Formel 1 in Spielberg:Vettel parkt die Gurke

Der Finne Valtteri Bottas trinkt den besten Champagner seines Lebens. Gewinnertyp Dietrich Mateschitz erträgt das Debakel seines Rennteams tapfer. Und Sebastian Vettel fällt immer dann aus, wenn sein alter Rivale Mark Webber an der Strecke steht. Die Zehn Zylinder vom Rennen in Spielberg.

Von Elmar Brümmer, Spielberg

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Formel 1 in Spielberg:Felipe Massa

Williams Formula One driver Massa of Brazil leads the pack at the start during the Austrian F1 Grand Prix at the Red Bull Ring circuit in Spielberg

Quelle: REUTERS

Sebastian Vettel fälllt immer dann aus, wenn sein alter Rivale Mark Webber an der Strecke steht. Der Finne Valtteri Bottas trinkt den besten Champagner seines Lebens. Und der Gewinnertyp Dietrich Mateschitz erträgt das Debakel seines Rennteams tapfer. Die Zehn Zylinder vom Rennen in Spielberg.

Felipe Massa: Pole Position! Das ist im Leben von Felipe Massa, 33, ein magisches Wort. Weil es so selten vorkommt. Bevor dem Brasilianer beim Großen Preis von Österreich die samstägliche Überraschung gelang, hatte er im November 2008 zum letzten Mal ganz vorn gestanden. Es war das Rennen, bei dem er den greifbar nahen WM-Titel verspielte. Auch in Spielberg ging der von Ferrari vor der Saison geschasste Massa leer aus - Platz vier in seinem 199. Rennen. Er lächelte, und dieser Gesichtsausdruck provoziert bei ihm meistens Mitleid. Immerhin darf er sich des Respekts von Söhnchen Felipinho sicher sein: "Mein Sohn hat mich noch nie auf Platz eins gesehen. Dieser Moment hat mich sooo stolz gemacht." Jetzt muss das nur noch von Samstag auf Sonntag konserviert werden.

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Formel 1 in Spielberg:Sebastian Vettel

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Sebastian Vettel: Die Hände zum Himmel! Erste Runde, nächster Defekt. Das Auto des Weltmeisters hat keine Power mehr, Sebastian Vettel rollt als Verkehrshindernis zur Seite. Aber er wird erhört von den höheren Mächten im Renault-Motor, das Aggregat gewinnt wieder Leistung, nachdem er zuvor ins Leere getreten hat. Allerdings erst, nachdem Vettel überrundet ist. Zur Halbzeit stellt er den RB 10, den er schon Mal "Gurke" nennt, ab - "um Kilometer zu sparen". Um wieder um den Titel zu fahren, müsste schon ein Wunder geschehen. Red Bull Racing überlegt tatsächlich, in Zukunft vielleicht einen eigenen Hybrid-Turbo zu bauen. Renault ist nach dem dritten Ausfall im achten WM-Lauf unter Druck wie nie. Vielleicht gibt es aber auch eine mystische Erklärung: Immer dann, wenn Vettels alter Rivale Mark Webber an der Piste auftaucht, fällt der Heppenheimer aus ...

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Formel 1 in Spielberg:Valtteri Bottas

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Valtteri Bottas: Er ist zwar Finne, aber nicht so schweigsam wie seine Landsleute Mika Häkkinen und Kimi Räikkönen. Aber eine ähnliche große Formel-1-Hoffnung. Belegt durch seinen ersten Podiumsplatz in seinem 27. Grand Prix, der sicher auch dem Mercedes-Aggregat geschuldet ist, das seinen Williams-Rennwagen antreibt. Der 24-Jährige, der mit der finnischen Olympia-Schwimmerin Emilia Pikkarainen zusammenlebt, kostete seinen vorerst größten Augenblick voll aus: "Es ist schwierig zu beschreiben, was gerade in mir vorgeht. Aber es ist der beste Champagner gewesen, den ich je probiert habe. Die ganze harte Arbeit zeigt sich in Momenten wie diesem." Dass er am Kollegen Massa vorbeigezogen ist, reicht ihm auch nur für diesmal. Künftig darf es mehr sein: "Da gibt es ja noch zwei andere Stufen auf dem Podium ..."

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Formel 1 in Spielberg:Esteban Gutierrez

Esteban Gutierrez

Quelle: AP

Esteban Gutierrez: Letzter im Ziel zu sein, das wird so langsam zum Stammplatz von Esteban Gutierrez. Dabei wollte der Mexikaner nach seinem Formel-1-Lehrjahr 2013 jetzt richtig durchstarten. Daran hindert ihn vor allem der Rennwagen des Sauber-Teams, der nicht richtig in die Gänge kommt. Die Schweizer, noch punktlos, sind darob ungewöhnlich nervös. Beim Boxenstopp wird das rechte Hinterrad nicht richtig festgezogen. Der Fahrer wird dafür mehrfach bestraft: Er verliert Zeit, verstrickt sich dadurch in eine Kollision mit Sebastian Vettel, bekommt einen Zehn-Sekunden-Strafhalt aufgebrummt und wird beim nächsten Rennen um zehn Startplätze nach hinten versetzen. Und in der Panik ergeht der Funkspruch, sofort anzuhalten, auch an den Teamkollegen Adrian Sutil auf der Strecke ...

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Formel 1 in Spielberg:Toto Wolff

F1 Grand Prix of Austria - Practice

Quelle: Getty Images

Toto Wolff: Er ist das sonnigste Gemüt, dass es unter den Teamchefs der Formel 1 gibt, was bei dem Mercedes-Motorsportdirektor nicht nur durch das rekordträchtige Ergebnis auf dem Red-Bull-Ring gefördert wird. Schon vor dem sechsten Doppel-Erfolg der Silberpfeile, drei Fahrern mit Mercedes-Power auf dem Podium und sieben in den Top Ten hatte die Stuttgarter Marketingabteilung freche Plakate mit der Aufschrift "Heimspielberg" in der Umgebung geklebt. Toto Wolff, 42, Unternehmer aus Wien, partizipiert auch als Anteilseigner am Mercedes-Team vom Erfolg. Und verkauft sukzessive seine Aktien, die er als ehemaliger Geschäftsführer noch beim neuen Rivalen Williams besitzt. In dieser Woche zehn Prozent. Er wird trotzdem immer ein Auge auf seinen alten Arbeitgeber haben - denn dort ist seine Gattin Suzie Testfahrerin.

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Formel 1 in Spielberg:Dietrich Mateschitz

Dietrich Mateschitz

Quelle: dpa

Dietrich Mateschitz: Zu seinem 70. Geburtstag haben sie ein Fan-Fest für ihn veranstaltet, zu dem ist er nicht gekommen. Weil der Chef des Red-Bull-Imperiums trotz des großen Ruhms, des eigenen Rennteams, der eigenen Rennstrecke und der angeblich mehr als sechs Milliarden Euro auf dem Privatkonto ein eher scheuer Mensch geblieben ist. Zur Verleihung des steirischen Ehrenrings ist er dann gekommen, weil er Patriot sei. Und das Debakel seines Rennstalls hat er auch tapfer ertragen, auch wenn er das Verlieren gar nicht mag. Aber wem mit Autoaufklebern "Danke, Dietrich Mateschitz" dafür gehuldigt wird, 71 Millionen Euro an Wirtschaftskraft in die strukturschwache Region gebracht zu haben, der darf sich einmal mehr als Gewinner fühlen. Es ist das Lächeln eines Denkmals.

(Foto: Archivbild)

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Formel 1 in Spielberg:Nico Rosberg

Austria Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Nico Rosberg: Die Fragen an den Sieger gehen schon mal in eine eindeutige Richtung. Ob sich der - meist glattrasierte - WM-Spitzenreiter im Falle eines Titelgewinns auch einen Schnauzbart stehen lassen würde wie Papa Keke, der 1982 mit nur einem Sieg Weltmeister geworden war. Mit einem Grinsen antwortete er nach seinem dritten Saisonerfolg: "Vielleicht." Aber da spürt einer, dass er langsam aber sicher dem großen Gegenspieler Hamilton den Schneid abkaufen kann: "Ich habe für dieses Rennen mein Ziel erreicht, meine WM-Führung auszubauen." Eine Überlegenheit, die sich vor allem aus der Überlegtheit speist, und großer Kontinuität - Nico Rosberg ist einer von drei Piloten, die bislang in jedem Rennen punkten konnten. Der große Unterschied zu Fernando Alonso und Nico Hülkenberg, den anderen Dauer-Punktern: Rosberg kam nie schlechter als auf Rang zwei ins Ziel. So kann man am Ende Erster sein.

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Formel 1 in Spielberg:Lewis Hamilton

-

Quelle: AP

Lewis Hamilton: 29 Punkte Rückstand in der WM-Wertung auf Nico Rosberg, vier mehr, als er maximal bei seinem Heimspiel im nächsten Rennen in Silverstone gut machen kann - so wird der zweite Platz von Spielberg für Lewis Hamilton zur nächsten Niederlage. Zwei Ausfälle in diesem Jahr schon, während Gegenspieler und Ex-Kumpel Nico Rosberg immer in die Punkte kam. Das nährt die Verzweiflung. Während der wilden Jagd der beiden Silberpfeil-Piloten fragte der Brite pausenlos nach der Erlaubnis für spritfressende Zusatzpower, erst fünf Runden vor Schluss wurde sie gewährt. Da züngelten schon Flammen aus den Felgen der Räder, so überhitzt hatte Hamilton seine Bremsen bei seiner Aufholjagd von Rang neun. Im letzten Umlauf war er auf 0,5 Sekunden an Rosberg dran, aber eben nur dran. Aus dem Cockpit ausgestiegen, boxte er seinen Rivalen - diesmal allerdings freundschaftlich.

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Formel 1 in Spielberg:Der Spielberg

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Der Spielberg: "Nomen est Omen" ist der Wahlspruch der Rennstrecke, die es eigentlich nicht mehr geben sollte, und die mit 100.000 Zuschauern ein rasendes Volksfest zelebrierte. Gewiss, es gibt Pisten, die besser für die Formel 1 geeignet sind als die nur vier Kilometer lange Berg- und Talbahn. Aber es gibt wohl kaum einen Landstrich, sorry Nürburgring, in dem die gesamte Bevölkerung mehr Anteil am Grand-Prix-Gastspiel nimmt als in der Steiermark. Österreich und die Formel 1, da ist mehr im Spiel als nur Stolz: Es ist die berühmte Frage der Ehre. Einen aktiven Piloten aus dem Land gibt es schon seit vier Jahren nicht mehr, der letzte WM-Titel liegt drei Jahrzehnte zurück. Macht ja nix, wenn die Zeitung aus der Hauptstadt eine ganze Seite füllen kann mit 33 Österreichern, die den Grand-Prix-Sport geprägt haben: "Ohne sie wäre die Formel 1 weniger bunt."

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Formel 1 in Spielberg:Charlie Whiting

Austrian Formula One Gand Prix

Quelle: dpa

Charlie Whiting: Zwölf Strafpunkte in dieser Saison, und der Formel-1-Führerschein namens "Superlizenz" ist weg. Der Automobilweltverband Fia hat für dieses Jahr einen härteren Strafenkatalog eingeführt, was zuletzt zu einer Häufung von Strafzetteln für Bagatelldelikte, endlosen Verhandlungen der Rennkommissare und öfters auch nächtlichen Ergebniskorrekturen führte. Charlie Whiting, der permanente Rennleiter, war davon ähnlich genervt wie die Zuschauer. Und die Fahrer trauten sich schon gar nicht mehr, voll in manches Überholmanöver zu gehen. "Wir brauchen mehr schwarz und weiß", forderte Ex-Weltmeister Fernando Alonso - und wurde erhört. Künftig soll es nur noch Strafverfolgung bei eindeutigen Vergehen geben, verspricht Whiting. Vorausgesetzt, die Protestflut aus Reihen der Teamchefs wird auch eingedämmt.

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