Formel 1:"Man sollte ihnen nicht mal erlauben zu reden"

Lesezeit: 3 min

Lewis Hamilton startet auf der Pole Position. (Foto: AP)
  • Vermarkter Bernie Ecclestone gegen die Fahrer: In der Formel 1 spitzt sich ein Machtkampf zu.
  • Die Zuschauer dürfen sich weiter über das verwunderliche Qualifying ärgern. In Bahrain siegt wieder Hamilton vor Rosberg.
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Von Elmar Brümmer, Sakhir

Gut drei Minuten vor Schluss stellen die Top-Teams in der Qualifikation zum Großen Preis von Bahrain die Arbeit ein; die Vernunft, die Reifen und die neuen Regeln verhindern das große Finale. Immerhin verbessert sich Weltmeister Lewis Hamilton in seinem zweiten Versuch von Rang vier auf die Pole-Position. Damit ist die Reihenfolge am Start die gleiche wie schon beim Saisonauftakt in Australien: Hamilton vor seinem Teamkollegen Nico Rosberg und den beiden Ferrari von Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen.

Das Silberpfeil-Duo konnte einmal mehr von der besten Motorenleistung auf der schnellsten Runde profitieren, die Italiener setzen auf das Rennen und eine andere Reifenstrategie. Erfreulich aus deutscher Sicht auch das Abschneiden von Nico Hülkenberg, der seinen Force-India-Mercedes auf den achten Platz stellte und Neuling Pascal Wehrlein, der seinen Manor-Mercedes auf Rang 16 platziert. "Das war meine einzige optimale Runde bisher, ich hoffe, im Rennen kommen noch einige hinzu", sagt Hamilton. In der Steinwüste wird unter Flutlicht gefahren, Rennstart ist daher um 17 Uhr deutscher Zeit.

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Die Kritik am wenig transparenten Qualifikationsmodus mildert der neuerliche Schlagabtausch Silber/Rot nicht, RTL-Kommentator Niki Lauda spricht weiterhin von einem "Griff ins Klo". Sich auf die langsamsten Fahrer konzentrieren zu müssen, das ist die Umkehr des Grundgedankens der Formel 1 - und das Prinzip der umstrittenen Qualifikationsregelung, die in Bahrain zum zweiten und vielleicht letzten Mal in dieser Form stattgefunden hat. Jean Todt, Präsident des Automobilweltverbandes FIA hat für Sonntagvormittag ein Treffen mit Vermarkter Bernie Ecclestone und den elf Teamchefs einberufen, um endlich ein Reglement zu finden, das möglichst viele zufriedenstellt und vor allem den Rest der Saison gelten kann.

Der Franzose will zumindest teilweise sein Gesicht wahren und daher den 90-Sekunden-K.O. in den ersten beiden Abschnitten beibehalten, und am liebsten nur die Top Ten wie in den letzten Jahren frei bis zum Schluss fahren lassen. Das war schon nach dem Fiasko in Melbourne sein Plan, aber die notwendige Einstimmigkeit konnte nicht erreicht werden. Für die neue Abstimmung jedoch sei er "optimistisch". Das, was da wider besseren Wissens samstags auf den Rennstrecken getrieben wird, wertet Sebastian Vettel in klaren Worten: "Das ist so, als würdest du partout Vanille-Eis verkaufen, obwohl alle deine Kunden Schokolade-Eis wollen."

Aus Fortschritt wird Stillstand

Mehr und mehr wird klar, dass der für das Publikum wie für viele Beteiligte obskure Streit auch ein Machtkampf zwischen dem Formel-1-Management und den Rennfahrern wird. Zuerst hatte die Fahrergewerkschaft GPDA in Form eines offenen Briefes einen Notruf abgesetzt: "Wir haben das Gefühl, dass einige Regeländerungen, seien sie sportlicher, technischer oder geschäftlicher Art, zerstörerisch sind, die wirklich großen Probleme unseres Sports nicht lösen und daher den Erfolg der Formel 1 aufs Spiel setzen." Aus Fortschritt werde Stillstand, wie das aktuelle Beispiel des Qualifyings zeige. Die Piloten forderten verklausuliert die Ablösung von Ecclestone: "Wir drängen darauf und bitten die Inhaber und alle Verantwortlichen der Formel 1, ihre Führungsstruktur zu überdenken."

Weltmeister Lewis Hamilton legte in Sakhir nochmal nach: "Es gibt keine geradlinigen Entscheidungen, sondern es ist ein ständiges Hin und Her. Zuerst wird so entschieden, eine Minute später ist es schon wieder anders. So ist die Formel 1." Hamilton, den momentan Ecclestone wie auch Renndirektor Charlie Whiting auf dem Kieker zu haben scheinen, spielt im Machtkampf die Praktiker-Karte: "Wir wollen nicht die Entscheider sein. Aber wir Fahrer wissen am besten, was das Racing spannend machen könnte."

Ecclestone hatte in einer ersten Reaktion den Fahrern mit ihrer Kritik noch Recht gegeben und sarkastisch nur einen Grammatikfehler im offenen Brief angekreidet. Bei einer Interviewrunde in Bahrain, in der er in eigener Sache Stimmung machen wollte, verweigerte der 85-Jährige hämisch jedes Mitspracherecht: "Man sollte ihnen nicht mal erlauben zu reden. Sie sollten sich ins Auto setzen und fahren. Welches Interesse haben die Fahrer, außer das Geld mitzunehmen aus dem Sport? Du gehst mit ihnen essen und sie bezahlen nicht mal die Rechnung..."

Manche Piloten hält er laut Daily Mail für "Schwätzer", andere würden nur verbreiten, was ihnen die Teams vorsagen: "Die Rennfahrer haben keine Stärke." Einen Sitz in der Formel-1-Entscheidungskommission, für den der GPDA-Direktor Alexander Wurz gehandelt wurde, werde es laut Ecclestone nicht geben.

Der Vermarkter, der angeblich einen Käufer gefunden hat, der 8,5 Milliarden Dollar für die Formel 1 ausgeben will, möchte sich komplett reinwaschen, was die peinliche Streiterei angeht. In scheinbarer Selbstkritik gibt er gegenüber der BBC zu, derzeit keine sehr gute Show abzuliefern: "Es ist so, als ob man sich Tickets für ein Konzert der Rolling Stones kauft, aber Mick Jagger singt nicht und die anderen können die Instrumente nicht spielen. Da wären die Leute auch nicht happy. Sie würden sich beschweren, dass das, was ihnen für ihr Geld geboten wird, zu wenig ist."

Vor allem ist ihm wichtig, dass der Modus nicht seine Idee war, sondern die von Jean Todt. Er habe nur zugestimmt, weil er sich nicht querlegen wollte.

© SZ vom 03.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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