Formel 1: Zehn Zylinder:"Ich dachte, das Feuer geht wieder aus"

Nick Heidfeld flüchtet aus seinem brennenden Auto, Jenson Button wird größenwahnsinnig, Sebastian Vettel agiert als Hellseher. Und Michael Schumacher? Der führt endlich mal wieder ein Formel-1-Rennen an. Die Formel-1-Kolumne.

Carsten Eberts

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Formel 1: Zehn Zylinder:Jenson Button

Formula One Grand Prix of Hungary

Quelle: dpa

Nick Heidfeld flüchtet aus einem brennenden Auto, Jenson Button wird größenwahnsinnig, Sebastian Vettel agiert als Hellseher. Und Michael Schumacher? Der führt endlich mal wieder ein Formel-1-Rennen an. Die Formel-1-Kolumne.

Von Carsten Eberts

Musste bereits vor dem Start eine fiese Attacke hinnehmen: Ein Hacker hatte sich an Buttons Homepage vergriffen und gemeldet, der Brite befinde sich nach "einem schweren Unfall in einem kritischen Zustand". Button meldete sich am Hungaroring trotzdem putzmunter zur Arbeit, schickte dem Bösewicht hinterher: "Der Kerl, der das gemacht hat, hatte wohl Samstagabend keine besseren Angebote und blieb deswegen zu Hause, statt sich ein paar Freunde zu suchen." Im Rennen dann betont cool, sogar der einzige Fahrer, der keinen nennenswerten Fehler machte. Hüpfte nach der Zieldurchfahrt über die Boxenmauer und holte sich von Freundin Jessica Michibata ein Küsschen ab. Schrie durch den Boxenfunk: "Ein unglaubliches Wochenende. Jetzt gewinnen wir jedes Rennen." Ein wenig größenwahnsinnig, aber: Sebastian Vettel wird es registriert haben.

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Formel 1: Zehn Zylinder:Sebastian Vettel

Vettel: 'Gefuehl eines Sieges ist unersetzbar'

Quelle: dapd

Nein, dieses Rennen lief für Sebastian Vettel nicht nach Plan. Schon wieder nicht, zum zweiten Mal hintereinander nach dem Nürburgring. Vettel gewann in Budapest zwar den Start, wehrte sich fünf Runden lang gegen Lewis Hamilton - und musste ihn ziehen lassen. Wehrte sich dann gegen Jenson Button, rutschte in einer Kurve weit nach außen - und musste ihn ziehen lassen. Verlor anschließend innerhalb einer Runde drei Sekunden auf Hamilton, was ungefähr so schlimm ist, wie wenn Niki Lauda Vettels hessischen Dialekt imitiert. Wurde am Ende wie durch ein Wunder trotzdem Zweiter. Sagte auf der Pressekonferenz: "Wir haben nicht mehr das schnellste Auto. Unser Ziel kann nicht sein, einfach nur Punkte zu holen. Das geht langfristig nach hinten los" - trotz 85 WM-Punkten Vorsprung auf Mark Webber. Das findet auch Niki Lauda, der sagt: "Die WM ist erst gewonnen, wenn Sie gewonnen ist." Egal, ob auf hessisch oder österreichisch: Diesen Satz darf nur Sylvester Stallone sagen.

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Formel 1: Zehn Zylinder:Fernando Alonso

Formula One Grand Prix of Hungary

Quelle: dpa

Überholte in der Anfangsphase erst Michael Schumacher, dann Felipe Massa. Gewann mit dieser verdienstvollen Taktik jedoch letztendlich keine Plätze, weil er seinen bockigen Ferrari nur schwer bändigen konnte und immer wieder neben der Strecke landete. Da fuhren die anderen wieder vorbei, erst Schumacher, dann Massa. Alonso rutschte und schlitterte weiter, drehte sich zehn Runden vor Schluss letztmalig von der Strecke, profitierte jedoch von Hamiltons Durchfahrtsstrafe. Wurde am Ende tatsächlich Dritter, was eigentlich niemand so recht verstand. Freute sich bei der Siegerehrung sogar über das bronzene Pokal-Tier, das nur mit richtig gutem Willen als ungarischer Löwe durchgeht.

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Formel 1: Zehn Zylinder:Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Hungary - Race

Quelle: Getty Images

Fuhr rasant los, schluckte Jenson Button, griff dann Sebastian Vettel an, schluckte auch den Weltmeister. Hätte das Rennen wohl locker gewonnen, wäre da nicht dieser Dreher gewesen: Hamilton stand plötzlich quer auf der Strecke, drehte sich ebenso schwungvoll wie unwirsch wieder zurück, auf nasser Strecke, mitten im Verkehr. Räumte dabei nur mit Glück keine anderen Fahrzeuge ab, besonders knapp war es bei Paul di Resta. Wurde folgerichtig zu einer Durchfahrtsstrafe verurteilt, fiel sogar hinter Fernando Alonso und Mark Webber zurück. Schnappte sich Webber noch und kam als Vierter ins Ziel. Wie sagte Vettel hellseherisch vor dem Rennen? "Wenn man zu aggressiv ist, segelt man am Ziel vorbei." Gemeint war tatsächlich Hamilton.

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Formel 1: Zehn Zylinder:Mark Webber

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Quelle: AFP

Der Vorjahressieger - diesmal jedoch mit genauso viel Glück wie bei allen anderen Rennen dieser Saison. Fuhr dasselbe Auto wie Vettel, mit denselben Reifen und ähnlicher Abstimmung. Hatte deshalb auch dieselben Probleme wie sein Teamkollege, nur auf niedrigerem Niveau: zwischen den Plätzen drei und fünf, gegen Fernando Alonso und Lewis Hamilton. Webber verlor am Ende alle entscheidenden Duelle, wurde Fünfter, hat in der Gesamtwertung (als Zweiter) nur noch drei Punkte Vorsprung auf Lewis Hamilton. Motzte nach dem Rennen ausnahmsweise nicht über seine untergeordnete Position im Team.

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Formel 1: Zehn Zylinder:Michael Schumacher

Formula One Grand Prix of Hungary

Quelle: dpa

Ätzte vor dem Rennen gegen sein eigenes Team: "Wir sind einfach viel zu langsam." Könnte dabei aber auch sich selbst im majestätischen Plural gemeint haben. Fuhr beim Start zur allseitigen Überraschung auf Rang fünf vor. Nach 13 Runden dann noch größere allseitige Überraschung: Schumacher führte das Rennen an, was es gefühlt seit 36 Jahren nicht mehr gegeben hatte. Doch dieser Umstand war nicht Schumachers formidabler Leistung, sondern einem verspäteten Boxenstopp geschuldet. Dann ging auch Schumacher an die Box - und ordnete sich auf Rang acht wieder ein. Fiel später wegen eines Getriebefehlers aus - sein dritter Ausfall der Saison. "Das Rennen hätte ganz gut werden können", sagte Schumacher, "aber mehr als Platz sechs wäre nicht drin gewesen." Das klang versöhnlicher als am Vortag. Auch wenn Schumacher immer noch zu langsam war.

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Formel 1: Zehn Zylinder:Nico Rosberg

F1 Grand Prix of Hungary - Practice

Quelle: Getty Images

Absolvierte in Ungarn sein 100. Formel-1-Rennen und konnte auch diesmal nicht gewinnen. Jagt den Rekord von Andrea de Cesaris, der zwischen 1980 und 1994 208 Rennen absolvierte, ohne je eines zu gewinnen. Fuhr am Start zwar auf Platz vier vor, fiel dann aber zurück bis auf Platz sieben, musste sogar Paul di Resta (Force India) und Sébastien Buemi (Toro Rosso) passieren lassen. Der Grund: eine unglückliche Entscheidung. "Es waren sehr schwierige Bedingungen da draußen. Als wir entschieden haben, dass wir auf Intermediates gehen, hat es aufgehört zu regnen. Das war es natürlich", sagte Rosberg später. Noch ein Grund: Kommunikationsprobleme im Team. "Ich muss mit meinen Ingenieuren reden, damit ich mehr Informationen bekomme. Da müssen wir uns verbessern." Wurde in seinem 100. Grand Prix am Ende überrundet. Das ist Andrea de Cesaris - heute übrigens Devisenhändler - auch hin und wieder passiert.

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Formel 1: Zehn Zylinder:Nick Heidfeld

Formula One Grand Prix of Hungary

Quelle: dpa

Legte den schnellsten Spurt des Wochenendes hin: raus aus dem Auto, schnell hinter die Streckenbegrenzung, bloß weg von den Flammen. Kurz nach dem zweiten Boxenstopp fing sein Renault nämlich Feuer, der Fehler lag an der Auspuffanlage. "Ich dachte erst, das Feuer geht durch den Fahrtwind wieder aus", erklärte Heidfeld, "das war aber nicht der Fall, deshalb habe ich das Auto gleich abgestellt." Im Stehen ereignete sich sogar noch eine kleine Explosion, die einen Streckenposten leicht am Bein verletzte. "Die Flammen kamen mir leider etwas zu nah", sagte Heidfeld später und witzelte sogar: "Verbrannt habe ich mich aber nicht. Der Anzug war schon vorher schwarz." Ungeachtet des Unfalls muss er um seinen Verbleib in der Formel 1 bangen.

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Formel 1: Zehn Zylinder:Daniel Ricciardo

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Quelle: AFP

Feierte in Ungarn den größten Erfolg seiner Karriere. Fährt schließlich beim Hispania-Racing-Team, ist gerade 22 Jahre alt und übernahm erst vor dem Großen Preis von Silverstone das Cockpit des glücklosen Inders Narain Karthikeyan. Wurde in Silverstone gleich Letzter, arbeitete sich am Nürburgring auf den vorletzten Platz nach vorne - und wurde in Ungarn tatsächlich Drittletzter! Im Hispania-Racing-Auto! Vor Jérôme d'Ambrosio und Vitantonio Liuzzi! Ist damit in zwei Jahren definitiv Siegkandidat! Ganz bestimmt!

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Formel 1: Zehn Zylinder:Die Boxencrews

Formula One Grand Prix of Hungary

Quelle: dpa

Rauslaufen, aufstellen, warten, angewärmte Reifen aus Heizdecken schälen, Auto hochbocken, Reifen wechseln, Handzeichen geben, Platz machen, dem Auto hinterher blicken: Boxencrews haben in der Formel 1 einen stressigen Job - und wenn sie auch nur einen kleinen Fehler machen, dann werden sie danach von den Fahrern angemotzt. Besonders stressig war es beim Grand-Prix in Ungarn: Wegen Sonne, Regen, Wind, Unfällen und Durchfahrtsstrafen kamen die Rennfahrer exakt 88 Mal in die Boxengasse, das ist neuer Formel-1-Rekord. Viel passiert ist trotzdem nicht: Es wurden keine Mechaniker über den Haufen gefahren, trotz des erhöhten Verkehrsaufkommens ereigneten sich keine Unfälle in der Boxengasse, bis auf den Feuer-Zwischenfall bei Nick Heidfeld. Und selbst der ging glimpflich aus. Dennoch motzten zahlreiche Fahrer, vor allem die von Mercedes.

© sueddeutsche.de/ebc/jüsc/luk
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