Frankreich - Irland:Die andere Hand Gottes

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Erinnerungen an Maradona: Mit einem Skandaltor schafft Frankreich die WM-Qualifikation, Henry gesteht das Handspiel. Irland fühlt sich betrogen und wittert eine Verschwörung.

Johannes Aumüller

Schon bald nach dem Spiel hat sich Thierry Henry geäußert, und er war klug genug, nichts abzustreiten und auch nichts von der "Hand Gottes" oder ähnlichem zu erzählen. Ersteres wäre ob der Fernsehbilder völlig unglaubwürdig gewesen, letzteres blasphemisch gegenüber Diego Maradona, und beides hätte wohl dafür gesorgt, dass die Stimmung in Irland noch weiter hochgekocht wäre als sie es ohnehin schon ist. Stattdessen also sagte Henry: "Ich bin nicht der Schiedsrichter. Ich bin ehrlich, ich habe den Ball mit der Hand gespielt."

Man glaubt es angesichts dieses Bildes kaum, aber Thierry Henry ist tatsächlich weder Handballer noch Basketballer, sondern Fußballer. (Foto: Screenshot: ARD)

Mit einem "Skandaltor" hat sich Frankreich am Mittwochabend gegen Irland die WM-Qualifikation gesichert. In der 103. Minute des Rückspiels (nach einem Tor von Irlands Keane war es zur Verlängerung gekommen) ersprintete Frankreichs Angreifer Henry einen Pass und leistete sich dann eines der dreistesten Handspiele der Fußball-Geschichte.

Nicht nur einmal, sondern gleich zweimal berührte er den Ball mit der Hand, erst stoppte er ihn, dann legte er ihn sich noch einmal vor; es hätte nur noch gefehlt, dass er wie beim Volleyball auch noch den dritten abschließenden Ball mit der Hand gespielt hätte. Doch er beließ es beim Doppel-Handspiel und passte mit dem Fuß in die Mitte, wo Mitspieler Williams Gallas stand und das für Frankreich und Trainer Raymond Domenech so wichtige 1:1 schoss.

Der schwedische Schiedsrichter Martin Hansson konnte die Szene aus seinem Blickwinkel nicht besonders gut sehen, der Schiedsrichter-Assistent schon eher. Dass er trotzdem falsch lag, dürfte mal wieder die Debatte um die Einführung des Videobeweises verschärfen - oder die Forderung nach einem umfänglicheren Einsatz des Torrichters, der derzeit in der Europa League getestet wird.

Dabei war es nicht allein das umstrittene Tor, weshalb sich Frankreich für Südafrika qualifizierte. Schließlich wäre Irland ohne das Gegentor nicht automatisch bei der WM gewesen, sondern hätte erst ins Elfmeterschießen gemusst. Und kurz vor Henrys Doppel-Handspiel hätten sich die Iren auch nicht beschweren dürfen, wenn der Schiedsrichter gegen sie einen Strafstoß verhängt hätte.

Doch diese Details zählen nun nicht mehr, sie gehen unter im kollektiven Aufschrei eines ganzes Landes. Irland fühlt sich um die WM betrogen, Fans, Spieler und Trainer sind außer sich vor Wut. Während sich Nationalcoach Giovanni Trapattoni noch relativ zurückhaltend äußerte ("Ich bin sehr traurig. Der Schiedsrichter hätte zu Henry gehen und ihn fragen sollen. Ich bin sicher, dass Henry das Handspiel zugegeben hätte"), kamen von anderen Beteiligten massive Angriffe in Richtung Schiedsrichter und Fußball-Weltverband (Fifa).

"Es ist lächerlich und leider das, was wir gedacht haben, was passiert", sagte Irlands Abwehrspieler Richard Dunne. "Die WM wird von Leuten beeinflusst, die entscheiden wollen, wer dabei ist." Und auch der Assistenztrainer Liam Brady witterte eine Verschwörung: Mit der Entscheidung für Setzlisten für die Relegationsspiele und der Auslosung habe die Fifa bezwecken wollen, dass Frankreich und Portugal weiterkommen und das sei nun passiert. "Das ist ein schlechter Tag für den Fußball."

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