Man kann mit Klaus Allofs lebhaft darüber diskutieren, in welcher Liga nächste Saison eigentlich mehr attraktive Kontrahenten spielen. Aber das ist für den Sportvorstand des Zweitliga-Dritten Fortuna Düsseldorf letztlich nicht das entscheidende Kriterium. Mag ja sein, dass ein Spiel gegen den 1. FC Köln attraktiver klingt als gegen Holstein Kiel; dass sich mehr Fortuna-Fans für eine Partie gegen Schalke erwärmen könnten als gegen Heidenheim; und dass ein Spiel gegen den Hamburger SV mehr Menschen anlocken würde als gegen Augsburg. Allofs, 67, weiß selbst, dass die zweite Liga in der nächsten Saison höchst attraktiv sein wird - mit weiteren Zuschauer lockenden Gegnern wie Hertha, Kaiserslautern, Hannover oder Nürnberg. Aber die Sehnsucht nach der Bundesliga ist nun mal sehr viel größer.
Gefühlt die ganze Stadt mit ihren etwa 656 000 Menschen wünscht sich für das Relegationshinspiel an diesem Donnerstag beim Bundesliga-Drittletzten VfL Bochum sowie für das Rückspiel am Montag in Düsseldorf (jeweils 20.30 Uhr bei Sat 1 und Sky) nach vier Jahren Abstinenz die Rückkehr in die Bundesliga. "Wir sind Sportler", sagt Allofs, "wir wollen den maximalen Erfolg, wir wollen uns mit den Besten messen."
Die kontinuierlich steigende Attraktivität der zweiten Liga wäre allenfalls ein Trostpflaster, falls der Aufstieg nicht klappt. Allofs sagt: "Die Entwicklung der zweiten Liga, die Dichte an Traditionsklubs, die großen und oft ausverkauften Stadien, die Spannung - all das ist mittlerweile gar nicht mehr so weit weg von der Bundesliga." Aber man kann diese kleine Zweitliga-Schwärmerei vor der Relegation vielleicht auch so interpretieren, dass er die Bochumer vorsorglich ein bisschen trösten will. Die Düsseldorfer wollen in die Bundesliga und müssten damit zugleich den Ruhrpottklub aus dem nur 50 Kilometer entfernten Bochum in die zweite Liga verbannen. "Wer wohnt schon in Düsseldorf!", heißt es spöttisch in Herbert Grönemeyers Bochum-Lied - aber unter mangelndem Selbstbewusstsein hat man in der NRW-Hauptstadt noch nie gelitten.
Die TV-Gelder allein könnten für Düsseldorf in der Bundesliga 20 bis 25 Millionen Euro Mehreinnahmen ausmachen
Das gilt dieser Tage auch für die Fußballer. Die Fortuna hat ihren Saisonendspurt mit 14 Spielen ohne Niederlage nicht hingelegt, um jetzt in der Relegation zu scheitern. Spieler wie der Toptorschütze Christos Tzolis (22 Treffer), der Vorlagenkönig Shinta Appelkamp (zehn Assists), der Topsprinter Dennis Jastrzembski (35,93 km/h), der Zweikampfsportler Yannik Engelhardt, der Flankengott Nicolas Gavory, der japanische Nationalspieler Ao Tanaka, die Abwehr-Ikone Matthias Zimmermann oder auch der Torhüter Florian Kastenmeier sind unter der Führung des Trainers Daniel Thioune nicht nur willens, sondern womöglich sogar in der Lage, die angeschlagen wirkenden Bochumer zu besiegen. Ein nicht ganz unwichtiges Argument für den Aufstieg fällt Allofs auch noch ein: "die TV-Gelder". Allein die könnten für Düsseldorf in der Bundesliga geschätzt 20 bis 25 Millionen Euro Mehreinnahmen ausmachen.
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Geld spielt natürlich eine Rolle bei Fortunas Ansinnen, die Lücke zur deutschen Fußballspitze wieder ein wenig zu schließen. Als der gebürtige Düsseldorfer Allofs von 1975 bis 1981 selbst für die Fortuna aktiv war, spielte er mit ihr durchgängig in der Bundesliga und gewann zweimal den DFB-Pokal. "Damals hatte die Fortuna tolle Erfolge", erinnert er sich, "und trotzdem war es schwierig, das alte Rheinstadion mit seinen 70 000 Plätzen auch nur annähernd voll zu bekommen." Heute sei die Begeisterung in der Stadt größer. Einen Zuschauerschnitt wie die knapp 40 000 in dieser Saison hatte die Fortuna in der zweiten Liga noch nie. Besser war er überhaupt nur zwei Mal in der Bundesliga. "Der Fußball und die Fortuna spielen heute eine größere Rolle im Leben der Menschen", beobachtet Allofs.
Mindestens vier von Sponsoren finanzierte Gratis-Spiele im vollen Stadion soll es nächste Saison geben - unabhängig von der Liga
Fortführen würden die Düsseldorfer auch in der Bundesliga ihr Projekt "Fortuna für alle", bei dem Sponsoren die Kosten für sämtliche Tickets einzelner Spiele übernehmen und Fans sich für die unentgeltlichen Eintrittskarten im Internet bewerben können. Drei Gratis-Spiele im vollen Stadion waren das in der vergangenen Saison, mindestens vier sollen es in der kommenden Saison werden - unabhängig von der Ligazugehörigkeit.
Mögliche höhere TV-Einnahmen wären kein Argument, das Projekt auszusetzen, sagt Allofs, "denn unser Ansatz ist ja ein Schulterschluss der Stadt, der Fortuna und ihrer Partner zum Wohle der Zuschauer, um auch jenen Menschen, die sich sonst keinen Stadionbesuch leisten könnten, die Möglichkeit zu geben, unsere Spiele zu erleben". Allofs sähe in der Bundesliga vielmehr sogar die Chance, weitere Partner für dieses Projekt zu begeistern.
Gerade mal drei Spielzeiten (2012/13 und 2018 bis 2020) hat Düsseldorf in den vergangenen 27 Jahren in der Bundesliga gespielt. Ein neuerlicher Aufstieg, warnt Allofs, "würde nicht gleich den Übergang in eine andere Welt bedeuten, in eine neue Dimension". Erst mit ein paar Jahren Bundesliga am Stück könne man auch wirtschaftlich das nächste Level erreichen. Die 16 Jahre von 1971 bis 1987 waren die längste Zeit, die Düsseldorf mal am Stück in der Bundesliga gespielt hat. Allofs hat einen Teil davon als Fußballer mitgestaltet. Es könnte sich ein Kreis schließen, sollte ihm dies auch als Manager gelingen.