Formel 1:Verstappen schickt Vettel "zurück in den Kindergarten"

Der Streit zwischen den Formel-1-Piloten wird wilder und persönlicher. Und Daniel Ricciardo feiert seinen nachträglichen dritten Platz im Dunkeln. Die Zylinderköpfe der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Mexiko-Stadt

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Lewis Hamilton

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Quelle: AFP

Die Geschichte seines zweiten Sieges in Serie hat der Brite, mit Serena Williams und Lennox Lewis als Glücksbringern angereist, schnell erzählt: "Vom Gras ins Ziel." Die erste Kurve hat der Titelverteidiger abgekürzt, zu hoch war das Tempo nach 900 Metern Anlauf. Bestraft wurde das nicht, weil er sich einen Bremsplatten eingefahren und dadurch so große Vibrationen am Silberpfeil hatte, dass er schon an die Box wollte. Der 51. Sieg, der ihn auf eine Stufe mit Alain Prost ("einer der großen Meister") stellt, hält die Chance auf die Titelverteidigung offen. Selbst wenn er noch alles gewinnt in dieser Saison, könnte es nicht reichen. Aber den Gedanken verdrängt der Brite: "Eine ungewöhnliche Situation, ja. Aber ich mach Druck bis zum Schluss. Mehr als Tempo machen und siegen kann ich nicht." Und wenn er verliert: "Ich weiß nicht, ob man sich aufs Verlieren vorbereiten kann." Oder sollte.

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Nico Rosberg

F1 Grand Prix of Mexico

Quelle: AFP

Nach Platz zwei in der Qualifikation erschien der WM-Spitzenreiter in einem grauen Polo-Hemd und einer großen gelben Eins auf der Brust, nach dem zweiten Platz im Rennen griff er im Raum hinter dem Podest zunächst nach der Kappe mit der Eins. "Kein Omen, tut mir leid", wehrte er in Mexico ab: "Ich muss mit dem zweiten Platz leben, mehr konnte ich nicht tun. Das ist enttäuschend, aber ab Montag gucke ich nach vorn." Tatsächlich ist trotz der zweiten Niederlage in Serie der erste Titel für den Wiesbadener greifbar, er muss dazu nur in zwei Wochen in São Paulo gewinnen. Zunächst aber muss er möglichst unbeschädigt durchkommen, auch er erlebte gleich am Start sein Verstappen-Trauma. Ein Ausfall und plötzlich ist alles anders - das ist die enorme Belastung für den 31-Jährigen: "Der Druck ist immer gleich hoch", erwidert Rosberg.

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Sebastian Vettel

Mexico's Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

In der Qualifikation nirgendwo ("irgendwas stimmt mit diesem Auto nicht"), am Start fast draußen, im Rennen zwischenzeitlich ganz vorn und schließlich in den doppelten Bullenkampf verstrickt - der Ex-Weltmeister wäre der große Comebacker des Rennens gewesen, Italiens wunde Rennseele hätte Balsam bekommen. So aber wurde er zwar als Dritter aufs Podium befördert, später aber mit zehn Strafsekunden und zwei Strafpunkten belegt. Weil er im Duell gegen Ricciardo die gleiche Taktik angewandt hat, für die Max Verstappen gefürchtet ist. Bei den Rennkommissaren hat er sich ohnehin nicht beliebt gemacht. Der Heppenheimer lebt seinen ganzen Frust übers Helmmikrofon aus. Beschimpfte im Training Fernando Alonso als "Idiot", im Rennen schickte er ein "F*** off" in Richtung Renndirektor Charlie Whiting. Das Adrenalin, entschuldigte er sich später, und wählte dafür das italienische Wörtchen "arrabiato".

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Max Verstappen

F1 Grand Prix of Mexico

Quelle: AFP

Seit zehn Tagen gilt in der Formel 1 offiziell, dass man beim Bremsen nicht mehr die Spur wechseln darf, die Klarstellung wurde "Anti-Verstappen-Regel" getauft. An der Aggression des 19-Jährigen Niederländers hat das nichts geändert, er geriet zweimal so heftig mit Nico Rosberg aneinander, dass Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda tobte: "Ein Wiederholungstäter!" Wegen der Abkürzung einer Kurve wurde er vor laufenden Kameras aus dem Raum hinter dem Podium hinauskomplimentiert, der dritte Platz ging (zunächst) an Sebastian Vettel. Mad Max tobte: "Sebastian hat vor niemandem Respekt. Er ist ein sehr frustrierter Typ und sollte zurück in den Kindergarten gehen oder noch mal zur Schule und sich eine andere Ausdrucksweise zulegen."

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Daniel Ricciardo

F1 Grand Prix of Mexico

Quelle: AFP

Drei Drittplatzierte an einem Formel-1-Nachmittag, das gibt es auch selten. Verstappen bestraft, Vettel bestraft, damit stand dreieinhalb Stunden nach Rennende das Podium des Australiers fest. Ricciardo, der fröhlichste unter allen Fahrern, findet das nur gerecht: "Sebastian hatte es nicht verdient, da oben zu stehen", ärgerte sich Ricciardo, der in dieser Saison einen weiteren großen Schritt nach vorn gemacht hat, "er hat bei unserem Duell in der Bremsphase die Tür zugemacht." Große Hoffnungen auf einen erfolgreichen Protest sah er nicht, nachdem in der ersten Kurve seiner Meinung nach auch Hamilton und Rosberg ungeschoren für das Verlassen der Piste davongekommen waren: "Man muss dafür bezahlen, was man tut." Doch die Rennkommissare folgten in seinem Fall dem Videobeweis. Und Red Bull spielte in der Dunkelheit die Pokalübergabe mit Verstappen und Ricciardo nach (im Bild).

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Mexiko

Mexico's Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

"F1ESTA" hieß der Slogan auf den Plakaten für den zweiten Grand Prix der Neuzeit in Mexiko-Stadt, und die Veranstalter hielten Wort. Das Autódromo Hermanos Rodríguez sah an drei Tagen 340 000 Besucher, am Renntag wurde die Rekordkulisse von 135 000 aficionados vermeldet. Die steilen Tribünen, die sonst für Baseball benutzt werden, schufen tatsächlich das, was man einen Hexenkessel nennt (schöne Grüße ins Motodrom von Hockenheim). "Das Rennen gehört schon heute zu den Top drei in der Saison, normalerweise dauert so was Jahre", lobte Sieger Hamilton - und ärgerte sich nur, dass es diesmal keinen Sombrero gab. Lokalmatador Sergio Pérez von Force India, einer von zwei Mexikanern im Feld, beglückte die Massen mit steilen Manövern und am Ende einen Ehrenpunkt für Rang zehn: "Mich macht die Kulisse zwei Zehntel schneller."

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Mercedes

Mexico's Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Das Triple in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft ist schon ein Weilchen unter Dach und Fach, aber das überlegene Team der Hybrid-Ära kann das Siegen einfach nicht lassen. Hamiltons achter Sieg war zugleich der 17. für den in Mittelengland ansässigen Rennstall mit deutscher Lizenz - das hat es in 66 Jahren Formel 1 noch nie gegeben. Stellvertretend für die Mannschaftsleistung durfte Tony Walton, für die Ersatzteilversorgung verantwortlich, mit aufs Podium. Aus gutem Grund: Nach 17 Jahren an der Rennstrecke wird er künftig nur noch in der Fabrik arbeiten. Walton kann auch für das generelle Erfolgsgeheimnis der Silberpfeile stehen - im siebten Jahr ist das Werksteam auf allen Position mit den Branchen-Besten besetzt. Teamchef Toto Wolff hat für die verbleibenden beiden WM-Läufe nur eine Bitte an seine Truppe: "Alle Kräfte darauf konzentrieren, unseren beiden Jungs perfekte, fehlerfreie Rennwagen hinzustellen." Teilchenbeschleunigung.

© Süddeutsche.de/ebc
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