Frauen-Doppel:Permanent Druck am Netz

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Doppel der alten Schule: Laura Siegemund (l.) und Vera Swonarewa. (Foto: Al Bello/AFP)

Laura Siegemund gewinnt ihren zweiten US-Open-Titel, weil sie sich geradezu ideal mit Vera Swonarewa ergänzt.

Von Jürgen Schmieder, New York/Los Angeles

Natürlich hat Vera Swonarewa (Russland) teilgenommen an diesem Finale, und natürlich darf sie sich nun ebenfalls US-Open-Siegerin im Doppel nennen. Es hatte jedoch häufig bei dieser spektakulären Partie den Eindruck, als hätte sie einfach nur den besten Zuschauerplatz im Arthur Ashe Stadium, weil ihre Partnerin Laura Siegemund permanent über den Platz hetzte wie ein Duracell-Hase mit unerschöpflicher Energie. Der Unterschied zum Reklamehasen: Siegemund lief nicht nur geradeaus, sondern nach links und rechts, lieber nach vorne als zurück, und sie folgte einem Plan: Sie erreichte unfassbar viele gegnerische Bälle, möglichst ganz vorne am Netz, und sie spielte sie in teils unglaublichen Winkeln gefühlvoll zurück.

Das ist Doppel der alten Schule, wenn die Spielerin am Netz permanent Druck ausüben will, Siegemund hat sich deshalb auch diese Partnerin gesucht, die perfekt zu dieser Spielweise passt. Swonarewa verfügt über ein grandioses Auge (nicht nur als Zuschauerin), ihr Gespür für die Geometrie beim Doppel lässt sie jene Orte erreichen, die Siegemund möglicherweise unbeaufsichtigt lässt. "Ich bin sehr wählerisch, eine mögliche Partnerin muss spielerisch zu mir passen", sagte Siegemund, die in New York zum ersten Mal gemeinsam mit Swonarewa antrat: "Ich hatte davor im Einzel ein paar Mal gegen sie gespielt und war mir sicher: Das kann klappen."

Es klappte: Siegemund und Swonarewa gewannen ein hochklassiges und spannendes Finale 6:4, 6:4 gegen die an Rang drei gesetzten Nicole Melchiar (USA) und Xu Yifan (China). Siegemund, 32, hatte bereits 2016 die US Open gewonnen, im Mixed mit Mate Pavic (Kroatien). Während des Turniers in diesem Jahr hatte sie gesagt, dass dies der schönste Moment ihrer Karriere gewesen sei und dass sie noch immer Gänsehaut bekomme, wenn sie den Titel US-Open-Siegerin höre. Nun ist sie zweimalige Grand-Slam-Gewinnerin. Als das Spiel vorbei war, die Entscheidung wurde wegen eines Videobeweises kurz verzögert, durfte sie ihre Partnerin zum ersten Mal bei diesem Turnier umarmen. Dann lief sie zu ihrem Trainer und dann um den Platz. Sie hatte offenbar noch ein bisschen Energie übrig.

© SZ vom 13.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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