Süddeutsche Zeitung

Frankfurter 0:3 -:Keinen Deut besser

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Beim Einstand von Niko Kovac präsentiert sich die Eintracht ideenlos. Torwart Lukas Hradecky erwischt einen schwarzen Tag.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Wer am Samstag den Eindruck hatte, der neue Trainer Niko Kovac habe aber so gar keinen positiven Einfluss auf die Frankfurter Fußballer gehabt, dem ist offenbar entgangen, wie energisch Kovac seine Spieler nach dem Abpfiff vor die Tribüne mit den Frankfurter Fans winkte. Eigentlich wären die Eintracht-Profis womöglich lieber im Boden versunken, aber dann sind sie auf Anweisung des Trainers doch zu den Fans gegangen und haben ihnen applaudiert. So herum hat es auch noch Sinn gemacht - Beifall von den Zuschauern für die Fußballer hingegen war überflüssig.

Im ersten Spiel unter Kovac haben die Frankfurter nicht nur mit 0:3 (0:1) bei Borussia Mönchengladbach verloren, sondern auch die Frage aufgeworfen, ob sich die Entlassung von Armin Veh und die Einstellung von Niko Kovac wirklich gelohnt haben. Frankfurt wirkte keinen Deut besser als in den vergangenen Wochen und ist nach nunmehr acht sieglosen Spielen nur deshalb noch Drittletzter, weil die Eintracht bei gleicher Punktzahl und Tordifferenz ein Tor mehr geschossen hat als Hoffenheim. "Psychologisch wichtig" findet der Sportchef Bruno Hübner diesen drittletzten Platz, weil man am kommenden Samstagabend daheim gegen die abgeschlagenen Hannoveraner spielt.

Kovac hatte seine erste Startelf gegenüber der letzten vom Vorgänger Armin Veh auf vier Positionen verändert. Marc Stendera und Carlos Zambrano fielen verletzt aus, Bastian Oczipka und Szabolcs Huszti setzte der Trainer auf die Bank. Im 4-1-4-1-System spielte Stefan Reinartz die Sechs zwischen den Viererketten, er kam genauso wie Constant Djakpa als Linksverteidiger erstmals in diesem Kalenderjahr zum Einsatz. Slobodan Medojevic im halbrechten Mittelfeld und Stefan Aigner auf dem linken Flügel waren die anderen beiden neuen Startspieler.

Torwart Hradecky macht drei Fehler, alle führen zu Gegentoren

Die Frankurter standen defensiv zunächst gut, die Arbeit wurde ihnen aber auch dadurch erleichtert, dass die Gladbacher die komplette erste Halbzeit hindurch kaum einmal das Tempo anzogen. Sie ließen den Ball geradezu gemächlich rotieren und kamen trotz drückender Dominanz kaum zu guten Chancen. Ihr 1:0-Führungstor in der 36. Minute resultierte aus einem Freistoß von Raffael, den Eintracht-Torwart Lukas Hradecky im Luftduell mit seinem eigenen Abwehrspieler Marco Russ schwach und frontal wegboxte. Den Ball legte er damit geradewegs Lars Stindl hin, der diesen fast vom Elfmeterpunkt und ungestört im Nachschuss ins Frankfurter Tor schießen durfte. Es sollte nicht Hradeckys einziger Fehler an diesen Nachmittag bleiben - und nicht sein schlimmster.

Von der Eintracht war vor allem gestalterisch gar nichts zu sehen. Bei Ballbesitz hatten die Spieler so gar keine Idee, was mit dem Ball anzufangen wäre. In der zweiten Halbzeit standen die Frankfurter zwar höher, attackierten früher - doch es dauerte trotzdem nur bis zur 53. Minute, ehe Raffael mit dem 2:0 die Vorentscheidung herbeiführte. Diesmal hatte Hradecky einen Fehler gemacht, der durchaus Chancen beim Casting der Szenen für eine Pannenshow im Privatfernsehen hat: Um einen langen Ball aus der Gladbacher Hälfte zu entschärfen, war der Torwart weit aus seinem Tor herausgekommen, legte den Ball beim missglückten Befreiungsschlag aber bloß dem Gladbacher Raffael vor die Füße, der aus mehr als 30 Metern mit einem Heber ins leere Frankfurter Tor traf. Elf Minuten vor dem Ende machte Hradecky gegen den von der Seite auf sein Tor zulaufenden Gladbacher Mahmoud Dahoud die kurze Ecke nicht zu und kassierte nach seinem dritten Fehler sein drittes Gegentor.

Kovac nimmt seinen Keeper in Schutz - und macht auch dem Team keinen Vorwurf

"Ich glaube, ich habe alle Fehler dieser Saison in einem Spiel gemacht", sagte Hradecky später, "das ist natürlich leider kein gutes Timing für den neuen Trainer." Der neue Trainer wollte dem Keeper dafür keinen Vorwurf machen - aber den Feldspielern auch nicht. "Sie haben kämpferisch alles gegeben", behauptete Kovac, "und weil sie es spielerisch in der zweiten Halbzeit besser gemacht haben, kann ich ihnen keinen Vorwurf machen." Eine skeptische Aussage war von Kovac allerdings doch zu vernehmen: "Das war insgesamt weit weg von dem, was wir wollen."

Näher dran, an dem, was sie wollen, müssen sie am kommenden Samstag gegen Hannover sein. "Dann zählt's", sagte Hübner fordernd. "Wir müssen uns auf diese machbaren Spiele konzentrieren", sagte Vorstandsboss Heribert Bruchhagen. "Das wird das wichtigste Spiel der Saison", sagte der Torwart Hradecky - und stellte in Aussicht, dann seinen Teil zum Erfolg auch wieder beitragen zu wollen.

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SZ vom 13.03.2016
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