Sieben Kurven der Formel 1:"Sie haben ein paar Tricks im Auto"

Nach dem Vettel-Sieg in Spa scheucht Lewis Hamilton den Boulevard auf, meint aber alles ganz nett. Charles Leclerc ist plötzlich sehr froh über den Schutzbügel. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Philipp Schneider, Spa-Francorchamps

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Halo

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Quelle: John Thys/AFP

Der umstrittene Titanbügel, der zu Beginn der Saison eingeführt wurde in der Formel 1, um die Köpfe der Fahrer vor fliegenden Teilen zu schützen, ist neben Sebastian Vettel der zweite Gewinner des Belgien-Grand-Prix. Die Bilder, die nach dem Crash in der ersten Kurve die deutlichen Kratzspuren auf dem Schutzbügel von Charles Leclercs Sauber zeigten, sollten auch die Motorsportpuristen und Kritiker des Halo nachdenklich stimmen. Nachdem Nico Hülkenberg seinen Renault in der Spitzkehre "La Source" in das Heck von Fernando Alonsos Mclaren gerammt hatte, schob sich dieser auf den Wagen von Leclerc und hob ab. Der Kontakt des McLaren mit dem Bügel war so intensiv, dass der Rennwagen großflächig den Lack abschabte. Man mag sich gar nicht ausmalen, welche Kräfte ohne Schutz des Halo auf Leclercs Kopf gewirkt hätten.

"Der Halo hat wohl geholfen", sagte Leclerc: "Er wurde sehr hart getroffen, ist stark beschädigt, ich war bei diesem Crash ansonsten völlig hilflos." Alonso, der wie Leclerc sein Rennen beenden musste, war ebenfalls überzeugt: "Das Positive an dieser Sache ist: Der Halo scheint zu funktionieren." Der Halo, der wie ein Bogen rund um den Helm der Piloten verläuft und vorne in der Mitte von einer Strebe gehalten wird, hat das Erscheinungsbild der offenen Cockpits in der Formel 1 verändert und stand deshalb in der Kritik. Der längst zurückgetretene, einmalige Weltmeister Nico Rosberg findet: "Wir können die Diskussionen um den Halo beenden. Er wird Leben retten!" Und, ach ja, Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen wurde ja auch noch gefragt, ob der Halo in der steil ansteigenden Passage nach der Eau Rouge dem Fahrer die Sicht nehme. "Beim Auto fahren nicht", sagte Räikkönen: "Beim Vögel beobachten schon."

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Sebastian Vettel

F1 Grand Prix of Belgium

Quelle: Getty Images

Sebastian Vettel wirkte ernsthaft überrascht, als er nach seinem 52. Grand-Prix-Sieg darauf angesprochen wurde, dass er ja nun in seiner Karriere einmal mehr als Erster über die Ziellinie gefahren ist als Alain Prost. "Mehr Siege als Alain? Boah!", rief Vettel. Noch erfolgreicher als Vettel sind also nur noch Michael Schumacher (91) und Lewis Hamilton (67). Wobei dieser Statistik relativierend entgegenzuhalten ist, dass in früheren Jahren noch weit weniger Rennen im Rennkalender standen als in der Gegenwart. Vettel hatte selbstredend sehr viele Gründe zur Freude nach seinem ersten Sieg im Ferrari in Spa-Francorchamps. Den Rückstand in der Gesamtwertung auf Lewis Hamilton hatte er auf 17 Zähler verkürzt. Und vor allem: Sein Auto hatte bewiesen, dass es dank der Motorleistung in dessen dritter Ausbaustufe auf den schnellen Geraden dem Mercedes überlegen ist.

Im vergangenen Jahr hatte Vettel die Weltmeisterschaft in der zweiten Saisonhälfte gegen Hamilton verloren, insbesondere auf der aus seiner Sicht sehr unerfreulichen Asien-Tour. In diesem Jahr stecke im Ferrari allerdings sogar noch viel Potenzial, sagte Vettel. Hamilton, der schon in der ersten Runde von Vettel überholt wurde, "als wäre ich gar nicht dagewesen", meinte: "Wir haben den Motor bis an die Grenze aufgedreht, und sie sind einfach davongezogen. Das wirkt nach und ist echt hart."

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Belgium

Quelle: Getty Images

Der Duden kennt zwei Bedeutungen für das Wort "Trick". Zum einen gibt es ein "listig ausgedachtes, geschicktes Vorgehen; einen unerlaubten Kunstgriff, ein Manöver, mit dem jemand getäuscht, betrogen wird". Und dann bedeutet Trick noch eine "oft einfache, aber wirksame Methode, Handhabung von etwas zur Erleichterung einer Arbeit, Lösung einer Aufgabe". Hamilton weiß das natürlich. Aber längst nicht jeder weiß das. Nach dem Rennen in Spa, in dem er schon in der ersten Runde von Sebastian Vettel überholt worden war, und danach mit weniger Geschwindigkeit auf den Geraden chancenlos hinter ihm hergefahren war, nahm Lewis Hamilton Vettels Ferrari in Augenschein und mutmaßte: "Sie haben ein paar Tricks im Auto!"

Das Wort Trick war also in der Welt und die britische Boulevardpresse hyperventilierte sogleich: Unterstellte Hamilton Vettel, dass er betrogen hatte? Meinte er, dass sich Ferrari einen unerlaubten Kunstgriff listig ausgedacht hatte? "Nein, so darf man meine Worte nicht auslegen. Das Wort "trick" steht bei mir nur dafür, dass Ferrari etwas ganz Besonderes hat, im Sinne von mehr Speed auf den Geraden", sagte Hamilton und verwies so auf die zweite, eher harmlose Bedeutungsebene des Wortes. Er selbst habe schließlich auch ein paar Tricks in seinem Auto verbaut. Also solle man ihm doch nun bitteschön nicht das Wort im Mund verdrehen und schreiben, er habe behauptet, es sei etwas faul am Ferrari. "Sie haben Dinge im Wagen, die wir nicht haben. Wir haben Dinge im Wagen, die sie nicht haben." So einfach sei das. Was er nicht sagte, aber wohl meinte: Schon seit dem Rennen in Österreich ist klar, dass die Dinge, die im Ferrari sind, schneller machen, als die Dinge, die im Mercedes sind.

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Fernando Alonso

F1 Großer Preis von Belgien

Quelle: dpa

Fernando Alonsos wohl letzter Auftritt in Spa-Francorchamps brachte ihn noch einmal ins Rampenlicht. Unfreiwillig, klar. Allein mit seiner Geschwindigkeit, geschweige denn sportlichen Erfolgen, war es dem Spanier in den vergangen Jahren unmöglich, auf der Bühne Formel 1 eine Rolle als Hauptdarsteller einer Renngeschichte zu erhalten. Zu langsam war stets sein McLaren. Zunächst mit einem Honda-Motor, seit diesem Jahr mit einem Renault-Antrieb. Um auf sich aufmerksam zu machen, blieben Alonso nur sein Humor und sein Sarkasmus. Er setzte teils derb komische Funksprüche in die Welt, die die Reporter dankbar aufgriffen.

Am Sonntag stand der zweimalige Weltmeister noch einmal im Mittelpunkt. Als Unfallopfer. Nico Hülkenberg rammte ihn mit seinem Renault auf ziemlich unerklärliche Weise schon in der ersten Kurve von der Bahn. Hülkenberg bat um Verständnis. "Ich habe mich vertan, war zu spät auf der Bremse. Die Autos sind sehr sensibel! Als ich auf die Bremse bin, hat alles blockiert. Da war alles zu spät." Alonso hatte allerdings keinerlei Verständnis. "Wie kann man so einen Fehler machen, wenn man in der höchsten Klasse des Motorsports fährt?", fragte er. Diese verlässt Alonso gegen Saisonende. Er sucht neue Herausforderungen außerhalb der Formel 1, in anderen Rennserien, in denen ihm jemand wieder die Hauptrolle zuspricht. "Wenn du der beste Fahrer der Welt sein willst", hat Alonso in Spa gesagt, "dann hast du zwei Möglichkeiten: In der Formel 1 acht Titel gewinnen - und das sieht für mich immer unwahrscheinlicher aus - oder die Triple Crown gewinnen."

Acht Weltmeisterschaften wären eine mehr als Michael Schumacher sammelte. Die Triple Crown hat ein Rennfahrer gewonnen nach Siegen bei den drei größten Rennen der Welt: der Formel 1 Grand Prix in Monaco, das legendäre Indy 500 und das 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Geschafft hat das bislang nur Graham Hill 1972. Alonso fehlt nur noch ein Sieg in Indianapolis.

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Esteban Ocon und Sergio Perez

F1 Grand Prix of Belgium - Final Practice

Quelle: Getty Images

Dafür, dass die Rennfahrer Esteban Ocon (im Foto vorne) und Sergio Perez seit Wochen gar nicht wussten, ob sie überhaupt würden starten dürfen, waren sie erstaunlich gut vorbereitet auf das Rennen in Spa. Ihr Team Force India hatte vor Wochen Insolvenz angemeldet, schließlich wurde der Rennstall vom kanadischen Milliardär Lawrence Stroll gekauft. Dem Vater von Lance Stroll, der auch schon als Investor bei Williams eingestiegen ist. Mit der Zustimmung aller anderen Teams akzeptierte der Automobilweltverband Fia Ende der vergangenen Woche, dass Ocon und Perez für ein neues Team "Racing Point Force India" an den Start gehen durften. Racing Point startet mit null Punkten in der Konstrukteurswertung, nach dem Rennen hat es bereits 18 Zähler. Weil Perez und Ocon, Profiteure einer chaotischen Regen-Qualifikation, aus der zweiten Reihe losrollen durften und Fünfter und Sechster wurden. Dass Ocon noch lange für Racing Point fahren wird, ist unwahrscheinlich. Papa Lawrence Stroll hat den Rennstall nicht ohne Hintergedanken gekauft. Und der Williams, in dem sein Sohn Lance gerade sitzt, ist deutlich langsamer als der Racing Point Force India.

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Lance Stroll

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Quelle: AP

"Wir werden sehen, was mein Vater entscheidet", sagte Lance Stroll: "Mein Vater ist ein netter Typ, hoffentlich nimmt er mich." Mehr verriet der Williams-Pilot nicht, als er gefragt wurde, wann er denn wechseln würde zu Racing Point Force India, dem bereits zweiten Rennstall, den sein Vater Lawrence Stroll für ihn gekauft hat. Musste er auch nicht. Alles andere als ein schnellstmöglicher Wechsel wäre zumindest eine Überraschung.

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Hockenheimring

FILE PHOTO: Formula One F1 - German Grand Prix

Quelle: REUTERS

Unterschrieben ist noch nichts, aber die Perspektive ist weiterhin gut, dass im kommenden Jahr ein Formel 1 Rennen auf dem Hockenheimring stattfinden wird. Fest steht bislang nur, darüber berichtete am Sonntag zunächst das Fachmagazin Auto, Motor und Sport, dass in dieser Woche der vorläufige Kalender für die Rennen um die Formel-1-WM 2019 veröffentlicht werden soll. Dort ist für den "Großen Preis von Deutschland" ein Termin vorgesehen. Am Samstag, am Rande des Grand Prix in Belgien, gab es Gespräche zwischen der Hockenheimring GmbH und dem Formel-1-Rechteinhaber von Liberty Media. Im Juli war der Kontrakt des Hockenheimrings für das Rennen ausgelaufen. Die Organisatoren hatten mehrfach betont, keine Verluste bei zukünftigen Veranstaltungen riskieren zu wollen. Die angebliche Forderung von 25 Millionen Dollar Antrittsgebühren wollte Hockenheim nicht erfüllen. Die FAZ berichtet, es sei nun ein Kompromiss zumindest mündlich vereinbart, der geringere Zahlungen vorsieht.

© SZ.de/ska/mane
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