Die FIT/One Würzburg Baskets sind, nun ja, gerade alles andere als fit. Angesprochen auf das Frankenderby, das am Mittwochabend in der Bamberger Brose Arena stattfindet, stellt der erkältete Steffen Liebler am Telefon erst mal fest: „Es hat bei uns fast alle erwischt. Covid, Influenza, die ganze Bandbreite. Und natürlich noch die Verletzungssorgen der letzten Wochen. Unser wichtigstes Ziel heißt jetzt Gesundheit.“ Und dann schiebt der Würzburger Geschäftsführer noch schnell hinterher: „Wir wollen natürlich trotzdem das Derby in Bamberg gewinnen.“ Liebler weiß, dass man auch in Oberfranken ein paar verletzte Spieler zu beklagen hat und dass eine solche Krankheitswelle, so ungeplant und ärgerlich sie auch ist, nicht die „finale Erklärung“ für die aktuelle Würzburger Schwächephase in der Bundesliga (BBL) sein kann.
Eigentlich war die Mannschaft von Trainer Sasa Filipovski vielversprechend in die neue Saison gestartet: neun Siege, vier Niederlagen und ein sicherer Playoffplatz in der BBL, dazu der Gruppensieg in der Vorrunde der Champions League, der drittstärksten Liga im europäischen Basketball, und das als Newcomer. Es sah so aus, als würden die Würzburger ihre Erfolgsgeschichte aus der Vorsaison, in der sie das BBL-Halbfinale erreichten, unbeirrt weiterschreiben. Doch mit dem Muskelbündelriss von Kapitän Zac Seljaas, 27, Anfang Januar verloren sie ihren Flow: In der Defensive fehlte es häufig an Energie und im Angriff wurde das Würzburger Spiel so langsam, dass es bisweilen fast stockte. Einzig Jhivvan Jackson, 26, und seinen selbst kreierten Dreipunktwürfen ist es zu verdanken, dass die Baskets in der Champions League noch beste Chancen auf das Viertelfinale haben.
So gut es international trotz allem lief, die Doppelbelastung machte sich in der Bundesliga arg bemerkbar, als Würzburg die letzten fünf Spiele allesamt verlor. Inklusive des Heimspiels am vergangenen Sonntag gegen den Tabellennachbarn aus Rostock, als Seljaas zwar sein ersehntes Comeback feierte, am verdienten 97:93 Erfolg für die Seawolves aber nichts ändern konnte.
Und so finden sich die Würzburger am 21. Spieltag im Niemandsland der Tabelle wieder, nur einen Sieg vor den Baskets Bamberg entfernt. Deren Geschäftsführer Philipp Höhne erkennt die sportliche und wirtschaftliche Entwicklung des fränkischen Konkurrenten zwar an, aktuell will er von einer Erfolgsgeschichte aber nicht sprechen: „Die Leistung in der Champions League ist zweifelsohne gut. Allerdings sind auch schon einige andere deutsche Teams mindestens so weit gekommen, wie Bonn, Ludwigsburg oder auch Bayreuth. Ich habe das Gefühl, die Würzburger schwimmen gerade.“ Und Höhne hat nicht unrecht, wenn er davon spricht, dass man sich im Derby zum ersten Mal so richtig auf Augenhöhe begegne.
Bamberg war jahrelang enteilt, mittlerweile haben die Würzburger nicht nur finanziell aufgeholt
Denn sportlich war die Rivalität eigentlich nie spannend, dafür sind die Oberfranken all die Jahre einfach viel zu gut gewesen, mit sieben deutschen Meisterschaften und fünf Pokalsiegen. „Bamberg hat schon ein bissel mehr erreicht im Basketball als wir. So ehrlich muss man sein“, gibt Liebler zu. Wofür auch diese Zahlen stehen: 33 von insgesamt 43 Frankenderbys gingen nach Oberfranken, gerade in den 2010er-Jahren schoss Bamberg die bislang titellosen Würzburger mit dreißig, vierzig Punkten Unterschied aus der Halle, am liebsten daheim in „Freak City“. Aber seit der Autozulieferer Brose vor zwei Jahren vom Alleingesellschafter zum Bamberger Sponsor schrumpfte und bei Würzburg ein neues Gesellschafter-Team um den ehemaligen Bamberger Sportdirektor Wolfgang Heyder die Geschäfte übernahm, haben sich die beiden Standorte in ihren finanziellen und strukturellen Bedingungen immer weiter angenähert. Vergangene Saison gab es gar ein 65:104-Debakel der Bamberger in Würzburg.
Beide Klubs verfügen in dieser Spielzeit über ein Budget von gut sechs Millionen Euro (Bamberg 6,63 Millionen Euro, Würzburg: 6,31). Würzburg gibt ein wenig mehr Geld für den Kader aus, Bamberg zahlt mehr Hallenmiete, spielt dafür aber auch in einer wesentlich größeren und vor allem modernen Multifunktionsarena, mit Platz für 6150 Zuschauer. Die Würzburger hingegen spielen in der laut Bamberg-Geschäftsführer Höhne „nicht bundesligawürdigen“ Tectake Arena, die 3140 Fans Platz bietet, und über die Steffen Liebler sagt: „Die Werbeflächen und die Hospitality in unserer jetzigen Halle sind komplett ausvermarktet. Unser zukünftiges Entwicklungspotenzial hängt davon ab, wie schnell wir in die neue Multifunktionsarena können.“
Die allerdings muss erst noch gebaut werden, spätestens bis 2029, wenn alle Arenen in der Bundesliga über eine Kapazität von mindestens 4000 Plätzen verfügen müssen. Würzburg wiederum hat es geschafft, einen Namenssponsor zu finden, worauf man in Bamberg ein wenig neidisch ist. Und so geht es in diesem 43. Derby, das beide Teams gleichermaßen „unbedingt“ gewinnen wollen, schon mal um die Frage: Wer ist die aktuelle Nummer eins in Franken?