Formel 1 in Japan:Und Hamilton fährt einsam Richtung Titel

Formula One - Japanese Grand Prix

Fast sicherer Weltmeister: Lewis Hamilton.

(Foto: REUTERS)
  • Lewis Hamilton gewinnt den Großen Preis von Japan und kann den Weltmeister-Titel kaum noch verspielen.
  • Sebastian Vettel vergibt mit einem überstürzten Überholmanöver seine kleine Chance auf den Sieg.
  • Es kommt zur Kollision mit Max Verstappen. Vettel sieht den Fehler aber nicht bei sich.

Von Anna Dreher

Lewis Hamilton nahm sich viel Zeit, jetzt hatte er keine Eile mehr. Seinen Mercedes parkte er nach 53 Runden auf dem Stellplatz mit der Nummer eins. Bedächtig zog er seinen Helm aus. Der 33-Jährige zeigte das zufriedene Lächeln eines Siegers, der wusste, an diesem Tag, da hatte er alles richtig gemacht. Mal wieder. Hamilton hat am Sonntag den Großen Preis von Japan gewonnen, fast spielerisch ist ihm das gelungen. Es ist sein neunter Saisonsieg, der vierte nacheinander und der 71. nach der 80. Pole Position seiner Karriere. Zweiter wurde mit fast 13 Sekunden Rückstand Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas vor Max Verstappen im Red Bull. Hamilton hat erneut Marken gesetzt in der Formel 1, die er inzwischen unangefochten dominiert. Und schon im nächsten Rennen in den USA könnte eine weitere folgen: Wenn der Brite mindestens acht Punkte mehr als sein deutscher Gegenspieler im Kampf um den fünften Titel holt, kann er frühzeitig Weltmeister werden. Und Sebastian Vettel hätte im Ferrari erneut das Nachsehen.

"Ich bin absolut glücklich, das ganze Wochenende war unglaublich stark. Das ist ein tolles Gefühl", sagte Hamilton nur wenige Meter von seinem Wagen entfernt vor der Siegerehrung. "Die Jungs an der Strecke und im Werk arbeiten so hart, um all das hier möglich zu machen und dieses Biest hier zur Verfügung zu stellen. Ich bin so stolz darauf, so fahren zu können, wie ich hier fahren kann." Es ist das Gesamtpaket, das Mercedes auch in Japan unschlagbar gemacht hat und Ferrari langsam aber sicher zur Verzweiflung bringt. An Hamilton und sein selbsternanntes silbernes Biest kommt die Scuderia nicht heran. In der Gesamtwertung liegt er als Führender mit 331 Punkten nun 67 Zähler vor Vettel, hundert werden in den verbleibenden vier Rennen noch maximal vergeben. Noch ist also eigentlich nicht alles vorbei für Ferrari und den Heppenheimer. Aber die theoretischen Rechenspiele sind nur ein schwacher Trost, wenn die tatsächlichen Resultate das Ergebnis dieser Saison vorweg zu nehmen scheinen.

Die Kombination Vettel/Ferrari hat sich dieses Jahr zu oft um wichtige Punkte gebracht. Unter Druck unterlaufen sowohl dem Rennfahrer als auch dem Team auffallend viele Fehler. Suzuka war ein weiteres Beispiel dafür. Auf seiner erklärten Lieblingsstrecke, auf der Vettel in seiner Karriere als Red-Bull-Fahrer schon vier Mal gewinnen konnte, schätzte Ferrari in der Qualifikation die Wetterverhältnisse falsch ein. Während die beiden Mercedes-Piloten Hamilton und Valtteri Bottas auf Trockenreifen Bestzeiten vorlegten, suchte Ferrari noch nach der richtigen Mischung und hatte dann im Regen deutlichen Rückstand: Kimi Räikkönen wurde hinter Max Verstappen im Red Bull Vierter, Vettel kam am Ende auf Rang acht. "Einen anderen Plan, als nach vorn zu kommen, gibt es nicht", sagte er danach enttäuscht im Regen. Diesen Plan versuchte Vettel von Beginn an umzusetzen, was ihm beim Start schon gut gelang.

In der ersten Runde machte er gleich vier Plätze gut. Auch seinen Teamkollegen konnte er überholen, nachdem Verstappen sich in einer Schikane verbremst hatte, ins Gras auswich und bei seiner Rückkehr auf den Asphalt Räikkönen abdrängte. Die Fünf-Sekunden-Strafe, die Verstappen (er bezeichnete sie als "lächerlich") dafür erhielt, schadete ihm auf dem Weg zu Platz drei nicht wirklich. Die Aufmerksamkeit zog er kurz danach jedoch erneut auf sich. Wieder war Vettel involviert, dieses Mal allerdings nicht als Profiteur von Verstappens aggressiver Fahrweise: Nach einer Safety-Car-Phase versuchte Vettel in der Löffelkurve an dem Niederländer auf Platz drei vorbeizukommen - zu hastig und mit dem dafür falschen, nicht für seine Zurückhaltung bekannten Gegenüber. Der Ferrari landete im Seitenkasten des Red Bull, wurde beschädigt und drehte sich. Vettel fiel bis auf den vorletzten Platz zurück und brachte sich wieder einmal um wichtige Punkte.

Ob das zu viel des Guten war? "Nö", antwortete Vettel lapidar. Er habe am Aufleuchten der roten LEDs am Heck gesehen, dass Verstappen an Schub verliere. "Wenn ich es da nicht versuche, kann ich auch zu Hause bleiben. Von innen war Platz und er hat mir keinen Platz gelassen. Dass ich dann derjenige bin, der sich dreht, ist nicht verdient." Und während Hamilton an der Spitze seinen Spaß ein weiteres Mal in dieser Saison daraus ziehen konnte, niemanden vor sich zu haben, musste sich Vettel das Rennen mit Überholmanövern schön fahren. Nach 35 Runden war er wieder Sechster hinter den beiden Mercedes, den Red Bull von Verstappen und Daniel Ricciardo - der sich von Rang 15 akribisch nach vorne gearbeitet hatte - und Räikkönen. Dann ging es nicht weiter nach vorne für ihn. "Die letzten 20 Runden hatte ich ziemlich Langweile, weil da nichts mehr zu holen war. Das war dann kein besonders spannendes Rennen mehr", sagte Vettel. "Wenn es so läuft, fällt es den anderen natürlich in den Schoß. Aber darüber habe ich beim Rennen nicht nachgedacht, sondern versucht, es zu Ende zu fahren."

Was an diesem Rennwochenende passiert ist, bezeichnete Teamchef Maurizio Arrivabene als "inakzeptabel". Die von Ferrari erhoffte Wende konnte der stolze Rennstall erneut nicht einleiten, damit dürfte aus dem so ersehnten Weltmeister-Titel nichts mehr werden. Und Hamilton? Der nahm nach einem ungefährdeten Sieg euphorische Glückwünsche aus seiner Box entgegen. "Ein absolut perfektes Wochenende", wurde ihm per Funk attestiert, "ein Grand Slam!" Und da war er dann doch, ein kleiner Fehler, der sich in die sonst perfekte Darbietung der Mercedes an diesem Wochenende schmuggelte. Denn ein Grand Slam aus Pole Position, Sieg und schnellster Runde war Hamilton in Suzuka nicht gelungen. Der Schnellste auf den 5,807 Kilometern war an diesem Tag Sebastian Vettel.

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