Formel 1:Rosberg klaut Hamilton das Selbstvertrauen

Singapore Formula One Grand Prix

Nico Rosberg (l.) und Lewis Hamilton (re.): In Singapur mit recht gegensätzlichen Gefühlen

(Foto: dpa)

In der munteren Formel-1-Saison übernimmt Nico Rosberg die WM-Führung. Da klingt Mercedes-Kollege Hamilton plötzlich wie ein weinerliches Kind.

Von René Hofmann

Für Nico Rosberg war es ein besonderer Sieg. Zum ersten Mal gewann er den Großen Preis von Singapur, das schillernde Nachtrennen der Formel 1, zu dessen Abschluss stets ein Feuerwerk gezündet wird. Nach seinen ersten Siegen auf den Traditionsstrecken in Spa-Francorchamps und in Monza war es der dritte Triumph in Serie für den 31-Jähren. Das wohl wichtigste aber: Mit ihm jagte Rosberg im 15. von geplant 21 Saisonrennen seinem Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton die Führung der Fahrerwertung wieder ab. Zum nächsten Auftritt am 2. Oktober in Malaysia reist Rosberg mit 273 Zählern, Hamilton kommt auf 265. Der Brite wurde in Singapur Dritter hinter dem Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo.

"Es war ein hartes, aber gutes Wochenende für mich", freute sich Rosberg im Ziel, wo ihm sein Teamkollege artig gratulierte. "Glückwunsch an Nico, er hat diesen Sieg verdient", sagte Hamilton, der einräumte: "Für mich war es ein harter Tag." Auf das Eingeständnis folgte allerdings umgehend eine Kampfansage: "Ich werde wieder zurückkommen", versprach der Weltmeister der Jahre 2008, 2014 und 2015, "der Kampf geht immer weiter." Im Vergleich dazu gab sich Rosberg eher zurückhaltend. Er verzichtete darauf, seine Rückkehr an die Spitze auszukosten. Stattdessen gab er an: "Ich konzentriere mich gar nicht auf die Punkte."

Rosberg hatte bereits am Samstag eine großartige Leistung gezeigt, als er den besten Startplatz erobert hatte. Eine seiner drei besten Runden überhaupt habe er dafür gedreht, so Rosberg. "Eine Wunderrunde" lobte auch sein Vorgesetzter, Team-Ober-Aufsichtsrat Niki Lauda. Die gute Ausgangsposition konnte Rosberg nutzen: Am Start strebte er ungefährdet als Erster in die erste Kurve. Dahinter reihten sich - in der Reihenfolge der Qualifikation - Ricciardo und Hamilton ein.

Hülkenberg kracht in die Boxenmauer

An der Spitze verlief das Rennen auf den ersten Metern unspektakulär. Etliche Meter weiter hinten aber wurde es turbulent. Nico Hülkenberg glückte in seinem Force India ein guter Start, der ihn fast auf Rang fünf nach vorne brachte. Auf dem Weg dorthin aber geriet der 29-Jährige zwischen die beiden Autos von Toro Rosso. Hülkenberg bekam einen Stoß, drehte sich und krachte frontal in die Boxenmauer. Sein Rennen war daraufhin zu Ende, was er "frustrierend und bitter" fand.

Damit die Wrackteile von der Strecke gesammelt werden konnten, übernahm erst einmal das Safety Car die Führung. In den acht Rennen, die seit dem Debüt 2008 in Singapur ausgetragen worden waren, war es insgesamt zwölf Mal gekreist. Dieses Mal blieb es bei einem Einsatz.

Als das Rennen wieder freigegeben wurde, strebte Rosberg erneut souverän davon. Im vergangenen Jahr hatte Mercedes es nicht hinbekommen, seine Autos auf den Stadtkurs abzustimmen, der insgesamt 23 Kurven aufweist. In diesem Jahr waren die WM-Dominatoren weit besser aufgestellt.

Vettel wird Fahrer des Tages

Für Lewis Hamilton war es trotzdem kein erfreuliches Wochenende. In keinem Training schaffte er es unter die drei Schnellsten. Auch sein dritter Platz in der Qualifikation war eine Enttäuschung. "Ich befand mich für einen Großteil des Jahres etwas im Hintertreffen", räumte Hamilton ein, um sich anschließend pragmatisch zu geben: "Demnach ist das für mich keine neue Situation."

Hamilton sind in diesem Jahr sechs Siege geglückt, Rosberg kommt bereits auf acht. Vom Saisonstart weg lag Hamilton in der Gesamtwertung zehn Rennen lang hinter Rosberg. In Budapest jagte er ihm dann den Spitzenplatz ab und verteidigte ihn in Hockenheim, in Belgien und in Italien. Zwei Punkte lag er vor dem Auftritt in Singapur noch vor Rosberg. Mit seinem insgesamt 22. Sieg zog der nun wieder vorbei. Das Pendel zwischen den beiden schwingt munter hin und her - munterer als in den vergangenen beiden Jahren, in denen Hamilton am Ende zweimal triumphierte.

Dass die Situation dem dreimaligen Weltmeister zu schaffen macht, war im Rennen deutlich zu hören. Hamilton klang am Funk mehr als einmal wie ein weinerliches Kind. "Hey Jungs, ich brauche wirklich eine Strategie, mit der ich überholen kann", mahnte er in Umlauf 16 an. Später wünschte er sich: "Ihr müsst euch einen Plan einfallen lassen, der verhindert, dass ich den dritten Platz verliere!" Nicht lange, nachdem er gewarnt wurde, seine Bremsen zu schonen, wollte er wissen: "Hat das andere Auto die gleichen Probleme?" Selbstvertrauen klingt anders.

Neuer Motor für Vettel

Rosberg im anderen Mercedes-Auto hatte übrigens durchaus die gleichen Probleme. Bereits früh im Rennen war er gewarnt worden, die Bremstemperaturen im Auge zu behalten. Rosberg tat es, so gut er konnte - was am Ende einer der Faktoren war, warum er den im Schlussspurt mit einer Drei-Stopp-Strategie stark auftrumpfenden Daniel Ricciardo in Schach halten konnte. Der Australier durfte zum fünften Mal in diesem Jahr zur Siegerehrung und freute sich, dass er Rosberg bis auf wenige Zehntelsekunden nahe kam.

Als Fahrer des Tages wurde Sebastian Vettel ausgezeichnet. An seinem Ferrari war am Samstag in der Qualifikation eine der Radaufhängungen gebrochen. Mit dem Dreirad-Ferrari war Vettel chancenlos gewesen. Vom Ende des Feldes aus glückte dem 29-Jährigen am Sonntag eine fulminante Aufholjagd: Vettel wurde Fünfter hinter seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen, dessen Strategie nicht ganz aufging. Zehn WM-Punkte - "mehr war nicht drin", bilanzierte Vettel, der darauf gehofft hatte, dass das Safety Car häufiger kreisen würde und der Panne in der Qualifikation zumindest etwas Gutes abgewinnen konnte: Für den Start ganz hinten wurde ihm de facto straffrei ein neuer Motor eingebaut. Das mildert die Materialsorgen für die restlichen Rennen.

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