Frauen-Staffel bei Biathlon-WM:Mit Kraft und Nagellack

Frauen-Staffel bei Biathlon-WM: Eine Silbermedaille hat sie schon: Laura Dahlmeier

Eine Silbermedaille hat sie schon: Laura Dahlmeier

(Foto: AFP)
  • Das junge deutsche Frauen-Team sollte nach der Olympia-Misere langsam aufgebaut werden - nun verfügt es über viele Qualitäten.
  • Am Freitag sind sie Staffel-Favorit.
  • Zu den Ergebnissen von der Biathlon-WM geht es hier.

Von Joachim Mölter, Kontiolahti

Am Mittwoch hatte Franziska Preuß Geburtstag, die Jüngste im WM-Aufgebot der deutschen Biathleten ist 21 Jahre alt geworden. Von ihren Trainern bekam sie einen Tag frei, sie musste auf der kraftraubenden Strecke in Kontiolahti nicht beim Einzelrennen über 15 Kilometer mitmachen, sondern durfte sich die Entscheidung gemütlich im Hotel am Fernseher anschauen. Von ihren Teamkolleginnen bekam sie altersgerechte Geschenke: Blumen, Kuchen, Schokolade, weitere Süßigkeiten, einen Nagellack. Schwarz-rot-goldenen Nagellack, wie Preuß präzisierte. Sie wird ihn am Freitag auftragen, wenn sie in der 4x6-Kilometer-Staffel mitläuft. "Ich freue mich voll darauf, wieder Vollgas zu geben", sagt sie.

In den fünf Weltcup-Rennen dieser Saison hat die Staffel des Deutschen Skiverbandes (DSV) bereits zweimal gewonnen, einmal den dritten und einmal den vierten Platz belegt. "Das Ziel ist ganz klar eine Medaille", sagt Vanessa Hinz, neben Franziska Hildebrand und Laura Dahlmeier die dritte Mitläuferin von Preuß an diesem Freitag: "Es wäre unrealistisch, wenn wir sagen würden, wir wären mit einer Top-Sechs-Platzierung zufrieden."

Die jungen deutschen Biathletinnen sind erstaunlich selbstbewusst und mutig geworden in dieser Saison, die in erster Linie nur dem Neuaufbau der Mannschaft dienen sollte nach den Rücktritten der Olympiasiegerinnen Kati Wilhelm (2010), Magdalena Neuner (2012) und Andrea Henkel (2014) sowie dem Tiefpunkt von Sotschi, dem ersten medaillenlosen Auftritt von DSV-Biathletinnen bei Olympischen Winterspielen überhaupt. "Von uns hätte keine gedacht, dass es so gut läuft", sagt Franziska Preuß, eine der drei WM-Neulinge im fünfköpfigen Frauen-Team.

Am besten läuft es bei Laura Dahlmeier, und zwar im Wortsinn. Nach den Plätzen vier (im Sprint) und zwei (in der Verfolgung) kam sie am Mittwoch als Sechste ins Ziel, "wieder ein gutes Ergebnis unter den ersten Zehn", freute sie sich. Die 21-Jährige ist im Programmheft dieser Titelkämpfe bereits als "künftige Königin des Biathlons" geadelt worden, weil sie für ihr Alter äußerst treffsicher ist: Über den gesamten Weltcup-Winter betrachtet, ist sie die konstanteste Schützin im Frauen-Feld mit einer Trefferquote von 93 Prozent.

Kaum Druck, Stimmung gut

Aber bei der WM in Kontiolahti hat Laura Dahlmeier vor allem mit ihren Laufleistungen beeindruckt: Am Mittwoch war in der Loipe nur Kaisa Mäkäräinen schneller unterwegs gewesen; die Finnin rettete mit einer fulminanten Schlussrunde gerade noch die Bronzemedaille - trotz der zwei Strafminuten, die ihr wegen zweier Schießfehler aufgebrummt worden war. Das Gleiche war auch Dahlmeier passiert. "Schade", fand sie, "aber so perfekt bin ich noch nicht, dass ich immer Null schieße." Wegen der Strafzeit fehlten ihr am Ende nicht nur 16 Sekunden auf Mäkäräinen, sondern auch bloß 40,5 auf die Siegerin Jekaterina Jurlowa (Russland), die als einzige fehlerfrei über die Runden kam. Ein Fehlschuss weniger, ein Treffer mehr, und Laura Dahlmeier wäre jetzt also Weltmeisterin. "Aber das können ja viele von sich behaupten", relativierte Gerald Hönig, der Frauen-Bundestrainer.

Unstrittig ist, dass Laura Dahlmeier inzwischen in die Klasse der weltbesten Langläuferinnen im Biathlon vorgerückt ist, zu Mäkäräinen, 32, der dreifachen Olympiasiegerin Darja Domratschewa, 28, aus Weißrussland, der Olympia- und WM-Zweiten Gabriela Soukalova, 25, aus Tschechien. Was erstaunlich ist, weil sich Dahlmeier im vorigen August beim Klettern einen Bänderriss im rechten Fuß zugezogen hat, der sie zur Trainingspause und zum verspäteten Einstieg in die Weltcup-Saison zwang. "Vielleicht bin ich jetzt frischer als die anderen, weil ich weniger Rennen bestritten habe", vermutet sie: "Man merkt ja jeden Kilometer, den man in den Beinen hat, das zehrt an der Substanz."

Möglicherweise haben sie aber auch die zahlreichen neuen Reize beflügelt, die sie notgedrungen setzen musste, erklärte sie außerdem: Statt spezifischem Lauftraining habe sie viele Kräftigungsübungen für den Oberkörper gemacht, als sie ihren Fuß schonen musste. Offensichtlich hat ihr das eine Menge Schubkraft gegeben. "Manchmal tut's einfach gut, wenn man was verändert", sagt sie.

Das Gleiche können sie auch in der Biathlon-Abteilung des DSV sagen, die ja auch notgedrungen ihre Frauen-Mannschaft verändert hat. "Wir sind in einer Super-Situation jetzt", sagt Franziska Preuß: "Von außen kommt nicht so viel Druck, und im Team ist die Stimmung gut. Auch, weil die Trainer anders miteinander umgehen." Das war im vorigen Jahr demnach anders, bei Olympia in Sotschi. Damals drückten fehlende Erfolge und der Dopingfall von Evi Sachenbacher-Stehle auf die Stimmung, die Staffel lief abgeschlagen auf Platz elf. Franziska Preuß war damals erstmals bei den DSV-Frauen dabei. "Das ist abgehakt", sagt sie. Es klingt angriffslustig.

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