Formel 3:Mick Schumacher befeuert den großen Hype

Formel-3-Rennen in Hockenheim - Mick Schumacher

Mick Schumacher ist Europameister in der Formel 3.

(Foto: dpa)
  • Mick Schumacher gewinnt in Hockenheim vorzeitig die Meisterschaft der Formel 3.
  • Er hat nun die nötigen 40 Punkte für die sogenannte Superlizenz zusammen, die einen Start in der Formel 1 ermöglicht.
  • Dass er wie einst sein Vater direkt in die Formel 1 wechseln darf, gilt aber als unwahrscheinlich.

Von Anna Dreher, Hockenheim

Mick Schumacher ließ sich überholen. Ein Wagen nach dem anderen durfte vorbei. Er wehrte sich nicht, es war ihm egal. Langsam fuhr Schumacher mit seinem Rennwagen auf der rechten Seite der Zielgeraden entlang. Dann streckte er die Faust aus dem Cockpit in die Luft, immer wieder. Auf den Tribünen des Hockenheimrings jubelten die Zuschauer, im Ziel Schumachers italienisches Team Prema - und im Auto er selbst. Eben hatte der talentierte Fahrer den ersten großen Titel seiner Karriere gewonnen: als erster Deutscher ist der Sohn von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher Europameister in der Formel 3. "Ich habe es mir nicht so schön vorgestellt, wie es jetzt eigentlich ist. Ich bin einfach baff", sagte Schumacher. "Es ist schwer zu beschreiben, was mir der Titel bedeutet. Das ist das beste Gefühl, das man haben kann."

Zahlreiche Fans waren angereist, um bei diesem Erfolg dabei zu sein. Sie hielten große Plakate mit Fotos von Mick, aber auch von Michael Schumacher hoch und trugen Fan-Shirts. TV-Kameras zeigten ergriffene Gesichter bei der Zieldurchfahrt, als sich der 19-Jährige mit Platz zwei den Titel sicherte. Sogar aus Brasilien waren Journalisten nach Hockenheim gekommen. "Es ist unglaublich, dass so viele extra für mich angereist sind", sagte Schumacher später. "An diese Aufmerksamkeit muss ich mich noch gewöhnen." Jüri Vips (Team Motopark) belegte den ersten Platz, Schumachers Teamkollege Ralf Aron kam auf Rang drei. Mit insgesamt acht Siegen in 29 Rennen baute Schumacher (347) vor dem Saisonfinale am Sonntag seinen Vorsprung auf 51 uneinholbare Punkte auf seinen Rivalen Daniel Ticktum (Motopark) aus. Der Brite musste sich mit Rang sieben begnügen.

Die Entscheidung hätte schon im ersten von den insgesamt drei Rennen an diesem Finalwochenende fallen können. Doch bereits in der ersten Runde kollidierte Schumacher in einem Duell mit seinem Teamkollegen Marcus Armstrong. "Ich hatte ziemlich viel Adrenalin bei diesem Rennen, aber daraus habe ich dann für das zweite gelernt", sagte Schumacher, der als Zwölfter am Morgen ohne Punktausbeute blieb. Ein paar Stunden später war dieser Crash bedeutungslos.

Nachdem Schumacher sein Auto geparkt hatte, stellte er sich vorne auf sein Auto, breitete erst seine Arme aus und ballte dann die Siegerfaust. Nach vielen Umarmungen atmete er tief durch und fasste sich ergriffen durch sein Visier ins Gesicht. Den Helm hatte er lange anbehalten. Er schnaufte tief durch, als er ihn schließlich doch abnahm: "Ich muss das erst alles sacken lassen. Wir hatten viel Druck und haben hart an diesem Titel gearbeitet. Das alles bedeutet mir extrem viel." An der Strecke waren auch Mutter Corinna und Schwester Gina-Maria - und natürlich kamen Gedanken an seinen Vater auf, der bei einem Skiunfall vor bald fünf Jahren schwere Kopfverletzungen erlitt. 1989 war dieser mit nur einem Punkt Rückstand auf den Sieger in der deutschen Formel 3 Dritter und ein Jahr später schließlich Meister geworden. 1991 begann seine Rekordzeit in der Königsklasse.

Der große Hype, der sich während der 19 Jahre langen und von sieben Weltmeistertiteln gekrönten Karriere um den Superstar auf der ganzen Welt entwickelte, strahlt längst auf seinen Sohn ab und dürfte nach dessen ersten Titelgewinn stark zunehmen. Auf die Frage, ob es eine Bürde oder ein Segen sei, mit einem derart berühmten Namen eine Karriere im Motorsport anzustreben, antwortete Mick Schumacher einem brasilianischen Fernsehreporter: "Es ist ein Vorteil, weil ich deswegen immer von Leuten umgeben war, die mir geholfen haben und mein Bestes wollten. Ich kann mich nicht beklagen." Genau diese Leute, sagte er später noch, seien für ihn so wichtig gewesen, um sich in dieser Saison bei all der Aufmerksamkeit und dem Druck zurückzuziehen - und sich auf den Titelgewinn konzentrieren zu können.

Es war die Rede von einem Loch, in das Schumacher gefallen sei

In der ersten Saisonhälfte hatte es nicht nach einem Triumph von Schumacher ausgesehen. In den ersten 14 Rennen waren zwei dritte Plätze seine besten Ergebnisse. Probleme bereitete ihm die Qualifikation, es war die Rede von einem Loch, in das der Nachwuchsfahrer gefallen sei. Er befreite sich daraus an einem Ort, der für seine Familie eine besondere Bedeutung hat: In Spa-Francorchamps, wo sein Vater zum ersten Mal ein Rennen in der Formel 1 fuhr und später zum ersten Mal gewann, holte Mick Schumacher seinen ersten Sieg in der Formel 3. Von da an lief es. In Spielberg und am Nürburgring konnte er gar fünf Mal hintereinander triumphieren - und übernahm danach erstmals die Führung in der Gesamtwertung.

Neben dem Titel hat Schumacher nun auch die nötigen 40 Punkte für die sogenannte Superlizenz, die einen Start in der Formel 1 ermöglicht. Dass er diesen Schritt wie sein Vater damals schon zur nächsten Saison macht, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Schumacher könnte zunächst in der Formel 2 oder der japanischen Superformel weitere Erfahrung für den mit großen Erwartungen behafteten Wechsel nach ganz oben sammeln: "Wie es weiter geht, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Erst stehen noch Gespräche an." Und am Abend seines größten Erfolges? Da wollte Mick Schumacher früh schlafen gehen. Am Sonntag stand schließlich noch ein Rennen an.

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