Formel 1:Mutter stoppt Vettel

Jenson Button gewinnt den turbulenten Grand Prix von Melbourne - weil der Schnellste erneut eine folgenschwere Panne hat.

Elmar Brümmer, Melbourne

Kleinkariert, das wäre cool gewesen. Aber die Karos der Zielflagge hat Sebastian Vettel beim Großen Preis von Australien noch nie gesehen. Auch dieses Mal ruhte schon der Arm seines Teamchefs Christian Horner auf der Schulter des 22-Jährigen, als Jenson Button im McLaren zum Sieg kreiste. Richtig Halt konnte das Vettel nicht geben. Vor zwei Wochen, beim Saisonauftakt in Bahrain, hatte ihn eine defekte Zündkerze um den Sieg gebracht. Mit der Kraft von sieben Zylindern hatte er sich in der Wüste immerhin noch als Vierter ins Ziel geschleppt.

Beim Rennen in die australische Abenddämmerung hinein, kam es schlimmer. 31 Runden vor dem Ziel bohrte sich Vettels Red Bull in den Kies, weil am linken Vorderrad etwas kaputt gegangen war. Vettel selbst vermutete einen Bremsenschaden. "Nach Bahrain jetzt wieder mit so einem Mist dazustehen, ist schon ärgerlich", sagte er: "Ich selbst hätte heute nichts besser machen können."

Dass hätte er wirklich nicht. Wie in Bahrain war er vom besten Startplatz aus losgezogen. Wie in Bahrain hatte er den Grand Prix im ersten Renndrittel überlegen angeführt. Und wie in Bahrain war einzig die labile Technik an der Enttäuschung schuld. Statt mit 50 Punkten steht der jüngste Titel-Aspirant nach zwei von 19 Rennen nun mit zwölf Zählern da, das ergibt Platz sieben in der Fahrerwertung, die Vettel in diesem Jahr unbedingt gewinnen will.

Bereits im vergangenen Jahr hätte ihm das gelingen können, aber auch damals hatte ihn eine Pannenserie des Rennstalls, der dem Österreicher Dietrich Mateschitz gehört und der seine Autos in Milton Keynes bauen lässt, um alle Chancen gebracht. Schnell waren die Wagen, die in Mittelengland auf die Räder gestellt werden, auch im vergangenen Jahr - und in diesem Jahr sind sie es erneut. McLaren-Rivale Lewis Hamilton sagt sogar: "Der Red Bull ist wahnsinnig schnell." Nur zuverlässig ist er eben nicht.

Es ist die 27.von 58. Runden, Sebastian Vettel hat sich an die Einsamkeit und die schwierigen Bedingungen gewöhnt. Doch die ruhige Fahrt hat ein Ende. Vom Frontflügel sprühen links vorne plötzlich Funken, Vettel spürt die Vibrationen bis ans Lenkrad. Das Team beordert ihn für den nächsten Umlauf an die Garage. So weit aber kommt es nicht mehr. Extra vorsichtig bremst Sebastian Vettel Kurve Nummer 13 an, doch da ist kein Druck mehr auf dem Pedal, der RB6 schießt einfach geradeaus ins Kiesbett.

"Du verlierst den Bremsdruck, und bis der wieder da ist, bist du auch schon im Kiesbett", beschrieb Vettel, was ihm dieses Mal widerfuhr. In Bahrain hatte er den entscheidenden Moment, als ihn die folgenschwere Panne ereilte, noch in flapsigere Worte gepackt: "Und plötzlich hat es puff gemacht." Den Siegerpokal aus Melbourne hätte er besonders gerne mitgenommen - weil die Trophäe meist ein Känguru schmückt. Daraus wurde nun wieder nichts.

Ob ihm die Tatsache Trost spendet, dass er bereits am kommenden Wochenende in Malaysia einen neuen Anlauf nehmen kann? "Ehrlich gesagt würde ich im Moment am liebsten nach Hause fliegen", antwortete Vettel, bevor er sich doch noch zu einem trotzigen "Aber Lebbe geht weiter" durchrang. Fragen, ob er seinem Gefährt noch Vertrauen kann, weicht er aus. Das darf zumindest als Zweifel gedeutet werden.

Fahrzeugkonstrukteur Adrian Newey gilt als Extremist unter den Designern, in diesem Jahr hat sich der Brite für seine Verhältnisse aber sogar zurückgehalten und nur auf Evolutionen gesetzt. Dass auf den Wagen nicht immer Verlass ist, hatte sich bereits bei den Wintertestfahrten angedeutet, als Sebastian Vettel und sein Teamkollege Mark Webber trotz des verschobenen Debüts den Konkurrenten des Öfteren beim Rundendrehen nur zuschauen konnten.

Der Schwachpunkt der Konstruktion ist offenbar, dass sie nicht eine große Schwachstelle hat, sondern das immer mal wieder etwas anderes streikt. "Für mich hat es sich so angefühlt, als ob die Bremsscheibe explodiert ist", beschrieb Vettel den Australien-Defekt. Motorsport-Berater Helmut Marko ließ durchblicken, dass der Grund dafür möglicherweise beim Boxenstopp einige Runden zuvor zu finden ist: Offenbar griff eine der Radmuttern nicht so ins Gewinde, wie sie es sollte. Daraufhin begann der Pneu zu wackeln.

Fernseh-Bilder stützen diese These. Technik-Defekte, Schlampereien beim Boxenstopp - da ist es schwer, ruhig zu bleiben. Teamchef Chrisian Horner versuchte es zumindest. "Es ist frustrierend", sagte er, "aber wir haben ein sehr schnelles Auto. Das Problem, das wir hatten, müssen wir jetzt bis zum nächsten Rennen lösen."

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