Fragen und Antworten zum Fall Manchester:Mit neuer Härte gegen die Millionen-Tricksereien

Erster Ausschluss eines reichen Großvereins und weitere drohende Strafen - zentrale Fragen und Antworten.

Von Johannes Aumüller und Martin Schneider

Manchester City: Leroy Sané und Kevin De Bruyne

Juwele des ManCity-Kaders: der deutsche Nationalspieler Leroy Sané (links) und der frühere Wolfsburger Kevin De Bruyne.

(Foto: David Blunsden/imago)

Der europäische Fußballverband Uefa hat Englands Meister Manchester City wegen Verstößen gegen die Regeln des Financial-Fairplay-Programms für zwei Jahre - beginnend zur Saison 2020/21 - aus der Champions League ausgeschlossen. Die zentralen Fragen und Antworten zum Fall:

Wie funktioniert das "Financial Fairplay" (FFP) der Uefa?

Die Regeln sollen Vereine an Überschuldung und zügellosem Geldausgeben hindern und die Zuschüsse von privaten Investoren bzw. Klubbesitzern begrenzen. Das FFP gilt seit 2011 und schreibt vor, dass Klubs nicht mehr Geld ausgeben dürfen als sie einnehmen, gerechnet wird über einen Zeitraum von drei Jahren. Ein Investor/Mäzen - wie zum Beispiel bei Manchester City der Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan aus Abu Dhabi - darf innerhalb dieses Zeitraums lediglich Verluste von maximal 30 Millionen Euro ausgleichen. Zu hohe Transferdefizite in einer Saison können innerhalb der zwei folgenden Jahre aufgefangen werden. Zudem sind Zuwendungen von Sponsoren nur in "verhältnismäßiger" und marktgerechter Höhe erlaubt. Ausgaben für Infrastruktur, Jugend- und Frauenfußball können Klubs ohne Auswirkungen auf das FFP vornehmen.

Warum wurde Man City verurteilt?

Formal zuständig für die Prüfung ist eine unabhängige Kommission namens CFCB, die in eine ermittelnde und eine rechtsprechende Kammer geteilt ist. Diese erklärte am Freitagabend, dass gemäß der ihr vorliegenden Beweise Manchester City im Zeitraum zwischen 2012 und 2016 Sponsoreneinnahmen in der Bilanz überbewertet habe. Zudem habe es der Klub versäumt, bei den Ermittlungen zu kooperieren. Genauere Angaben zu den Argumenten für den Ausschluss will das Gremium erst machen, wenn der Internationale Sportgerichtshof (Cas) den Fall geprüft hat.

Laut der FFP-Bestimmungen kann zum Beispiel ein Trikotsponsoring nicht einfach auf eine x-beliebig hohe Summer taxiert werden, die weit über die branchenüblichen Tarife hinausgeht. Und es ist ebenfalls ein verbotener Umgehungs-Trick, wenn hohe Summen angeblich von Sponsoren kommen, die in Wahrheit eng mit dem Klubbesitzer verflochten sind. Denn dadurch kann dieser viel mehr Geld in seinen Verein pumpen, als es ihm das FFP in seiner Rolle als Investor gestattet.

Eine solche Konstellation soll bei Manchester City etwa beim Deal mit der Fluglinie Etihad vorgelegen haben, wie 2018 veröffentlichte Dokumente aus dem Football-Leaks-Projekt nahelegten. Von 80 Millionen Euro für den Klub sollen nur zehn Prozent tatsächlich von der Fluglinie stammen, die genau wie der Klub der Herrscherfamilie aus Abu Dhabi gehört. Via Sponsorenvertrag sollen die Scheichs dem Klub unzulässig viel Geld zugeschossen haben. City bestritt Fehlverhalten stets und beteuerte, die Informationen seien falsch und aus dem Kontext gerissen.

Kommt das Urteil überraschend?

Viele Jahre führte das Financial Fairplay nur für kleinere und mittlere Vereine zu harten Konsequenzen wie dem Ausschluss aus den Wettbewerben. Bei richtig großen Klubs wie Manchester City oder dem aus Katar alimentierten Paris Saint-Germain griff es hingegen kaum. Beide Vereine erhielten 2014 lediglich Geldstrafen in Höhe von 60 Millionen Euro, die später zudem noch reduziert wurden.

Kritiker monierten daher stets, dass das FFP keinen Sinn ergebe, wenn die Regeln nicht konsequent angewendet würden. Und dass die Uefa es sich nicht wagen würde, auch mal ein lukratives und einflussreiches Zugpferd der Champions League aus dem Wettbewerb zu werfen. Doch seit einiger Zeit wird anders mit Verstößen umgegangen. Kürzlich war bereits der ruhmreiche AC Mailand für ein Jahr für die zweitklassige Europa League gesperrt worden.

Bleibt es bei der Zwei-Jahres-Sperre?

Das ist die große Frage. Manchester City hat angekündigt, unverzüglich vors Internationale Sportgericht Cas in Lausanne zu ziehen. Neben den inhaltlichen Fragen dürfte es dabei eine Strategie von ManCity werden, der Uefa und den zuständigen Gremien Voreingenommenheit vorzuwerfen. Dies ergab sich aus einem ersten Statement des Klubs, in dem er darauf verwies, dass der belgische Chefermittler einen Ausschluss schon früh als Option bezeichnete. Es ist allerdings fraglich, ob das als Argument zieht, denn den Ausschluss als mögliche Sanktion zu nennen, ist ja lediglich eine Wiedergabe der Regularien. Jedoch ist es aufgrund der üblichen Verfahrensdauer kaum vorstellbar, dass das Sportgericht bis zum Start der nächsten Champions-League-Saison zu einem Urteil kommt; also könnte es noch weitere juristische Wendungen oder Eilverfahren geben.

Manchester City hatte bereits im November den Cas angerufen, um die laufenden Ermittlungen zu stoppen - ohne Erfolg. Paris Saint-Germain dagegen, dem aufgrund der Zuwendungen aus Katar ähnlich konstruierte Verstöße gegen das FFP vorgeworfen werden, war mit einer Klage beim Sportgerichtshof erfolgreich: Wegen eines Formfehlers musste die Uefa Ermittlungen im März 2019 einstellen.

Droht City weiterer Ärger?

Ja. Auch der englische Verband FA ermittelt gegen den Klub und steht angesichts des Uefa-Urteils unter Druck. Verschiedene englische Medien berichteten bereits von der Möglichkeit, dass sogar der Entzug des Meistertitels von 2014 drohe. Doch das gilt aus sportjuristischer Perspektive als quasi unvorstellbar. Unabhängig von der unklaren sportlichen Perspektive würden City durch das doppelte Verpassen der Champions League Einnahmen von geschätzt 180 Millionen Euro entgehen. Hinzu kommen zu erwartende Ausfälle von Sponsoreinnahmen aufgrund des Imageverlusts des Vereins.

Was passiert mit Manchester Citys Champions-League-Startplatz?

Da die Strafe nicht die Premier League trifft und City die Saison sehr wahrscheinlich auf einem der vorderen vier Plätze abschließt, würde wohl bei einer Bestätigung des Urteils der Tabellenfünfte in die Königsklasse nachrücken.

Was bedeutet das Urteil für die Zukunft des FFP?

Die Uefa und die zuständige Prüfkommission wollen offenkundig beweisen, dass sie gewillt sind, das gültige Regelwerk wirklich konsequent umzusetzen - auch gegen Großklubs. Allerdings gibt es unabhängig von diesem Verfahren und der Strafe gegen Manchester City auch generelle Kritik an der Konstruktion des FFP. Nach Ansicht mancher Juristen verstößt es gegen europäisches Recht; zudem beinhaltet es bei seinem Versuch, den Wettbewerb gerechter zu gestalten, auch eine Wettbewerbsverzerrung. Denn es bevorzugt Klub wie zum Beispiel Real Madrid oder den FC Barcelona, die ihre gigantischen Investitionen in den Zeiten tätigten, in denen noch keine Einnahmen-Ausgaben-Regeln gültig waren - und zementiert somit auch die bestehenden Verhältnisse im internationalen Fußball.

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