Bundesliga:Frankfurt feiert Kostic - aber zu früh

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Frankfurts Filip Kostic (rechts) jubelt nach seinem Tor zum 1:0 mit Martin Hinteregger. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Die Eintracht und Stuttgart trennen sich nach einer dramatischen Schlussphase 1:1. Für die Gastgeber trifft der begnadigte Filip Kostic - doch der VfB sorgt in Unterzahl für großen Frankfurter Frust.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Selbst den eingefleischten Anhängern von Eintracht Frankfurt kam diese Inszenierung fast schon zu kitschig vor. Aber die Fans konnten am Sonntagnachmittag im Frankfurter Stadtwald beim 1:1 (0:0) gegen den VfB Stuttgart ja gar nicht anders, als erst mal einen zu feiern, der ihnen zuletzt so viel Kummer bereitet hatte.

Ausgerechnet Filip Kostic, um den sich Grundsatzdebatten um Ehre und Anstand entsponnen hatten, weil er, einer der besten Vorlagengeber der Bundesliga, kurz vor Schließung des Transferfensters seinen Wechsel zu Lazio Rom erstreiken wollte - ausgerechnet Kostic also inszenierte mit seinem Führungstor nach seiner Einwechslung einen rührigen Akt der Versöhnung (79.).

Kostic inszeniert den Akt der Versöhnung

Doch für den ersehnten ersten Sieg im fünften Pflichtspiel unter Neu-Trainer Oliver Glasner reichte auch der Kostic-Kraftakt nicht, weil der nie aufsteckende Omar Marmoush noch den Ausgleichstreffer besorgte (88.) für die nach einer roten Karte gegen Waldemar Anton (82.) in Unterzahl spielenden Gäste. Glück hatten die Schwaben, dass der eingewechselte Rafael Borré nach Kostic-Vorlage nur die Lattenunterkante traf (90.+4).

"Wir sind enttäuscht über das Ergebnis. Meine Jungs haben viel investiert", sagte Glasner. "Ich habe keine Erklärung, warum wir am Ende in Überzahl dann so passiv sind." Auch Frankfurts Publikumsliebling Martin Hinteregger schob Frust: "Wir hätten klar als Sieger vom Platz gehen müssen. Es soll wohl gerade nicht sein."

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Die kriselnde Eintracht erlebt beim 1:1 gegen Stuttgart das ganze Spektrum an Gefühlen. Erst trifft der zuletzt umstrittene Kostic zur Führung, doch dann passiert ein Unglück.

Für den hadernden Abwehrhaudegen stand es außer Frage, den Rebellen Kostic wieder rasch zu integrieren: "Filip hat viel Schwung gebracht. Man hat wieder gesehen, wie wichtig er für uns ist." Wobei der österreichische Nationalspieler seinerseits die Kostic-Party mit einem unzureichenden Klärungsversuch vermasselte: "Ich war da involviert, den zweiten Ball muss ich besser wegköpfen", räumte Hinteregger zum Gegentreffer zerknirscht ein.

Tabellarisch tritt die sieglose Eintracht bei erst drei Zählern auf der Stelle. Über das wahre Leistungsvermögen dieser Mannschaft durften auch die 25 000 Zuschauer - Höchstzahl in Pandemie-Zeiten - weiterhin rätseln. Soll es in der Europa League wieder zu Frankfurter Festtagen kommen, brauchen die Hessen eine Leistungssteigerung: Am Donnerstag bereits erwarten sie den türkischen Spitzenklub Fenerbahce Istanbul mit dem deutschen Weltmeister Mesut Özil.

Die spannendste Frage hatte vor Anpfiff gelautet, wie Glasner mit Kostic verfahren würde, der das Punktspiel vor der Länderspielpause bei Arminia Bielefeld (1:1) geschwänzt hatte. In dieser Woche stellte der 28-Jährige dann klar, er habe gar nicht gestreikt, sondern sei "psychisch nicht leistungsbereit" gewesen. Zunächst saß der Serbe gegen den VfB auf der Bank, wobei Glasner das als Schutzmaßnahme für den Spieler verstanden haben wollte: "Die Tage sind nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Ich habe im Training gesehen, dass er belastet ist. Filip hatte auch die eine oder andere schlaflose Nacht wegen der Situation." Eine hohe Geldstrafe des Klubs hatte womöglich auch dazu beigetragen.

Als der Linksaußen dann nach knapp einer Stunde das festgefahrene Angriffsspiel beleben sollte, wurden Pfiffe vom Beifall übertönt - die Frankfurter Fangemeinde hat ihm die Abwanderungsgedanken überwiegend verziehen. Wie wichtig die Nummer Zehn bleibt, zeigte sich, als Kostic mit einem unhaltbaren Flachschuss in die lange Ecke die Führung besorgte. Eben noch fast vom Hof gejagt, nun auf Händen getragen - diese Metamorphose geht so schnell wohl nur im Fußball.

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Bis dahin hatten die Kollegen recht untaugliche Mittel unternommen, die gut organisierten Stuttgarter zu bespielen. Es fehlt im letzten Spieldrittel an vielem: an Präzision und Konsequenz, an Zielstrebigkeit und Tempo. Last-Minute-Erwerbung Sam Lammers, von Atalanta Bergamo geliehen, fand kaum Bindung zu seinen Mitspielern. Der Niederländer vergab seine einzigen Chancen bei seinem 70-minütigen Bundesliga-Debüt fast schon kläglich (41. und 61.).

Und weil der Däne Jesper Lindström und der Norweger Jens Petter Hauge auf den Außenbahnen zu naiv agierten, wirkte die Offensive lange arg limitiert. Erst mit der Kostic-Hereinnahme gewann das Frankfurter Vorwärtsspiel an altbekannter Dynamik, doch fürs Happy End sollte dessen pointierter Kurzeinsatz nicht reichen.

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