Frauen-WM 2011: Kanada - Frankreich:O Canada!

Kanadas Fußballfrauen scheiden mit einem bitteren 0:4 gegen Frankreich in der Vorrunde der WM aus. Die "Équipe Tricolore" spielt wie ein Titelkandidat und schlägt aus der Abwehrschwäche der Nordamerikanerinnen Kapital - eine Offensivspielerin trifft sogar zweimal.

Ulrich Hartmann, Bochum

Die kanadische Torjägerin Christine Sinclair hat in dieser Woche ein erschütterndes Bekenntnis abgelegt. Die halbe Mannschaft schwärme für die kanadische Schnulzenkönigin Celine Dion und man höre im Mannschaftskreis deshalb vor allem solche Lieder, erzählte die 27-Jährige und schlug die Hände vors Gesicht: "Oh Gott, ist das peinlich!" An dieser Scham lag es allerdings nicht, dass Sinclair am Donnerstagabend mit einer Maske auflief und wie das Phantom der Oper aussah. Bei der versierten Stürmerin, die gegen Deutschland den Ehrentreffer zum 1:2 erzielt hatte, war nach dem Auftaktspiel ein Nasenbeinbruch diagnostiziert worden.

Canada v France: Group A - FIFA Women's World Cup 2011

Kanadas Fußballerinnen im Kuddelmuddel: Gegen Frankreich gab es für die Nordamerikanerinnen wenig zu holen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

So war sie vor dem Spiel noch recht glücklich, im zweiten Spiel gegen Frankreich überhaupt dabei sein zu können, doch nach dem Spiel hatte sich ihre Freude endgültig relativiert. Für die stärker eingeschätzten Kanadierinnen wird diese WM nach der Vorrunde vorbei sein. Gegen sehr starke Französinnen waren sie in Bochum beim 0:4 (0:1) überraschend chancenlos, aber das lag mitnichten an Sinclairs Handicap.

Waghalsige Manöver

"Am liebsten", hatte die Mittelfeldspielerin Kaylyn Kyle vor der Partie noch gesagt, "würde ich noch einmal gegen die Deutschen spielen." Ambitionierte Deuter hätten aus diesem Satz den kanadischen Ehrgeiz herauslesen können, in ein Finale gegen den Turnier-Gastgeber einziehen wollen, allerdings wollte Kyle nur an die faszinierende Atmosphäre im Berliner Stadion erinnern. In Bochum vor 16591 Zuschauern hatte Kyle am Donnerstag erstens nicht gerade ein Deja-Vu und zweitens auch sonst nicht viel Spaß - denn so schnell hätten die Kanadierinnen ihre Träume bei dieser WM nicht am Ende gewähnt. Celine Dion hören und trotzdem nur verlieren, das ist schon doppelt bitter.

Das Duell des Sechsten der Weltrangliste (Kanada) gegen den Siebten (Frankreich) galt von vorn herein als maßgebliches Spiel um den wichtigen zweiten Platz in der Gruppe A, weil am ersten Rang der Deutschen kaum jemand zweifelte, ebenso wenig wie am vierten Platz Nigerias. Nach dieser Partie aber dürften die Französinnen durchaus auch gegen Deutschland als konkurrenzfähig gelten.

In der 24. Minute brachte Linksaußen Gaetane Thiney mit ihren 169 Zentimetern Frankreich allerdings bloß deswegen per Kopf in Führung, weil die kanadische Torfrau Erin McLeod unter dem hohen Flugbogen des Balls recht orientierungslos hinweg geirrt war. McLeod hätte durch allerhand waghalsige Manöver beinahe weitere Gegentreffer provoziert und schätzte sich mit dem dünnen 0:1-Rückstand zur Pause deshalb noch ziemlich glücklich.

Nach der Pause war sie dies nicht mehr, was zunächst daran lag, dass sich ihre Kolleginnen im Feld weiterhin erfolglos um ein Tor bemühten; vor allem aber lag es daran, dass Gaetane Thiney nach genau einer Stunde mit einem Fernschuss das vorentscheidende 2:0 erzielte. Die mit fünf Spielerinnen vom Champions-League-Sieger Olympique Lyon ausgestatteten Französinnen waren die deutlich souveränere Elf, erzielten in der 66.Minute durch Camille Abily das 3:0 und ließen durch Elodie Thomis (83.) das 4:0 folgen. Es war ein ausgesprochen lebhafter Gruß an jene deutsche Mannschaft, auf die sie am Dienstag im letzten Gruppenspiel treffen.

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