England bei der Frauen-WM:Mit Bronze ins Halbfinale

England bei der Frauen-WM: Lucy Bronze feiert ihren Treffer gegen Norwegen.

Lucy Bronze feiert ihren Treffer gegen Norwegen.

(Foto: AFP)
  • Die englischen Frauen setzen sich mit 3:0 gegen Norwegen durch und stehen damit im Halbfinale der WM.
  • Vor allem Lucy Bronze beweist mit einem Tor und einer Vorlage erneut, warum sie eine der Besten der Welt ist.
  • Während Trainer Phil Neville offensiv vom Titel spricht, wollen die Spielerinnen zur Identifikation werden: Als badass women.

Von Tim Brack

Geschichte wiederhole sich nicht, heißt es oft. Von dieser Regel dürfte selbst die Engländerin Lucy Bronze, eine der besten Fußballerinnen auf diesem Planeten, nicht ausgenommen sein. Aber zwei geschichtliche Ereignisse können dann schon eine große Ähnlichkeit haben, vor allem wenn sie nur vier Jahre auseinander liegen und die elementaren Protagonisten wieder auftreten.

Bei der Weltmeisterschaft 2015 in Kanada spielte die englische Frauen-Nationalmannschaft gegen Norwegen ein K.o.-Spiel, damals bekam eine 23-jährige Lucy Bronze den Ball an der Strafraumkante, sie schloss wuchtig ab, traf zum 2:1 und hievte England ins Viertelfinale. "Ich habe ein Tor geschossen, das mir davor nie gelungen war und auch danach nie wieder gelungen ist", sagte die Rechtsverteidigerin kürzlich der Fifa, "aber für mich persönlich war es sehr wichtig, weil es meine Karriere etwas in Schwung gebracht hat." Das Tor beschleunigte nicht nur ihren Aufstieg wie ein Katalysator, sondern den des englischen Teams, das durch Bronzes Gewaltschuss sein erstes K.o.-Spiel überhaupt bei einer WM gewinnen konnte.

Vier Jahre nach diesem Schlüsselmoment war alles angerichtet für eine Wiederholung der Ereignisse. England gegen Norwegen, K.o.-Spiel einer WM, Lucy Bronze an der Strafraumkante. Die 27-Jährige bekam im Stade Océane in Le Havre den Ball, schloss wuchtig ab und hievte England in die nächste Runde. Ihr Treffer war nicht ganz so bedeutend wie vor vier Jahren, er besiegelte "nur" den 3:0-Endstand. Doch wieder hatte Bronze einen enormen Beitrag dazu geleistet, dass die Lionesses in die nächste Runde einzogen.

Das 1:0 durch Jill Scott (3. Minute) legte Bronze nach einem unwiderstehlichen Lauf auf, es war das schnellste Tor des Turniers. Am zweiten englischen Treffer beteiligte sich die Rechtsverteidigerin, indem sie ihre kongeniale Partnerin auf dem rechten Flügel, Nikita Parris, freispielte. Die 25-Jährige bediente Ellen White, die völlig unbewacht einschob (40.). "Lucy Bronze ist eine sagenhafte Spielerin", sagte Norwegens Trainer Martin Sjögren, "sie hat gezeigt, dass sie eine der besten Spielerinnen der Welt ist." So lobend die Worte des Schweden für die Gegnerin waren, so kritisch dürfte die Ansprache an seine norwegischen Spielerinnen in der Halbzeitpause geklungen haben.

In England wollen sich die Frauen einen Namen erschaffen

Sein Team bekam in den ersten 45 Minuten keinerlei Zugriff auf das Spiel. Die ausgeprägte Unordnung in der Abwehr erleichterte es England ungemein, die Stärken von Parris und Bronze ins Spiel zu bringen. Fast jeder gefährliche Angriff rollte über diese Achse. "Wir wussten, die rechte Seite von England ist gut und wir waren vorbereitet", sagte Sjögren, "aber egal wie gut du vorbereitet bist, alles verhindern kannst du nicht." Trotz des Ausscheidens war das Erreichen des Viertelfinals eine Rehabilitation für Norwegen. Bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren war die Nation noch punkt- und torlos nach der Gruppenphase abgereist.

In England bremst derweil wenig die Euphorie. Nationaltrainer Phil Neville spricht ungemein offensiv vom WM-Titel als Ziel. Vor mehr als einem Jahr hatte er die Engländerinnen etwas überraschend übernommen, quasi ohne existente Praxiserfahrung im Frauenfußball. Nevilles Ansprüche toppen die Spielerinnen aber offenbar selbst, wie er verriet. Bei der Zielformulierung vor zwölf Monaten habe er sich nur gewünscht, dass die Spielerinnen den WM-Titel ausrufen, erzählte Neville, "aber sie sagten, sie wollten mehr: Einen Namen zu erschaffen, mit dem sich die Leute identifizieren können: badass women." Das habe ihn aus dem Konzept gebracht, aber: "Ich glaube, wir kommen diesem Vermächtnis näher."

Der Auftritt der Engländerinnen gibt ihm viel Anlass zu solchen Schwärmereien. Nur in zehn Minuten der zweiten Hälfte zeigten die Lionesses größere Schwächen, da stand es aber schon 3:0. Wer weiß, ob das Ergebnis noch einmal in Gefahr geraten wäre, hätte Norwegen eine zielsichere Stürmerin gehabt. Im Halbfinale gegen die USA oder Frankreich darf sich Nevilles Mannschaft solche Unkonzentriertheiten jedenfalls nicht leisten. Bei der WM vor vier Jahren hatte die Reise der Engländerinnen vor dem Endspiel geendet. Neville und sein Team werden alles dafür tun, dass sich diese Geschichte nicht wiederholt.

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