Sieben Kurven der Formel 1:"Ich werde mein Team immer verteidigen"

Sebastian Vettel reagiert nach der verpatzten Taktik in Singapur trotzig. Lewis Hamilton reist jetzt erst mal um die Welt. Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Singapur

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Singapore

Quelle: Getty Images

Die siebte Pole-Position und der siebte Sieg der Saison reichen noch lange nicht, um den Titelverteidiger zufrieden zu stellen. Nach dem vierten Sieg in den letzten fünf Rennen funkte er an den Kommandostand: "Druck machen! Weiter Druck machen!" Hamilton spürte, dass er dem Traum vom fünften Titel ein deutliches Stück näher gekommen war. "Du bist ein Serientäter", begrüßte ihn der Moderator auf dem Podium, aber Hamilton ging erstmal in die Knie, konterte mit Begriffen wie "Glauben, Vertrauen, Segen". Ein gläubiger Rennfahrer ist Hamilton, und einer, der an sich selbst glaubt. Dass er in einer Woche kreuz und quer um die Welt fliegt, Modeschauen in New York und Shanghai veranstaltet, und dass es gleich nach dem Ausbau der WM-Führung auf 40 Zähler weiter nach Thailand geht - das gebe ihm Energie, statt sie ihm zu rauben. Es ist dieser besondere Hamilton-Faktor, der für die Gegner nicht reproduzierbar scheint. Er reißt damit die ganze Mannschaft mit, seinen Rennwagen und am Ende auch sich. Ein Selbstbeschleuniger.

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Sebastian Vettel

F1 Grand Prix of Singapore

Quelle: Getty Images

45 Runden mit einem Satz Reifen durchzuhalten, dessen Lebensdauer etwa für die Hälfte dieser Distanz gemacht ist - diese großartige fahrerische Leistung linderte etwas den Schmerz für den dritten Platz und 40 Sekunden Rückstand auf den Sieger. Aber der Schmerz kehrte wieder zurück, beim Blick auf die WM-Tabelle: noch sechs Rennen, aber schon 40 Punkte Rückstand. Nur durchhalten, das reicht für Vettel im vierten Anlauf auf seinen fünften Titel nicht. "Wenn wir von jetzt an jedes Rennen gewinnen, dann reicht es", rechnete er vor, "deshalb muss genau das jetzt unser Ziel sein". Eine sehr optimistische - um nicht zu sagen verzweifelte - Rechnung. Denn von den letzten fünf Rennen konnte er nur eins gewinnen, auch deshalb hat Hamilton jetzt diesen komfortablen Vorsprung. Aber Vettel ist ein trotziger Mensch. Über die Taktik von Ferrari will er öffentlich gar nicht erst diskutieren: "Ich werde mein Team immer verteidigen." Auch wenn das von Mal zu Mal schwerer fällt.

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Maurizio Arrivabene

Formula One F1 - Singapore Grand Prix

Quelle: REUTERS

Mal sind es die Reifen, mal der Windschatten, mal der richtige Zeitpunkt für einen Fahrerwechsel. Es gibt eine Menge Dinge, die in der Scuderia, der der 61-Jährige vorsteht, gerade alles andere als optimal laufen. Für den Teamchef steht nicht nur der WM-Titel, sondern auch sein eigener Job auf dem Spiel. Öffentlich lässt er sich nichts anmerken. Hinter verschlossenen Werkstoren soll das anders aussehen. "Es ist noch nicht alles verloren", sagte er nach der verunglückten Reifen-Strategie von Singapur. "Ruhe und Entschlossenheit" forderte Arrivabene und versprach einen "Kampf bis zum Ende". Das scheint zum Mantra des Managers geworden zu sein, viel kann er sonst auch nicht mehr sagen. Offenbar hat Mercedes die PS-Überlegenheit des Ferraris durch eine perfekte Fahrzeugabstimmung wett gemacht. Das italienische Team hingegen hat den Vorteil auf den bisherigen Paradestrecken eingebüßt. Das mag an Details liegen, aber alles mündet in eine große Frage: Verspielt Ferrari Vettels Titelchancen?

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Die Hitze

F1 Grand Prix of Singapore

Quelle: Getty Images

Sich in das Cockpit beim Äquator-Grand-Prix hineinzuversetzen, ist nicht ganz so einfach wie vom Fernseh-Sofa im deutschen Spätsommer aus. Der Zuschauer stellt sich am besten vor, dass er in einer auf 60 Grad erhitzten Sauna sitzt, die direkt über der Achse eines mit Tempo 250 gegen den Uhrzeigersinn dahinrasenden ICE montiert ist und dabei Playstation spielen muss - volle zwei Stunden lang. "Das härteste Rennen des Jahres, für den Körper und den Kopf", sagte Sebastian Vettel nach dem Grand Prix in Singapur. Selbst wenn die Lufttemperatur nach Einbruch der Dunkelheit unter 30 Grad rutscht, bleiben für die Fahrer noch die Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent und die feuerfeste Wäsche. "Es fällt schon schwer, im Cockpit überhaupt zu atmen", sagte der Mexikaner Sergio Perez. Am Wichtigsten ist, genug zu trinken - Mercedes hatte Trinkflaschen mit 1,3 Liter Inhalt montiert. Belohnung für die Qual und den Verlust von zwei bis vier Kilogramm Körpergewicht: ein Bad in einem Planschbecken voller Eiswürfel.

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Charles Leclerc

F1 Grand Prix of Singapore - Qualifying

Quelle: Getty Images

Der neue Nebensitzer von Sebastian Vettel spürte bereits ein halbes Jahr vor seinem ersten Rennen im Ferrari, was es bedeutet, vollwertiges Mitglied des Teams zu sein. "Ich weiß, dass für eine Menge Menschen ein großes Fragezeichen hinter meiner Verpflichtung steht", sagte Charles Leclerc, der vor dem Abflug zum Nachtrennen noch schnell als Nachfolger von Kimi Räikkönen bekannt gegeben wurde. Der Monegasse erinnert in Auftritt, Fahrweise und Rennintelligenz stark an den jungen Michael Schumacher. Vettel sagte: "Ein guter Junge." Auf die Frage nach der nötigen Reife antwortete der 20-järige Leclerc: "Ich kann selbst schwer beurteilen, ob ich reif genug bin, aber ich glaube schon. Man muss sich nur Lewis Hamilton ansehen..." Der wurde im ersten Rennjahr Vize, im zweiten Jahr Weltmeister. Trotzdem fährt Leclerc zunächst auf Bewährung, er sagte: "Sollten meine Ergebnisse nicht gut genug sein, dann verdiene ich den Platz bei Ferrari auch nicht. Ich weiß, dass mir kein Lernjahr eingeräumt wird, ich muss sofort Ergebnisse liefern." Beim Rennen in Singapur, wo er zum ersten Mal überhaupt fuhr, holte er gleich zwei WM-Punkte.

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Mick Schumacher

Formel 3 auf dem Nürburgring

Quelle: Thomas Frey/dpa

Drei Formel-3-Rennen an einem Wochenende gewinnen, das hat Mick Schumacher, den 19 Jahre alten Sohn des Rekord-Weltmeisters, in den Fokus der Formel 1 katapultiert - zumal er beim Großen Preis von Italien in der Ferrari-Box zu Gast war. Das lässt die Fantasie blühen, jetzt, wo ein Generationswechsel in der Königsklasse ansteht. Prompt musste Maurizio Arrivabene, der amtierende Teamchef der Scuderia, Auskunft geben: "Wie könnte man in Maranello zu einem solchen Namen nein sagen?", bekannte der 61-Jährige. Er schränkte aber auch ein: "Das Wichtigste ist, dass er sich entwickeln kann, ohne dass Druck ausgeübt wird. Die Tür bei uns aber steht immer für ihn offen." Einen Haken hat die Sache allerdings noch, jedenfalls für 2019: Noch fehlen Mick Schumacher die nötigen Punkte für die Superlizenz (die er braucht, um in der Formel 1 zu starten). Aber für den Europameistertitel, der noch für ihn drin ist, bekäme er schon mal einen ordentlichen Bonus.

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Force India

F1 Grand Prix of Singapore

Quelle: Getty Images

Der neue Besitzer hat dem Rennstall den Beinamen "Racing Point" gegeben. Das mit dem Rennen auf den Punkt ist in Singapur so eine Sache gewesen. Drei Rennfahrer versuchten, Kurve drei als Erster zu nehmen, darunter Sergio Perez und Esteban Ocon mit ihren rosa Autos. Der rasende Stadtverkehr an der Marina Bay wird durch Betonmauern reglementiert, und deshalb rempelte der Mexikaner seinen französischen Teamkollegen nicht einfach bloß zur Seite, er drückte ihn automatisch in die Wand. Immerhin, es war eines der wenigen wirklich spannenden Manöver des Rennens, aber das Safety Car muss ausrücken. Perez behauptete, er habe Ocon nicht gesehen, das Spielchen zwischen den beiden geht schon eine Weile so. Diesmal gingen mindestens zehn WM-Punkte verloren, Ocons Auto ist ein Wrack. Boss Otmar Szafnauer empfahl jetzt einen Nichtangriffspakt für seine Fahrer: "Das Team ist wichtiger als der Einzelne." Perez lebte seinen Frust mit einem Revanchefoul an Sergej Sirotkin (Williams Mercedes, Platz 20) aus und kassierte noch eine Durchfahrtsstrafe. Am Ende blieb für Perez statt eines Punktgewinns nur der 16. Rang.

© SZ.de/lwo/chge/rus
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