Formkrise der DFB-Elf:Jederzeit in den Turniermodus schalten

Germany v Georgia - EURO 2016 Qualifier

Gedaddelt, aber gewonnen: Die DFB-Auswahl bejubelt Max Kruses (vorne, in der Mitte) Tor gegen Georgien.

(Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Gut, der Weltmeister hat zuletzt die Beine baumeln lassen. Doch wenn es ernst wird, kann die DFB-Elf das Tempo verschärfen. Das hat sie bewiesen.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Das Kopfsteinpflaster im Norden, das raue Seeklima in der Bretagne, Fernweh weckende Hafenstädte wie Le Havre, die romantischen Schlösser an der Loire - über weite Strecken ist die Tour die France eine Panoramafahrt. Eine Reise durch den Tourismus-Prospekt. Bis es ernst wird, bis die Berge kommen: die Pyrenäen, die Alpen, Ankünfte auf dem Plateau de Beille, in Alpe d'Huez, immer mal wieder diese extremen Strapazen am Col du Galibier. Kein Radprofi tritt bei der Tour ständig voll durch, selbst der nicht, der den skrupellosesten Arzt kennt. Jeder Athlet braucht mal eine Pause. Lässt es austrudeln, lässt die Beine baumeln.

Die genaue Streckenführung der Tour 2016 ist noch nicht bekannt, gestartet wird im Nordosten Frankreichs, im Département Manche, am 2. Juli. Es wird ein bisschen eng werden im Sportland Frankreich, denn an jenem Wochenende spielen die Fußballer dort das Viertelfinale ihrer EM aus.

Qualitätssiegel "Turniermannschaft"

Spätestens dann wird es ernst, wird die quälende Qualifikation zum Turnier vergessen sein, in der die Deutschen touristisch interessante Gegner wie Gibraltar oder Georgien kennenlernten. Gegen die sie Torchancen verschwendeten wie selten eine Elf zuvor. Ausgehend aber von der historischen - und unlängst bei der WM in Brasilien bestätigten - Erfahrung, dass eine deutsche Elf das Qualitätssiegel der "Turniermannschaft" trägt, sollte die Auswahl von Joachim Löw noch im Rennen sein, sobald 2016 der EM-Gipfel lockt.

Gut, diese Mannschaft ließ jüngst die Beine baumeln. Gut, der Bundestrainer ließ ein bisschen lange Leine, er hat gewiss nicht so konsequent gecoacht, wie er es in einem großen Turnier tun würde. Dass Löw allerdings eine Tempoverschärfung anordnen kann, sobald das Ziel näher rückt, hat er in Brasilien bewiesen. In den Monaten seit der WM hat der Bundestrainer nun versucht, seine romantische Idee vom schönen Spiel zu behaupten, da ist er sturer Ideologe. Dass aber das schöne Spiel ohne Tore als brotlose Kunst begriffen wird, wurde spätestens im Daddel-Doppel gegen Irland (0:1) und Georgien (2:1) deutlich.

Die Weltmeister sind gerade in einer schwierigen Phase, sie spielen beim Fanvolk jedoch noch immer auf Kredit. Bei der Tour de France würden sie es so sagen: Die EM-Qualifikation war eine Überführungsetappe, bevor es demnächst wieder hinauf in die Alpen geht.

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