Formel 1:56 Runden auf Bewährung für zwei Rückkehrer

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Ralf Schumacher und Jaques Villeneuve bestreien am Sonntag in Schanghai ihre ersten Rennen nach längerer Pause.

Von Elmar Brümmer

Nach fünf Runden mit dem Motorroller auf dem Shanghai International Circuit ist sich Ralf Schumacher sicher: "Ich weiß, wo's lang geht." Die Premiere der Formel 1 in China wird auch zu einem Grand Prix der Comebacks.

98 Tage nach seinem Unfall in Indianapolis kehrt Ralf Schumacher zurück, bei Jacques Villeneuve sind seit dem letzten Rennen gar 363 Tage vergangen. Am Sonntag (8 Uhr/RTL) darf der Kanadier für das Renault-Team an den Start gehen.

Schumacher und Villeneuve- beide fahren für den Rest der Saison auf Bewährung. Die Wechselspielchen in der Schlussphase - auch Jordan-Testfahrer Timo Glock kommt noch einmal zum Zuge - beleben die Formel 1 nach dem Titelgewinn von Ferrari nicht bloß sportlich.

Villeneuve und Schumacher sind für die Veranstalter ersehnte Zugpferde und für die beteiligten Rennställe noch mehr. In der Konstrukteurs-WM geht es nicht nur ums Prestige, der Unterschied zwischen den Plätzen macht mehrere Millionen Euro Preisgeld aus. Von den beiden Rückkehrern wird daher mannschaftsdienliches Verhalten verlangt.

Beide Fahrschüler gehen mit frisch gelöschten Arbeitsspeichern ins Rennen. Ralf Schumacher hat sich mit einer Interview-Offensive - Kerner, Spiegel, dpa - den Weg zurück gebahnt.

Der in Variationen wiederholte Kernsatz zum Unfallgeschehen: "Zum Glück kann ich mich an nichts erinnern, für mich hat der Unfall quasi gar nicht stattgefunden. Die TV-Bilder sehe ich wie ein Unbeteiligter. Und so spektakulär hat das gar nicht ausgesehen."

Keine Erinnerung, kein Grund zur Angst. "Ich bin zu hundert Prozent belastbar, sonst wäre ich nicht hier. Ich hoffe, dass es ein schönes, rundes Comeback wird."

"An meinen Zielen hat sich nichts geändert"

Dass sein Wechsel zu Toyota längst feststeht, ändert für Ralf Schumacher nichts an seiner Einstellung: "Dafür bin ich Profi genug. An meinen Zielen hat sich nichts geändert, an meinem Willen auch nicht. Ich habe dem Team viel zu verdanken, und deshalb möchte ich in den letzten Rennen so erfolgreich wie möglich sein", sagt er.

Natürlich will Schumacher nebenbei seinem neuen Arbeitgeber auch beweisen, dass er noch ganz der Alte ist. Bei Toyota trifft er 2005 auf Jarno Trulli, der bei Renault für Villeneuve weichen musste. Nach seinem Sieg in Monaco hatte sich der Italiener mit Teammanager Flavio Briatore überworfen.

Für 2005 verpflichtete Briatore daraufhin Giancarlo Fisichella. Das Vertrauensverhältnis war zerstört. Trulli soll für den fliegenden Wechsel gegen Villeneuve eine Abfindung kassiert haben.

Für Renault geht es noch um viel, nachdem zuletzt in Monza der zweite Platz in der Markenwertung an BAR-Honda verloren ging. Aufholen und überholen ist daher das einzige Anforderungsprofil an den mittlerweile 33 Jahre alten Villeneuve.

Der Kanadier muss nicht extra motiviert werden. Schließlich war der BAR-Rennstall, den es jetzt zu schlagen gilt, einst für ihn gegründet worden. Im letzten Herbst wurde der Champion von 1997 dann vom neuen Teamchef David Richards gegen den Japaner Takuma Sato ausgetauscht. Eine Demütigung.

Da ist mehr als eine Rechnung offen: "BAR zu schlagen, wäre großartig", sagt Villeneuve, der nun um etwas kämpfen muss, was er bisher voraussetzen konnte - seinen Marktwert. Als Dauerbesetzung erscheint er den Top-Rennställen nicht mehr adäquat.

"Ich weiß nicht, ob Jacques noch ein Siegertyp ist. Aber er will unbedingt Rennen fahren. Ich verspreche mir, dass er unser Team und seinen Kollegen Fernando Alonso motivieren kann. Deshalb haben wir ihn geholt", begründet Renault-Teamchef Flavio Briatore die spektakuläre Einwechslung. Die Formel 1 hat ihre Reizfiguren wieder, und gewinnt damit an Reiz.

© Süddeutsche Zeitung vom 24.09.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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