Eintracht Frankfurt:"Auch unsere Erwartungshaltung steigt"

Bundesliga - Eintracht Frankfurt v 1. FC Union Berlin

Freude am Stadtwald: André Silva feiert mit Filip Kostic.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Pool via Reuters)

In einem kuriosen Bundesligaspiel mit 9:23 Torschüssen, aber 5:2 Toren, gewinnt Frankfurt gegen Union. Eintracht-Trainer Hütter erhöht den verbalen Druck auf den Champions-League-Konkurrenten BVB.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Robert Andrich streckte nach Schlusspfiff rücklings auf dem Rasen Beine und Arme weit von sich. Dann pumpte der Mittelfeldspieler von Union Berlin wie ein Maikäfer, der sich beim ersten Frühlingsausflug übernommen hatte. Es dauerte eine Weile, bis sich die tragische Figur eines zumindest eine Halbzeit lang grandios unterhaltsamen Bundesligaspiels wieder erhob. 5:2 (4:2) für die Eintracht lautete das Ergebnis dieses ungewöhnlichen Nachmittags. "Ich habe so viele Chancen ehrlich gesagt in der Bundesliga noch nicht gesehen", sagte Union-Keeper Andreas Luthe. "Wir haben hier leider schlecht verteidigt und einige Tore hergeschenkt."

Wobei Luthe, 34, in Koproduktion mit Gefährte Andrich, 26, eines der kuriosesten Eigentore der Saison zu verantworten hatte: Der Vordermann wähnte seinen Tormann nach 35 Minuten bei einem Rückpass von der Seitenauslinie zentral vor seinem Gehäuse, doch da war es bei dem recht harten Zuspiel schon zu spät. Luthe hatte sich seitlich versetzt rechts vom Pfosten angeboten und rutschte zu allem Überfluss aus - schon rollte die Kugel zum 2:1 für die Gastgeber ins eigene Tor. "Er hat ihn einfach zu gut getroffen", merkte Luthe mit leicht ironischem Unterton an.

Unions Trainer Urs Fischer ärgerte vielmehr das "naive Verhalten" in den nächsten sechs Minuten, "da kriegen wir gleich zwei weitere Tore - so geht's nicht." Andrichs Aussetzer sollte in dem spektakulären Schlagabtausch der vorentscheidende Wirkungstreffer sein, denn danach erhöhten die aufgedrehten Eintracht-Individualisten Filip Kostic und André Silva auf 3:1 (39.) und 4:1 (41.). Zuvor hatte Silva auf Kostic-Flanke bereits den Torreigen eröffnet (2.). Der abschluss- und spielstarke Portugiese Silva ist bei aktuell 21 Saisontreffern erfolgreicher unterwegs als die auf riesigen Bannern auf der Gegengerade abgebildeten Eintracht-Legenden Jürgen Grabowski oder Bernd Hölzenbein, die nie auf einen solchen Wert zu diesem Zeitpunkt kamen.

Frankfurt hat nun vier Punkte Vorsprung auf Dortmund

Es war nach drei sieglosen Partien der erste Dreier für die zuletzt leicht aus der Spur gekommenen Hessen, die mit einer angriffslustigen Vorstellung ihre Ambitionen auf die Champions-League-Ränge untermauerten. "Ich bin sehr happy, dass wir gegen die drittbeste Abwehrt der Liga gleich fünf Tore schießen, auch wenn sicher nicht alles Gold war, was geglänzt hat", sagte Eintracht-Trainer Adi Hütter. Herzstück seines Ensemble ist die angriffslustige Combo mit Silva (21 Tore/ 7 Vorlagen), Dampfmacher Kostic (4/12) und Einfädler Daichi Kamada (4/12), die damit zusammen bei 60 Scorerpunkten stehen - auch das ein Bestwert in der Frankfurter Historie.

Hütter, 51, kann mit der pragmatischen Grundausrichtung vieler seiner Kollegen im Geisterspielbetrieb wenig anfangen, schließlich will die Anhängerschaft am Fernsehschirm ja auch amüsiert werden. "Ich liebe den attraktiven Fußball. Mir ist ein 5:2 immer lieber als ein 1:0", sagte der Österreicher, der das schöne Resultat auch mit Blickrichtung auf das Duell bei Borussia Dortmund nach der Länderspielpause einordnete: "Wir sind vier Punkte vorne, Dortmund muss jetzt gegen uns gewinnen. Auch unsere Erwartungshaltung steigt." Sprich: Wer so eindrucksvoll siegt, darf auch verbal den Druck auf die Konkurrenz erhöhen.

"Wir haben die Tore zum richtigen Zeitpunkt gemacht. Union hatte viele und gute Chancen", gab Frankfurts Torhüter Kevin Trapp zu. "Das hätte definitiv anders ausgehen können." Letztlich verbuchten die Gäste 23:9 Torschüsse für sich, aber es war allein der gewiefte Max Kruse, der mit einem platzierten Flachschuss (7.) und einem Kopfball-Heber (45.+3) Trapp überwand.

Kruse haben nur 14 Saisoneinsätze nunmehr zu zehn Toren gereicht. Von derlei Effizienz waren seine Kollegen am Samstag weit entfernt, wobei der vorne wie hinten glücklose Antreiber Andrich im zweiten Durchgang die meisten Gelegenheiten vergab. Ehe er sich entkräftet aufs Grün legte, hatte der eingewechselte Timothy Chandler auf der Gegenseite in der Nachspielzeit das Tor zum 5:2-Endstand geschossen.

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