Formel 1:Vettels hektische Jagd mit neuer Nase

F1 Formula One - Austrian Grand Prix

Locker, aber konzentriert: Sebastian Vettel.

(Foto: REUTERS)
  • Der Plan von Sebastian Vettel: Er will in Spielberg siegen und so den Rückstand auf Lewis Hamilton verkürzen.
  • Dafür muss er aber die Fehler aus den letzten Rennen abstellen.
  • Mit drei Rennen in kurzer Folge befindet sich die Formel 1 in einer sehr hektischen Phase der Saison.

Von Anna Dreher, Spielberg

Bevor es richtig losgeht, haben sie das noch mal geübt mit der Nase. An den anderen Boxen war kaum mehr Betrieb, nebenan bei Mercedes waren die Rollläden schon unten. Der Weltmeister-Rennstall hatte Feierabend, zumindest an diesem Bereich der Strecke. Die ganz in Rot gekleideten Mechaniker von Ferrari aber probten noch ein bisschen länger. Immer wieder der Versuch, schneller aber gleichbleibend akkurat zu arbeiten. Drei Helfer zogen den Dienstwagen von Sebastian Vettel ein paar Meter zurück, die anderen standen mit Reifen, Wagenheber, mal mit, mal ohne Nase bereit. Auch in der auf Tausendstelsekunden fixierten Formel 1 kann sich eine Erinnerung eine Woche am Leben halten - oder erhalten werden.

Die Scuderia jedenfalls wollte in ihrem Streben nach Perfektion vor dem Großen Preis von Österreich an diesen Sonntag (15.10 Uhr/RTL) nichts unversucht lassen, um optimal auf einen Vorfall vorbereitet zu sein, wie sie ihn vergangene Woche in Frankreich erlebte. Vettel hatte sich nach einem guten Start in der ersten Kurve zwischen die Mercedes von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas manövriert, krachte dann in den Wagen des Finnen und vermasselte diesem und sich selbst das Rennen. Bottas hinterer linker Reifen war hinüber, Vettel musste in die Box zur Nasen-OP. Der viermalige Weltmeister aus Heppenheim kassierte eine Fünf-Sekunden-Strafe und jede Menge Kritik. Durch Rang fünf statt dem möglichen Podiumsplatz liegt er nun mit 14 Punkten auf den Gesamtführenden Hamilton (145) zurück.

Vettel sagt: "Das ist Rennsport"

"So läuft es halt manchmal. Auch für einen selbst wäre es doch langweilig, wenn alles vorhersehbar wäre", sagte Vettel zu seinem Fehler. "Das ist Rennsport." Und weil er an die nächste Möglichkeit glaubt, bei Ferrari Wiedergutmachung zu leisten, beschwichtigte er: "Es gibt keinen Grund, Panik zu schieben. In Österreich kann alles wieder ganz anders aussehen." Vettel ist weiter optimistisch und bleibt seiner Einstellung in dieser Saison treu. Er zelebriert eine Gelassenheit, wie sie von ihm zuvor dann zu sehen war, wenn er die unangefochten führende Figur im Rennzirkus war. In diesem Jahr teilt er sich diese Rolle mit seinem Dauerrivalen Hamilton. Die Formel 1 ist bisher davon geprägt, dass mal Mercedes, mal Ferrari dominiert. Im Kampf um den historischen fünften WM-Titel liegen abwechselnd Hamilton und Vettel vorne; beide haben je drei der ersten acht Rennen gewinnen können, zwei Mal funkte ihnen Daniel Ricciardo im Red Bull dazwischen. "Es wird noch ein paar Mal hin und her gehen", sagte der Teamchef von Mercedes, Toto Wolff, voraus: "Das wird die Geschichte dieser Saison sein."

Es ist eine Geschichte, bei der es auf die Details ankommt. Fehler und Defekte zu vermeiden ist für Ferrari und Mercedes ohnehin Antriebsstoff im Unterfangen, ihre Boliden möglichst oft am schnellsten über die Ziellinie fahren zu sehen, besonders in der jetzigen Phase, die eine äußerst anstrengende ist. Zum ersten Mal in der Geschichte der Formel 1 finden drei Rennen binnen drei Wochen statt. Den Auftakt in den sogenannten "Triple-Header" vor einer Woche in Le Castellet hat Vettel vermasselt und Hamilton souverän durchgezogen. Passiert Vettel das in Spielberg diesen Sonntag noch einmal, kann sich der Brite in der Wertung weiter absetzen - und das vor Hamiltons Heimrennen in Silverstone. Dort konnte er die vergangenen vier Jahre gewinnen.

Auch an diesem Wochenende spricht die Statistik für ihn. Auf der 4,318 Kilometer langen Strecke in der Steiermark haben sich seit der Neueröffnung vor vier Jahren immer die Silberpfeile durchgesetzt: Nico Rosberg (2014, 2015), Hamilton (2016) und Bottas (2017). Zudem hat Mercedes nach der in Frankreich erstmals eingesetzten Motorspezifikation in dieser Woche seinen W09 mit einem umfangreichen und lange geplanten Aerodynamik-Upgrade ausgestattet. Das Team hat sich ein großes Paket geschnürt: Unter anderem wurden Seitenkästen, Unterboden, Diffusor, Leitbleche und Heckflügel verändert. "Das ist unser bislang größtes Upgrade in diesem Jahr, und auch ein bisschen eine Konzeptänderung", sagte Wolff. In jedem Fall ist es eine Ansage an die Konkurrenz. Ferrari will in Silverstone nachziehen.

Hamilton hat nicht die besten Erinnerungen an Spielberg

Hamilton, der Gejagte, fühlt sich wohl im engen Technik- und Fahrerwettstreit. Der Blick auf die WM-Wertung gefällt ihm, auch wenn er weiß, dass die Leistung von Mercedes, Ferrari, aber auch Red Bull sich nur wenig unterscheidet. "Das ist es, was ich will, wenn es zwischen den Teams enger und enger wird", sagte er. "Das ist es, worum es im Motorsport geht."

Am Ende geht es im Motorsport aber vor allem auch ums Gewinnen. Hamiltons jüngste Erinnerung ist diesbezüglich nicht die beste an Spielberg. Auch 2017 war der Titelkampf in dieser Phase eng. Nach einem Getriebewechsel war er damals in der Startaufstellung nach hinten versetzt worden und wurde Vierter. Auf den Zweitplatzierten Sebastian Vettel hatte er danach zwanzig Punkte Rückstand in der Gesamtwertung. Aber diese Erinnerung ist nun wirklich lange her.

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