam nach 17 Jahren Dienst gefeuert worden zu sein, war verheerend. Nach sorgsamen Überlegungen habe ich entschieden, meine Saison mit Seattle Reign zu beenden, einem Klub, für den zu spielen ich liebe", teilte Solo über die sozialen Medien mit und fügte an: "Mental bin ich noch nicht da." Sie sei überzeugt, dass diese Entscheidung das Beste für sie und für den Klub sei.

Die Suspendierung entpuppt sich als Vertragsende - sofort gültig

Vergangene Woche war die dreimalige Olympiasiegerin und Weltmeisterin von 2015 vom US-Fußballverband für sechs Monate aus dem Nationalteam geworfen worden. Auslöser waren abfällige Äußerungen über Gegner Schweden, den Solo unmittelbar nach dem Viertelfinal-Aus bei Olympia als "einen Haufen Feiglinge" betitelt hatte. Die Entscheidung, hatte US-Verbandspräsident Sunil Gulati begründet, sei die Folge einer Reihe von Fehlverhalten der Spielerin. Solos Äußerungen seien "unakzeptabel und entsprechen nicht dem Verhaltensstandard, den wir von unseren Nationalspielerinnen erwarten".

Was zunächst wie eine Suspendierung wirkte, ist bei genauerer Betrachtung allerdings eine Aufkündigung der Verträge seitens des US-Verbands, was für die mit zahlreichen individuellen Werbeverträgen ausgestattete Solo den Verlust eines Großteils ihres Sportlereinkommens bedeutet.

Bekannt wurde das jetzt, weil Solos erste Reaktion auf die Bestrafung von einem Fernsehteam gefilmt wurde, das die Torhüterin - ebenso wie US-Mittelfeldspielerin Megan Rapinoe und Stürmerin Crystal Dunn - seit Monaten für eine sechsteilige TV-Dokumentation begleitet. Der kurze Zusammenschnitt der Szene, die zugleich für die Dokumentation wirbt, geistert bereits jetzt durch die Medien.

"Sechs Monate suspendiert. Keine Bezahlung. Vertrag beendet. Sofort gültig", hatte Solo unter Tränen ihrem Ehemann Jerramy Stevens zugerufen, nachdem sie in einem Hotel in Seattle bei einer Unterredung mit US-Nationaltrainerin Jill Ellis und Verbands-Geschäftsführer Dan Flynn von ihrer sechsmonatigen Verbannung erfahren hatte. "17 verdammte Jahre, und es ist einfach vorbei", rief sie aufgebracht.

Nach Bekanntwerden von Solos Bestrafung ist in den USA nun eine Debatte über deren Verhältnismäßigkeit aufgekommen. Die Torfrau müsse wegen einer im Ärger der Niederlage getroffenen Aussage um ihre Karriere bangen, US-Schwimm-Olympiasieger Ryan Lochte dagegen habe bei den Sommerspielen in Brasilien einen Überfall dreist erfunden und die Polizei angelogen, und passiert sei seitens des Verbandes - nichts. Doch auch Lochte muss Einbußen hinnehmen, gleich vier Sponsoren kündigten seine Verträge. Er hat nun ebenfalls beim Fernsehen unterschrieben - und wird wie zuvor Solo in einer Tanzshow antreten.

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