Formel 1 in Ungarn:Lewis Hamiltons Stern geht auf

F1 Grand Prix of Hungary

Fuhr ungestört zum 22. Sieg: Lewis Hamilton in Ungarn

(Foto: Getty Images)

Der Brite Lewis Hamilton gewinnt beim Großen Preis von Ungarn zum ersten Mal für sein neues Team Mercedes. Sebastian Vettel wird Dritter - Kimi Räikkönen lässt ihn auf den letzten Runden einfach nicht vorbei. Der Finne ist nun Vettels größter Konkurrent um den WM-Titel.

Von Michael Neudecker, Budapest

Jeder redet über die Hitze in diesen Tagen, aber niemand hat bislang so schöne Worte gefunden wie Heinz Prüller. Heinz Prüller hat sich als Fernsehkommentator zu einer Ikone in seiner Heimat Österreich hochgeredet, inzwischen ist er Kolumnist bei der Kronen-Zeitung, als solcher hat er vor dem Großen Preis von Ungarn darauf verwiesen, was es heißt, bei 40 Grad ein Formel-1-Rennen zu fahren: "Jeder Boxenstopp ein Gruß aus der Hölle", schrieb Prüller, "wie der Gluthauch des Teufels." Der Gluthauch des Teufels, darauf muss man kommen.

Sebastian Vettel drückte es am späten Sonntagnachmittag etwas konservativer aus, er sagte: "Es war ziemlich heiß", vor allem am Ende sei das ein Problem, "wenn das Trinkwasser so warm ist wie Tee". Man habe nicht so nahe am Limit fahren können wie sonst, sagte Helmut Marko, Motorsportberater bei Vettels Red-Bull-Team, um die Gefahr des Überhitzens zu reduzieren. Unter anderem deshalb kam Vettel in Budapest letztlich als Dritter ins Ziel, hinter Kimi Räikkönen im Lotus und dem Sieger Lewis Hamilton, der zum ersten Mal im Mercedes gewann.

Ein Formel-1-Auto ist offen, aber wegen der Aerodynamik spüren die Fahrer keinen Fahrtwind, weshalb etwa Nico Rosberg vor dem Rennen sein Team bat, ihn daran zu erinnern, genügend zu trinken, denn Hitze beeinträchtigt die Konzentrationsfähigkeit. Bei Rennen mit hohen Temperaturen ergreifen die Teams ein paar besondere Maßnahmen, das Loch unter dem Heckflügel etwa, aus dem die heiße Luft des Motors ausströmt, ist größer als sonst, zudem müssen die Fahrer darauf achten, den Motor mehr zu kühlen, indem sie früher einen Gang höher schalten oder früher vom Gas gehen, um die Drehzahlen niedriger zu halten.

Sebastian Vettel hat das Hitze-Management sogar kurzzeitig in Schwierigkeiten gebracht: In Runde 14, Vettel fuhr gerade auf Rang vier dicht hinter Jenson Button, wies ihn sein Mechaniker an, aus Buttons Windschatten herauszufahren, um dem Auto mehr Kühlung zu verschaffen. Vettel gehorchte, verlor auf Button - und hatte es bald darauf mit Verfolger Romain Grosjean zu tun.

Vettel gegen Grosjean, das war in der ersten Rennhälfte das heftigste Duell. Schon in der Startaufstellung war Grosjean, Drittschnellster des Qualifyings, direkt hinter dem Zweiten Vettel gewesen. Die Pole Position hatte Lewis Hamilton inne, aber weil der einen bekanntermaßen Reifen-mordenden Mercedes steuert, hatte er vor dem Rennen betont, die Pole Position sei schön, aber eine Chance auf den Sieg sehe er nicht.

Der Reifenhersteller Pirelli stellte allerdings für Budapest neue Reifen zur Verfügung, die vor zwei Wochen von allen Teams getestet wurden außer von Mercedes, das wegen der sogenannten "Test-Affäre" ausgeschlossen war: Mercedes hatte vor Wochen einen verbotenen Test mit Pirelli absolviert. Und jetzt: "Die neuen Reifen kommen uns entgegen", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nach dem Rennen, was für eine Pointe.

"Das war das erste Mal, dass die Reifen kein wirkliches Problem waren", sagte Hamilton, "ich bin baff." Sein von Position vier startender Teamkollege Nico Rosberg allerdings hatte davon nichts: Rosberg hatte schon beim Start Schwierigkeiten, er wurde durchgereicht, und fünf Runden vor Schluss brannte sein Motor.

Nach zehn Runden fuhr Hamilton als Erster an die Box, die Reifen waren auf dem heißen Asphalt schon unbrauchbar geworden, zwei Runden später ließ auch Vettel neue Reifen aufziehen. Grosjean folgte in Runde 14, er reihte sich dann wieder hinter Vettel ein: sehr dicht hinter Vettel.

Räikkönen verteidigt zu gut

Der Zweikampf Vettel gegen Grosjean dauerte zehn Runden, dann wehrte sich Vettel, indem er auf Button aufschloss und an ihm vorbeizog. Dabei, sagte Vettel später, habe er seinen Frontflügel ein wenig beschädigt, noch härter aber traf es Grosjean: Der Franzose folgte Vettel, aber er berührte Button und wurde dafür mit einer Durchfahrtsstrafe belegt. Das Duell war beendet, Grosjean wurde schließlich Sechster.

Vettel versuchte fortan alles, Lewis Hamilton einzuholen, aber das Gerangel mit Button und Grosjean hatte ihn zu viel gekostet. Es gab nur einen Moment, in dem Hamiltons Sieg in Zweifel stand, einen sehr kurzen Moment: Nachdem Hamilton zum dritten Mal an der Box war, kam er hinter dem stark fahrenden Mark Webber auf die Strecke - Vettels Teamkollege war am Start nur Zehnter gewesen, im Ziel dann aber Vierter -, vorne lag Vettel, er hätte einen Vorsprung herausfahren können, hätte Webber Hamilton aufgehalten. Aber nach ein paar hundert Metern schon zog Hamilton mit einem riskanten Manöver an Webber vorbei. Kurz darauf musste auch Vettel zum dritten Mal an die Box, und Hamilton fuhr ungestört dem 22. Sieg seiner Karriere entgegen.

Durch Vettels Boxenstopp rückte der von Rang sechs gestartete Kimi Räikkönen auf Rang zwei auf, er fuhr als einziger in den Top Fünf nur zwei- statt dreimal an die Box. Je länger das Rennen dauerte, desto langsamer wurde Räikkönen mit den doch stark beanspruchten Reifen zwar, aber der Finne blieb schnell genug, um sich gegen Vettel wehren zu können. Vettel setzte mehrmals zum Überholen an, aber Räikkönen verteidigte gut: Vettel kam einfach nicht vorbei.

Weil Fernando Alonso als Fünfter mit dem Sieg nichts zu tun hatte, baute Vettel den Vorsprung in der WM-Wertung aus. Alonso liegt nun auf Platz drei, Zweiter ist Räikkönen, 38 Punkte hinter Vettel. So bleibt das nun vier Wochen: Die Formel 1 hat jetzt Ferien.

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