Süddeutsche Zeitung

Frauen-WM 2011: Célia Okoyino da Mbabi:Die perfekte Figur

Lesezeit: 2 min

Célia Okoyino da Mbabi passt zu dieser politisch überkorrekten Frauen-WM: Sie ist französisch-kamerunischer Herkunft, studiert Kulturwissenschaften und engagiert sich beim DFB als Integrationshelferin. Beim 2:1 gegen Kanada prägt die 23-Jährige das deutsche Spiel und wird zum Problem für Birgit Prinz.

Carsten Eberts, Berlin

Die 42. Minute hätte leicht zum Fiasko werden können. Wäre nicht Célia Okoyino da Mbabi, sondern eine andere Spielerin ganz allein aufs kanadische Tor zugelaufen. Eine ihrer hypernervösen Kolleginnen hätte den Ball womöglich beim Laufen verloren, wäre drübergestolpert oder hätte das Spielgerät aufs Tribünendach gedroschen. Manch erfahrene Nationalspielerin hatte ihre Nerven beim WM-Auftakt am Sonntagabend gegen Kanada weniger im Griff.

Célia Okoyino da Mbabi stolperte nicht. Sie blieb cool, überraschend cool. Okoyino da Mbabi schaute kurz, ob sie im Abseits steht, wetzte dann los, schlug kurz vor dem kanadischen Tor noch einen winzigen Haken, schob den Ball überlegt zum 2:0 ins Tor. "Ich habe währenddessen überhaupt nichts gedacht", erklärte sie später, "einfach nur rein damit."

Célia Okoyino da Mbabi ist eine Figur, wie sie zu dieser politisch überkorrekten WM perfekt passt. Sie ist französisch-kamerunischer Herkunft, nahm als Jugendliche die deutsche Staatsbürgerschaft an; sie hat Abitur, studiert in Koblenz Kulturwissenschaften, engagiert sich zusammen mit Sami Khedira und Cacau beim DFB als Integrationshelfer.

In der Bundesliga spielt Okoyino da Mbabi beim SC 07 Bad Neuenahr, sie ist die einzige Spielerin, deren Name so lang ist, dass auf ihrem Klubtrikot nur ihr Vorname steht. Bei der Nationalmannschaft muss der Beflocker den Nachnamen irgendwie draufpressen. Bereits 2004 begann Okoyino da Mbabi in der U17-Nationalmannschaft ihre DFB-Karriere. Damals, kurz nach ihrer Einbürgerung, spielte die deutsche U17 gegen Island. Deutschland gewann 7:0 - Mbabi schoss fünf Tore.

Mit der Nominierung von Okoyino da Mbabi, die an diesem Montag 23 Jahre alt wird, für die Startelf gegen Kanada hatte Bundestrainerin Silvia Neid die Fachwelt trefflich überrascht. Viele hatten mit der erfahrenen Inka Grings gerechnet. Nach dem Spiel hatte Neid wenig Probleme, ihre Maßnahme zu rechtfertigen. "Bei uns geht es immer noch nach dem Leistungsprinzip", sagte Neid mit gleichgültiger Stimme: "Und Célia hat in den Testspielen gezeigt, wie gut sie spielen kann."

Dass nicht Mbabi, sondern Kerstin Garefrekes nach der Partie zur Spielerin des Spiels gewählt wurde, ist eine erstaunliche Geschichte. Als Schützin des ersten deutschen WM-Tores zum 1:0 hatte Garefrekes einen Bonus. Doch die 31-Jährige aus Frankfurt schoss den Ball in der zweiten Halbzeit in allerbester Mario-Gomez-EM-Manier über das leere Tor, danach fällt eine Spielerin für Ehrungen dieser Art normalerweise aus.

Es war vielmehr Célia Okoyino da Mbabi, die das deutsche Spiel prägte. Während viele ihrer Kolleginnen übernervös agierten, schaffte sie es stets an ihrer ersten Gegenspielerin vorbei, generierte sofort wertvolle Räume, schoss selbst ein Tor. Bis zur 65. Minute, als Okoyino da Mbabi ausgewechselt wurde, hatte Deutschland das Spiel im Griff, aller Auftaktnervosität zum Trotz. Danach fiel das Gegentor zum 1:2 durch Sinclair - und die Partie wäre fast gekippt.

Von derlei Lobbekundungen wollte Okoyino da Mbabi nach dem Spiel nichts wissen. "Das ist unwichtig", sagte sie: "Glauben Sie mir, wenn man vor 73.000 Zuschauern auf dem Feld steht, da hätte ich mich auch ins Tor gestellt." Musste sie nicht, stattdessen durfte sie als hängende Spitze agieren, auf ihrer Lieblingsposition. Obwohl diese zuletzt für Chefangreiferin Birgit Prinz reserviert schien.

Auf Prinz hingegen, die nach der WM ihre Karriere in der Nationalmannschaft beenden wird, kommt ein Problem zu. Okoyino da Mbabi dürfte sich als hängende Spitze festgespielt haben, Bundestrainerin Neid hat jedenfalls wenig Not, die 23-Jährige von dieser Position zu entfernen. Will Prinz nicht auf die Bank, bleibt ihr nur die ungeliebte Position als echte Sturmspitze - wo ihr zuletzt arg wenig gelang.

Für Okoyino da Mbabi hatte Prinz trotzdem einen Gruß übrig. "Du kriegst ein Ständchen", sagte Prinz, "wie jede andere auch." Das klang zwar mürrisch, jedoch nicht verärgert oder beleidigt. Birgit Prinz ist einfach so.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1112838
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.