Formel 1: Valencia:Mehr als drei Rennen Vorsprung

Sebastian Vettel gewinnt den Großen Preis von Europa und baut mit dem sechsten Sieg in acht Rennen seinen Vorsprung auf die Konkurrenten aus - die verzweifeln langsam an der Dominanz Vettels. Michael Schumacher begeht einen schweren Fehler.

René Hofmann

Die Einschätzung überraschte. Als Sebastian Vettel nach 99,36.169 Minuten als Sieger des Großen Preises von Europa abgewunken wurde, grüßte er umgehend per Boxenfunk seine Red-Bull-Mannschaft. Seine Botschaft: "Das ist der Beste bisher." Der beste Sieg sollte das heißen.

Formel 1: Valencia: Überlegener Gewinner in Valencia: Sebastian Vettel.

Überlegener Gewinner in Valencia: Sebastian Vettel.

(Foto: AFP)

Der 23-Jährige hat in diesem Jahr schon in Melbourne gewonnen und in Sepang, in Istanbul war er ebenso der Schnellste gewesen wie in Barcelona und in Monte Carlo. Er hatte bei Regen geglänzt und im Trockenen, das Chaos bezwungen und viele Gegner. Im Vergleich dazu kam der Erfolg bei der Hafenrundfahrt in Valencia unspektakulär zustande.

Vettel war am Samstag in der Qualifikation der Schnellste gewesen, er war es am Sonntag am Start und fortan auch im Rennen. Kurz vor Schluss drehte er zudem die schnellste Runde. "Hattrick" nennen so etwas die Rennfahrer.

"Von außen mag es wie ein langweiliges Rennen ausgesehen haben, aber mir hat es wahnsinnig viel Spaß gemacht. Das Auto und ich - wir haben perfekt harmoniert", sagte Vettel, der auch im vergangenen Jahr bei dem Grand Prix vom Start weg gewonnen hatte. Allein vorauszujagen, das liegt ihm. "Ich liebe das einfach, wenn man jede Runde gegen sich selbst fährt", sagt Vettel.

Sein Vorgesetzter, Red-Bull-Teamchef Christian Horner, warnte jedoch. Der Alleingang sei keineswegs so spielerisch gewesen, wie es den Anschein gehabt hatte. "Es war ein strategisches Rennen, wie ein Schachspiel", sagte der Brite: "Mit den Reifen richtig umzugehen, ist sehr schwer. Sebastian hat das sehr clever gemacht."

Die Reifen. Sie spielten auch in Spanien eine wichtige Rolle. Weil die Sonne ohne Wolkenschutz vom Himmel schien, kletterte das Thermometer, das die Temperatur der Luft maß, auf 27 Grad. Das, mit dem die Hitze des Asphalts ermittelt wurde, zeigte 47 Grad. Bei solchen Werten kommen nicht nur die Piloten ins Schwitzen, sondern auch die Pneus.

Bestens zurecht mit den Bedingungen kam Fernando Alonso. Der Spanier wurde Zweiter und durfte bei dem Heimrennen zum ersten Mal zur Siegerehrung, wo er den Opern-Tenor Placido Domingo traf. Die Gesellschaft, in der er sich bewegt - sie wird allmählich wieder besser.

Vettel: "Aufpassen und hungrif bleiben!"

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali frotzelte sogleich recht frech: "Ich freue mich, dass wir zumindest einen Red Bull hinter uns gelassen haben. Jetzt knöpfen wir uns bald den zweiten vor." Das war als Kampfansage an Sebastian Vettel zu verstehen. Dessen Teamkollege Mark Webber war von Startplatz zwei aus Dritter geworden.

Ferrari's Alonso takes a curve ahead of his teammate Massa and McLaren's driver Hamilton during the European F1 Grand Prix in Valencia

Fuhr nur hinterher: Lewis Hamilton hinter Fernando Alonso und Felipe Massa.

(Foto: REUTERS)

Vor dem Rennen hatte es bei Red Bull etwas Unsicherheit gegeben. Die Strecke in Valencia liegt dem RB7, wie das diesjährige Auto heißt, nicht besonders gut: Es gibt keine wirklich schnellen Kurven. Zudem hatte der Automobilweltverband einige Regeln präzisiert, was dazu führte, dass die blauen Autos nicht mehr alle Vorteile ausspielen konnten, die ihnen eine besonders clevere Abgasführung zuvor eingebracht hatte. Wirklich gebremst aber hat sie das Verbot nicht.

Die Konstrukteurswertung gibt einen Eindruck davon, wie das Kräfteverhältnis aussieht: In ihr liegt die Equipe, die dem Österreicher Dietrich Mateschitz gehört, mit 295 Punkten 96 Zähler vor McLaren und 166 vor Ferrari. "Es ist unglaublich, was sich in den vergangenen zwei Jahren in diesem Team alles getan hat", sagt Sebastian Vettel, "im Moment haben wir alle Riesenspaß. Jetzt müssen wir nur aufpassen und hungrig bleiben".

Für den Heppenheimer war es im achten Grand Prix 2011 der sechste Sieg. Bei den zwei Rennen, die er nicht gewann, wurde Vettel Zweiter - eine solch eindrückliche Bilanz zum Auftakt einer Saison hat es in der Geschichte der Formel 1 selten gegeben. In der Fahrerwertung führt Vettel nun mit 77 Punkten Vorsprung vor McLaren-Fahrer Jenson Button und seinem Teamkollegen Webber. Das heißt: Er könnte dreimal nicht antreten und würde immer noch sicher führen.

Der große Vorsprung resultiert auch daraus, dass es im Verfolgerfeld keine klare Hackordnung gibt. Die Rivalen wechseln sich auf den Plätzen, die keine Ehre, aber noch Punkte bringen, munter ab. Jenson Button, der vor zwei Wochen in Kanada noch einen fulminanten Sieg gefeiert hatte, wurde dieses Mal lediglich Sechster. Sein McLaren-Kollege Lewis Hamilton, der in den zwei Rennen zuvor viele Punkte verschenkt hatte, zeigte als Vierter eine solide Leistung. Unauffälliger Fünfter war der Brasilianer Felipe Massa im zweiten Ferrari.

Neben Vettel punkteten noch drei Deutsche: Nico Rosberg (Mercedes) als Siebter, Adrian Sutil (Force India) als Neunter und Nick Heidfeld (Renault) als Zehnter. Für die meiste Aufregung neben Vettel sorgte aber wieder einmal ein anderer: Michael Schumacher. Der siebenmalige Weltmeister erlebt ein Achterbahn-Jahr, auf jedes Auf folgt regelmäßig ein Ab. Nach Rang vier in Kanada wurde er lediglich Siebzehnter.

Und Schuld daran war allein er selbst: Auf dem Weg von der Box zurück auf die Rennstrecke kollidierte er früh im Rennen mit dem Russen Witali Petrow im Renault, was den Frontflügel seines Mercedes' ruinierte. Der zusätzliche Stopp, den das nötig machte, warf ihn auf Position 20 zurück. "Meine Dummheit" räumte Schumacher ein. Für einen Platz auf dem Podium wäre das Auto aber auch dieses Mal nicht gut genug gewesen.

Wie lange der 42-Jährige sich der Situation noch stellen mag, liegt allein an ihm. Teamchef Ross Brawn verriet der BBC: Der Rekord-Meister besitzt eine Option, seinen bis 2012 datierten Vertrag mit Mercedes im kommenden Jahr auslaufen zu lassen.

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