Frankfurt der Bundesliga:"So dürfen wir nicht verteidigen"

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Frankfurts Torwart Kevin Trapp regte sich mächtig auf. (Foto: dpa)
  • Eintracht Frankfurt versäumt es, beim Montagsspiel in Wolfsburg eine gute Woche zu krönen.
  • Das 1:1 fällt erst spät, darüber ärgert sich vor allem der Torhüter der Frankfurter sehr.

Von Carsten Scheele, Wolfsburg

Der kurze Weg vom Platz in die Katakomben genügte Kevin Trapp nicht, um seinen Ärger verziehen zu lassen - der Frankfurter Torwart fühlte sich betrogen, und zwar um den Lohn einer fast perfekten Osterwoche. Mit Trapp im Tor war die Eintracht am Donnerstag gegen Benfica Lissabon auf begeisternde Weise ins Halbfinale der Europa League eingezogen: 2:0 im Rückspiel nach dem 2:4 in Portugal - die 48.000 Fans im Frankfurter Stadion hatten gebrüllt und Trapp, der bereits in einigen großen Fußballarenen im Tor stand, ein besonderes Gefühl verliehen. Auch am Ostermontag lief alles ziemlich gut, bis Trapp beim Stand von 1:0 in Wolfsburg von seinen Mitspielern verlassen wurde.

Während sich jede andere Mannschaft, die in der 90. Minute glücklich in Führung liegt, wohl um den Strafraum versammelt hätte, verlor Frankfurt im Angriff ohne Absicherung überhastet den Ball - und die Wolfsburger konterten auf Trapp zu. "Das darf nicht passieren, nicht in dieser Phase", schimpfte der Torwart. "Fahrlässig" nannte er das Werk der Kollegen, Felix Klaus passte, John Anthony Brooks vollendete den Konter zum Ausgleich, Trapp motzte: "So dürfen wir nicht verteidigen." Ihm wurden auf der letzten Rille nachträglich die Osterfeiertage vermiest.

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Sein Trainer Adi Hütter schmunzelte ein bisschen, er sah die Angelegenheit ähnlich, aber nicht so verbissen. Auch er hatte gesehen, dass seine Mannschaft in der 90. Minute etliche Möglichkeiten hatte, die entscheidende Szene zu bereinigen - erst Filip Kostic, dann vor allem David Abraham. "Wir verlieren den Ball, dann haben wir den Ball, dann verlieren wir ihn wieder", fasste Hütter die Geschehnisse treffend zusammen. Seine Mannschaft habe die Situation einfach "nicht gut genug gelöst". Trotzdem wusste Hütter, dass der Punkt gegen tatsächlich starke Wolfsburger noch wichtig werden kann. Gerade in dieser Phase der Saison, in der die Frankfurter eine emotionale Ausnahmesituation an die nächste reihen.

Frankfurt darf der tollen Aussicht in der Europa League - im Halbfinale geht es gegen Chelsea - nicht alles unterordnen, will der Klub die ersehnte Teilnahme an der Champions League in der kommenden Saison nicht verspielen. Mit der Qualifikation für die Königsklasse hätte die Eintracht am ehesten die Chance, die Mannschaft beisammen zu halten - andererseits wären Klassespieler wie Luka Jovic, der von halb Europa umworben wird, im Sommer vermutlich weg. Vierter ist das Team von Hütter vier Spieltage vor Schluss - durch das Gegentor in letzter Sekunde am Montagabend sind es nun bloß zwei statt vier Punkte Vorsprung auf Gladbach (und drei statt fünf Punkte auf Hoffenheim). Auch deshalb war Trapps Ärger so gewaltig.

Die Eintracht spielt nun gegen Hertha BSC, danach gegen Leverkusen und Mainz, schließlich in München - dazwischen die beiden Glitzerspiele gegen Chelsea, erst in eigener Arena, dann auswärts. "Dieser Spagat ist nicht einfach", bekräftigte Sportdirektor Bruno Hübner. "Ein absolutes Mammutprogramm", nennt es Hütter. Er weiß: Bislang ist seine Mannschaft sehr gut durchgekommen, auch wenn es gegen Wolfsburg schon eng war.

Für den VfL hätte es normalerweise locker zum Sieg reichen müssen, wäre die Mannschaft nicht so fahrlässig mit den Chancen umgegangen. Gerade die erste Halbzeit (die abermals von Protesten gegen den ungeliebten Montagabendtermin begleitet wurde) war ein wildes Hin-und-Her: Zweimal hätte Wolfsburg durch Wout Weghorst in Führung gehen müssen, nach dem Wiederanpfiff traf der VfL dann doppelt Aluminium - erst köpfte Robin Knoche an die Unterkante der Latte, dann traf Maximilian Arnold den Pfosten. 21:12-Torschüsse hatten die Wolfsburger bis zum Schluss gesammelt, trotzdem hätte Frankfurt durch den überraschenden Treffer von Jonathan De Guzmán (78.) fast gewonnen.

Seine Mannschaft hätte "niemals in irgendeiner Art und Weise unentschieden spielen müssen", haderte Arnold deshalb. Er war nur knapp besser gelaunt als Frankfurts Trapp. Das alles sei "ziemlich schade", denn "Frankfurt war mausetot von dem Spiel am Donnerstag", urteilte Arnold. So haben die Wolfsburger als Neunter am Sonntag ein kleines Endspiel: Gelingt in Hoffenheim ebenfalls kein Sieg, findet der Europapokal in der kommenden Saison ohne den VfL statt.

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