Karriere von Franck Ribéry:Zum Ende ein paar Tränen in Salerno

Er hat gemacht Schluss: Franck Ribéry sagt dem Fußball mit 39 Jahren Adieu. Als Spieler hat er sich Weltruhm erarbeitet, dabei kam er von ganz unten. Sein Leben in Bildern.

Von Jonas Beckenkamp und Sina Götz

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Quelle: AFP

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Wer die Karriere von Franck Ribéry beleuchtet, fängt am besten hier an: Der kleine Francky als Jugendkicker in Boulogne-sur-Mer in der nordfranzösischen Region Nord-Pas-de-Calais. Dort wuchs er zusammen mit drei Geschwistern in schwierigen Verhältnissen auf. Als er zwei Jahre alt war, erlitt er bei einem Autounfall schwere Schnittverletzungen im Gesicht, die Narben sind bis heute sichtbar. Ribéry wurde deshalb oft gehänselt und er wehrte sich teilweise wütend - manchmal gar mit Fäusten. Sein Talent mit dem Ball aber war genausowenig zu übersehen.

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Einen seiner ersten Spielerpässe unterschreibt der junge Franck am 30. Mai 1993 in Boulogne-sur-Mer. Nachdem er bereits als Zehnjähriger den Ball 400 Mal hochhalten kann, wechselt er im Alter von zwölf Jahren in die Jugend-Abteilung des OSC Lille. Nach vier Jahren muss er das Internat allerdings wieder verlassen. Grund sind laut Ribéry nicht die Probleme in der Schule, sondern ein ärtzliches Bulletin, das ihm eine körperlich retardierte Entwicklung bescheinigt.

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Nach seiner Zeit im Internat versucht sich Ribéry in unterklassigen Ligen bei US Boulogne, Olympique Alès und Stade Brest. Manchmal muss er abgewetzte Trikots mit Stehkragen anziehen. Das Gehalt, das er dort bekommt, reicht hinten und vorne nicht. Deswegen arbeitet er nebenbei auf dem Bau, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ein Malocher, der sich hocharbeitet.

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Im Alter von 21 Jahren schafft Ribéry den Sprung in eine Profimannschaft und unterschreibt beim FC Metz. Am 7. August 2004 gibt er gegen den FC Nantes sein Debüt in der französischen Ligue 1. Dort spielt er unter seinem Förderer Jean Fernandez eine hervorragende Hinrunde und ist bester Vorlagengeber. Er wird als der neue Robert Pires gehandelt. Lange bleibt er aber nicht. Die Vereinsbosse verweigern ihm eine Gehaltserhöhung, weil er in eine Schlägerei in einem Nachtklub verwickelt ist. Da kommt ein Angebot aus der Türkei gerade recht.

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Für fünf Millionen Euro holt Galatasaray den Franzosen im Januar 2005 an den Bosporus nach Istanbul, wo er sich einen Stammplatz erkämpft und den türkischen Pokal gewinnt. Nach einem halben Jahr ist aber auch hier schon wieder Schluss. Zu Beginn der Saison 2005/2006 sichert sich Olympique Marseille die Dienste Ribérys. Da er, wie er gegenüber der Presse erklärt, bereits seit Februar in Istanbul keinen Lohn erhalten habe, kann er den Vertrag auflösen und ablösefrei wechseln. Galatasaray leitet dagegen rechtliche Schritte ein und dementiert die Aussagen Ribérys. 2007 urteilt der Internationale Sportgerichtshof (CAS), dass der ablösefreie Wechsel rechtens war.

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2006 wird Ribery erstmals zur A-Nationalmannschaft eingeladen. Bei der WM in Deutschland wirbelt er an der Seite des französischen Altmeisters Zinédine Zidane. "Ribérys Sorglosigkeit und Frische beleben eine alternde Mannschaft", schreibt die Süddeutsche Zeitung. Im Finale in Berlin wird Ribéry in der 100. Minute durch David Trézéguet ersetzt, der als einziger im Elfmeterschießen nicht trifft und Italien so zum Weltmeister macht.

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In Marseille reift Ribéry rasch zum Führungsspieler und zieht über den UI-Cup in den UEFA-Pokal ein. Aufgrund seiner Schnelligkeit und Spielübersicht wird er zum Leistungsträger der Südfranzosen, was er nicht zuletzt seinem einstigen Förderer Jean Fernandez zu verdanken hat, den er hier wiedertrifft. Bei der WM wird er als eine der wenigen Entdeckungen des Turniers gefeiert, entsprechend stapeln sich die Angebote. Olympique Marseilles Sportdirektor teilt allerdings unmissverständlich mit, man werde Ribéry "um keinen Preis verkaufen".

Für Bayern-Boss Uli Hoeneß ist das noch kein Grund, sich nicht um ihn zu bemühen. Er schafft's, seinen Wunschspieler 2007 zum FC Bayern zu holen. Mit geschätzten 25 Millionen Euro ist er damals der teuerste Transfer der Bundesliga- Geschichte.

Meisterfeier des FC Bayern

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Gleich in seiner ersten Saison unter Ottmar Hitzfeld gewinnt Ribéry mit den Bayern die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal. Am Ende der Saison wird er zum Fußballer des Jahres in Deutschland und Frankreich gewählt. Es läuft gut für den Filou und seine Bayern, der Klub und der Franzose, das passt. Nur mit Louis van Gaal, der 2009 Bayern-Trainer wird, ist das Verhältnis unterkühlt. ''Es ist das erste Mal, dass mein Kontakt zu einem Trainer nicht positiv ist", sagt Ribéry damals. Und doch holen sie zusammen Meisterschaft und DFB-Pokal. Doch es zeigt sich: Nicht jeder kommt mit dem Spaßvogel und Hitzkopf Ribéry zu Recht.

In Marseille sperrte er einst Mannschaftskameraden in die Sauna ein. Bei den Bayern vertauscht er die Schuhe von Mitspielern, schmiert Zahnpasta auf Türklinken oder schüttet beim Essen Salz ins Wasserglas. Ribéry ist immer für einen derben Spaß zu habe, er gefällt sich als ewiger Kindskopf.

Franck Ribery

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Privat wirkt es zunächst so, als sei er ein zufriedener Ehemann. Ribéry ist mit Wahiba Belhami verheiratet, für die Algerierin konvertierte er zum Islam, sein muslimischer Name lautet Bilal Yusuf Mohammed. Die beiden haben bis heute vier Kinder. Doch nicht immer verläuft die Partnerschaft harmonisch. 2010 wird bekannt, dass Ribéry ein Jahr zuvor einen Abend mit einer damals minderjährigen Gelegenheitsprostituierten verbracht hat. Er bestätigt den Kontakt, betont aber, ihr tatsächliches Alter nicht gekannt zu haben. Zudem behauptet Ribéry, für den Sex mit ihr nicht bezahlt zu haben. Er habe ihr lediglich ein Taschengeld in Höhe von 100 Euro gegeben sowie Flug und Unterkunft bezahlt. In Frankreich folgte ein aufsehenerregender Prozess, der den Fußballer viel Renommee kostete. 2014 wurde er schließlich freigesprochen, weil man ihm nicht nachweisen konnte, das Alter der jungen Frau gekannt zu haben.

Dass sich der FC Bayern in dieser Affäre schützend vor Ribéry stellte und ihn gegen alle Angriffe verteidigte, dürfte ein Grund dafür gewesen sein, dass der Franzose keinen Wechsel nach Spanien durchdrückte - sondern in München blieb. Mit Präsident Uli Hoeneß, der ihn stets verteidigte, verbindet ihn eine Art Vater-Sohn-Beziehung.

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Es folgen sportlich schwere Momente: Bei der WM 2010 in Südafrika scheidet die Équipe Tricolore ohne Sieg und mit nur einem geschossenen Tor als Gruppenletzter aus. Ribéry beteiligt sich als stellvertretender Kapitän an der öffentlichen Trainerkritik einiger Kollegen, es kommt zur öffentlichen Meuterei beim Training vor laufenden Kameras. Dafür wird er von der Disziplinarkommission des französischen Verbands für drei Länderspiele aus der Nationalmannschaft ausgeschlossen. Ribéry tut sein Unverständnis kund, gleichzeitig will er aber weiterhin für Frankreich spielen. In seinem Heimatland hat Ribérys Ansehen wegen der Angelegenheit arg gelitten, Fans pfeifen ihn aus, Leitartikel-Schreiber kritisieren ihn. "Ich bin sensibel und das hat mich berührt", so der Gescholtene.

Coach of Bayern Munich Heynckes hugs Ribery after substitution during their Champions League Group A soccer match against Manchester City in Munich

Quelle: REUTERS

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In München dagegen liebten sie ihn bislang immer - und zwar fast alle. Wie einen Ziehsohn betrachtet ihn auch Jupp Heynckes, der Nachfolger von Louis van Gaal. Unter ihm erlebt München wieder den wahren Ribéry, er dribbelt, kreiselt und lacht. "Er redet viel mit uns, der Kontakt ist gut, mein Kopf ist locker und frei", schwärmt der Franzose über Heynckes. Und Hoeneß ist überzeugt: "Unter Heynckes werden wir einen großen Ribéry sehen." Er sollte Recht behalten.

Borussia Dortmund v FC Bayern Muenchen - UEFA Champions League Final

Quelle: Getty Images

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Und dann folgte sein allergrößter Erfolg: Die Saison 2012/13 ist die beste in der Karriere Ribérys. Neben dem erneuten Gewinn des Doubles aus Meisterschaft und Pokal gewinnen die Bayern unter Jupp Heynckes auch den Titel in der Champions League. Mit 13 Toren und 27 Torvorlagen in 52 Pflichtspielen in einem Jahr hat Ribéry erheblichen Anteil an der glamourösen Ausbeute. Am Ende darf er sogar zur Wahl des Weltfußballers, bei der er Dritter wird - Cristiano Ronaldo und Lionel Messi sind einfach präsenter mit ihren Sponsoren und Internetauftritten. Immerhin: Ihm bleibt der Titel "Europas Fußballer des Jahres".

Bayern München - Borussia Dortmund

Quelle: Peter Kneffel/dpa

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Auch in den folgenden Jahren sammelt er weiter mit den Bayern Titel. In der Saison 14/15 und den zwei anschließenden Spielzeiten gewinnt Ribéry mit den Münchnern dreimal die deutsche Meisterschaft und holt den DFB-Pokal. Im Pokalwettbewerb liefert sich der Rekordmeister packende Duelle mit Dauerrivale Borussia Dortmund. Zweimal ist allerdings auch für Ribéry gegen den BVB im Halbfinale Schluss. In der Saison 15/16 schießt Douglas Costa im Elfmeterschießen die Bayern zum Poaklsieg.

Doch nach dem Finale bestimmt auch Ribéry die Schlagzeilen. Wieder einmal verliert der Franzose die Nerven. Nach einem Tritt in der 40. Minute von BVB-Spieler Julian Weigl kontert Ribéry mit einem Ellbogen-Check. Gonzalo Castro spielt den Beschützer, kommt seinem Mitspieler zu Hilfe und rempelt den Bayern-Profi an. Ribery hat derweil schon längst in den Angriffsmodus geschalten und bohrt seinem Kontrahenten seinen Finger ins linke Auge. Beide Spieler kommen mit Gelb davon. Wie so oft bleibt dem Heißsporn der Platzverweis erspart - die Branche debattiert zum wiederholten Mal über einen seiner vielen Ausraster.

Ribéry und Robben

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2018 geht es auf die Zielgerade in München. Ribéry ist mittlerweile 35, die Bayern wollen endlich den Umbruch ihrer gealterten Mannschaft, aber so ganz kommt man nicht voneinander los. Zusammen mit seinem Flügelpendant Arjen Robben ist der Franzose im November für einen Bambi in der Kategorie ''Sport'' nominiert. Doch das Komitee entscheidet sich nach einem weiteren Vorfall gegen die Vergabe des Preises an "Robbery". Nach dem 2:3 gegen Dortmund ohrfeigt Ribéry den französischen TV-Experten Patrick Goullou. Dieser hatte ihn während des Spiels öffentlich kritisiert. Nur wenige Monate früher soll er bereits auf einen Fotografen losgegangen sein. Doch dass man Ribéry fußballerisch noch nicht abschreiben darf, zeigt er im Dezember.

Eintracht Frankfurt - Bayern München

Quelle: dpa

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Im letzten Bundesligaspiel der Hinrunde schießt er mit zwei Toren die Bayern gegen Pokalsieger Frankfurt zum Sieg. Seinen guten Aufritt feiert er auf Twitter mit Jubelbildern und dem Text: "Giving the critics something to think about during the break''. Ein deutlicher Seitenhieb - und ein Wink, was noch kommen sollte, denn: Ribéry und sein Social-Media-Auftritt, das geht nicht immer gut. Kritiker gibt es weiterhin viele. Der Franzose ist mittlerweile anfällig für Verletzungen, er dribbelt auch nicht mehr in jedem Spiel so energetisch los wie früher. Dass er noch einmal einen neuen Vertrag bei den Bayern bekommt, glaubt kaum jemand.

Seine Weihnachtsferien verbringt er - wie viele andere Fußballprofis - in der Sonne Dubais. Dort verspeist er bei dem wohl berühmtesten Instagram-Koch Nusret Gökçe alias ''Salt Bae'' ein vergoldetes Steak und postet ein Foto davon anschließend auf Instagram. Ein Shitstorm - insbesondere aus Frankreich - ist die Folge. Man wirft ihm Abgehobenheit und fehlende Reife vor. Daraufhin beleidigt Ribéry wortreich und vulgär all seine Hater, Gegner und deren Familien-Stammbäume.

FC Bayern Muenchen v Hannover 96 - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

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In der Rückrunde 2019 verpasst Ribéry verletzt einige Spiele, kommt sonst oft nur zu Kurzeinsätzen. Sein erstes Rückrunden-Tor gelingt ihm Anfang Mai gegen Hannover, nach einer Einwechslung für Serge Gnabry. Am darauffolgenden Tag gibt der FC Bayern offiziell etwas bekannt, was keine riesige Neuigkeit mehr ist: Mit 36 verlässt Ribéry die Münchner und wechselt nach Italien.

ACF Fiorentina v Brescia Calcio - Serie A

Quelle: Getty Images

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Zunächst versucht er, bei der Fiorentina weiterzukreiseln, wo er insgesamt zwei Jahre verbringt. Sein Körper bleibt sein größtes Problem, immer wieder fällt er verletzt aus. Auch eine Auseinandersetzung mit einem Linienrichter hält ihn zeitweise vom Spielbetrieb ab - sein Temperament bringt ihm erneut eine Sperre ein. Eine Operation am Knöchel kostet ihn ebenfalls einige Spiele, am Ende schafft er 51 Einsätze, fünf Treffer und zehn Vorlagen.

Salernitana v Spezia Calcio - Serie A

Quelle: Getty Images

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2021 wechselt er ein letztes Mal den Klub, bei US Salernitana absolviert er 26 Partien, ein Treffer gelingt ihm im Süden Italiens aber nicht mehr. Es deutet sich an, dass seine Fitness endgültig nicht mehr ausreicht. Im Sommer 2022 fehlt er mehrere Wochen, Ribéry ist inzwischen 39, das Knie schmerzt, so bekommt in der laufenden Spielzeit nur noch einen Kurzeinsatz im August gegen AS Rom und seinen Abschiedsauftritt am vergangenen Wochenenende gegen La Spezia. Es sind seine allerletzten Minuten im Profifußball, dann heißt es bei ihm unter Tränen: Er hat gemacht Schluss!

© SZ.de/jbe/stein/chge
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