Frauen-Fußball:Der irritierte Diplomat

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Der Abschied von Trainer Thomas Wörle als Trainer der Fußballerinnen des FC Bayern München soll schon zu Saisonbeginn festgestanden haben. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe gibt allerdings Rätsel auf.

Von Daniel Böldt

Ein Mann der großen Reden ist Thomas Wörle nie gewesen. Der Stimmlage des Trainers ist kaum zu entnehmen, ob er gerade einen 9:0-Testspiel-Sieg des FC Bayern München gegen den PSV Eindhoven oder eine denkbar knappe Finalniederlage seiner Fußballerinnen im DFB-Pokal gegen den VfL Wolfsburg analysiert. So deutlich wie am Samstagnachmittag konnte man dieses Phänomen aber selten beobachten. Der FC Bayern hatte soeben in einer unspektakulären Bundesligabegegnung einen noch unspektakuläreren 2:1-Heimsieg gegen die TSG Hoffenheim eingefahren. Es war gleichzeitig der erste öffentliche Auftritt von Wörle, nachdem der Verein am Mittwoch mitgeteilt hatte, dass sein Vertrag nach dieser Saison nicht verlängert wird. "Der FC Bayern und Thomas Wörle, Cheftrainer der FC Bayern Frauen, haben sich entschieden, nach Ende der laufenden Saison getrennte Wege zu gehen", hieß es in Behördensprache auf der Webseite des Vereins.

Was klingt wie die routinemäßige Demission eines verdienten, aber durchaus ersetzbaren Mitarbeiters, war - vorsichtig formuliert - die überraschendste Personalentscheidung von Managerin Karin Danner in den vergangenen Jahren. Wörle hatte das Team 2010 von seinem Vater Günther Wörle übernommen. "Schritt für Schritt" wolle er das Team in die Spitzengruppe des deutschen Frauenfußball führen, wurde Wörle in zahlreichen Interviews zitiert. Das ist ihm unübersehbar gelungen. Das Team gewann 2012 erstmals den DFB-Pokal, 2015 folgte die erste deutsche Meisterschaft nach 29 Jahren, ein Jahr später die Titelverteidigung.

Weitere nationale Titel verpasste die Mannschaft in den Folgejahren oft nur knapp. Aber da Wörle das Team auch international nie über das Viertelfinale der Champions League hinaus führen konnte, interpretiert die Bayern-Führung die aktuelle Entwicklung der Mannschaft offensichtlich als Rückschritt. "Diese Entscheidung ist keine Momentaufnahme, sondern wurde vorausschauend für die nächsten Jahre so getroffen", hieß es vom Verein.

Was am Ende konkret den Ausschlag für die Trennung gegeben hat, dazu wollte sich Wörle am Samstag nicht äußern. Mit den selben analytisch korrekten und eher nüchternen Aussagen, mit denen er den späten Anschlusstreffer von Hoffenheim kommentierte ("Das ist eine Mannschaft, die nie aufgibt"), sprach er anschließend über seinen bevorstehenden Abschied: "Wie es dazu kam, kann ich nicht sagen. Das ist was, was wir intern besprechen."

Diese äußerliche Zurückhaltung könnte freilich auch daran liegen, dass die Nachricht für Wörle und sein Trainerteam keineswegs neu war. "Bevor ich den ersten Trainingstag hier hatte, wurde die Entscheidung schon gefällt. Wir haben komplett Bescheid gewusst, dass wir am Ende der Saison nicht mehr da sein werden", sagte der Trainer. Warum die Entscheidung dann gerade in dieser Phase der Saison, zu einem denkbar unglücklichen Zeitpunkt, publik gemacht wurde, gab nicht nur Außenstehenden Rätsel auf. "Ich weiß es nicht. Da müssen sie den Verein fragen", sagte Wörle. Eine entsprechende SZ-Anfrage blieb unbeantwortet.

Mit dem Wolfsburg-Spiel habe die Sache nichts zu tun, sagt Wörle

Anderthalb Wochen zuvor hatte die Mannschaft einen desolaten Auftritt beim Titelkonkurrenten VfL Wolfsburg hingelegt. 0:6 hieß es am Ende, womit die Bayern noch gut bedient waren. Damit drängte sich unweigerlich die Lesart auf, dass diese Niederlage zumindest mitentscheidend für die Trennung war. Dass diesem Eindruck nicht entgegengewirkt wurde, kritisierte auch der sonst so diplomatische Wörle: "Dass das in keinem Zusammenhang mit dem Wolfsburg-Spiel steht, wurde einfach offen gelassen, und das ist so nicht richtig." Er selbst hätte sich gewünscht, die Entscheidung vor der Saison öffentlich zu machen. Das habe der Klub abgelehnt.

Ob Mannschaft und Trainer durch die Bekanntmachung nun befreiter agieren, ließ sich am Samstag noch nicht sagen. Zu sehr war die Verunsicherung noch zu spüren. Die Tore von Mandy Islacker (34.) und Dara Däbritz (75.) gaben dem Team nur bedingt Halt. Thomas Wörle hat nun die undankbare Aufgabe, seinem Team für den Rest der Saison die nötige Sicherheit wieder zu vermitteln. Obwohl ihm der Verein keine mehr gewährt.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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