Frankfurt weiter torlos:Köln pfeift den Prince zurück

Eintracht Frankfurt v VfL Wolfsburg - Bundesliga

Kevin-Prince Boateng zeigte ein eher unauffälliges Startelf-Debüt, war aber an der Szene beteiligt, als der Videoassistent eingriff.

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Frankfurt wird beim 0:1 gegen Wolfsburg zu Recht ein Strafstoß aberkannt. Das runderneuerte Team hadert nicht mit der Entscheidung, sondern mit der miesen Chancenverwertung.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Am Ende des Tages sah sich Niko Kovac noch zu einem kleinen Appell veranlasst. Und dieser war zwar gut gemeint, aber in etwa so aussichtsreich wie eine Forderung, am Samstagabend in den Ebbelwoi-Kneipen der Stadt Frankfurt keinen Apfelwein mehr auszuschenken. "Ich würde bitten", sagte Eintracht-Trainer Kovac also nach dem 0:1 seiner Elf gegen Wolfsburg, "dass wir nicht immer nur über den Prince sprechen. Wir haben noch zehn andere Spieler auf dem Platz."

Seit gut eineinhalb Wochen steht Kevin-Prince Boateng, 30, bei der Eintracht unter Vertrag - und im Fokus des öffentlichen Interesses. Der Routinier soll ein zentraler Spieler sein in dieser mal wieder substanziell erneuerten Frankfurter Mannschaft, in der Akteure aus so vielen verschiedenen Nationen spielen, dass es die multikulturelle Vielfalt der Stadt aufs Trefflichste spiegelt. Bei seinem Startelf- und Heimdebüt am Samstag war davon noch nicht viel zu sehen, Boateng agierte erst als zweite Spitze, später im zentralen Mittelfeld, doch so richtig auffällig war er nicht am Tag der vergebenen Chancen und der unglücklichen 0:1-Niederlage. "Ich bin sauer und angepisst", sagte Boateng nach dem Spiel. Und maßgeblich beteiligt war er nur in einer zentralen Szene: in dem Moment, als der Video-Assistent zum Einsatz kam.

Latte, Pfosten, Casteels: Sieben gute Chancen vergibt Frankfurt

Es war ein Nachmittag, an dem der Sinn dieser technischen Neuerung wunderbar zur Geltung kam. Was wäre nach der Partie wohl über den Schiedsrichter geflucht und geschimpft worden - wenn es den Video-Assistenten nicht geben würde. In Minute 28 war es, beim Stand von 0:1, da landete ein Pass bei Boateng, der legte den Ball an Gegenspieler Ignacio Camacho vorbei und wurde vom Spanier gefoult. Elfmeter, entschied der Schiedsrichter Benjamin Cortus, aber bald darauf korrigierte er das. Denn von dem in Köln vor den Monitoren sitzenden Kollegen Günter Perl erhielt er den Hinweis, dass sich Boateng beim Zuspiel im Abseits befunden habe. Kein Elfmeter also, Köln pfiff den Prince zurück, und damit war die Sache auch erledigt. "Wenn es Abseits war, dann war es halt Abseits", sagte Boateng lapidar.

Statt um Schiedsrichterfehler ging es daher vor allem um die vielen Frankfurter Chancen. Auf "sieben glasklare" war Kovac gekommen, und während andere Trainer in solchen Situationen sehr großzügige Zählungen offenbaren, ließ sich diesmal nur schwerlich widersprechen.

Da war der Kopfball von Mijat Gacinovic, den Wolfsburgs Torwart Koen Casteels gerade noch parierte (19.), und der Kopfball von Sebastien Haller an den Innenpfosten (20.), aus dem sich ein Wolfsburger Konter und das Tor des Tages durch Daniel Didavi entwickelte. Da war eine weitere gute Chance für Gacinovic (40.), eine Großchance für Haller (41.) oder jener Moment, in dem Jonathan de Guzman alleine vor Casteels auftauchte (44.). Dann gab es unmittelbar vor dem Pausenpfiff noch einen schönen Schuss von Gacinovic, der an die Latte ging, und nach 55 Minuten noch eine weitere Gelegenheit durch de Guzman.

Das Ganze erinnerte nicht nur Trainer Kovac schwer ans Auftaktspiel gegen Freiburg (0:0), als Chancenreichtum und Ertrag in einem ähnlichen Missverhältnis zueinander standen. Er will sich davon aber nicht verunsichern lassen. "Die Anzahl der Chancen stimmt mich froh. Wir müssen jetzt kein Trübsal blasen", sagte er.

Da waren die Videobeweis-Profiteure des VfL Wolfsburg nach dem Spiel deutlich selbstkritischer. Der Trainer Andries Jonker tat dies noch zurückhaltend, indem er großzügig konstatierte, es sei "fußballerisch noch Luft nach oben". Torschütze Didavi hingegen war merklich angefressen vom spielerisch schwachen Auftritt seiner Elf. Er verstehe ob des grundsätzlichen Niveaus der Spieler nicht, "warum wir hier nach 20 Minuten das Fußballspielen einstellen", sagte er: "Wahrscheinlich ist es Angst. Aber Angst wovor? Wir lieben doch alle den Fußball."

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