Formel 1 in Sotschi:Comeback eines Talents

F1 Grand Prix of Russia

Daniil Kwjat hat schon mehrere Comebacks hinter sich.

(Foto: Getty Images)
  • Nach wechselvollen Jahren in der Formel 1 hat Daniil Kwjat künftig wieder ein Cockpit.
  • In Sotschi wurde der Russe als neuer Toro-Rosso-Pilot für die Saison 2019 präsentiert.

Von Elmar Brümmer, Sotschi

Die Frage, wie oft in einem Rennfahrerleben man in einem Rennstall neu anfangen kann, kann beim Großen Preis von Russland von einem Einheimischen kompetent beantwortet werden: Daniil Kwjat ist in Sotschi als neuer Toro-Rosso-Pilot für die Saison 2019 präsentiert worden. Aber was heißt schon neu? Neu wäre, wenn der ehemalige Mercedes-Schützling Pascal Wehrlein dort ebenfalls anheuern würde. Aber Kwjat ist jetzt zum dritten Mal in Faenza, rechnet man noch sein Intermezzo bei Red Bull Racing dazu, ist es die vierte Verpflichtung von ein und demselben Fahrer innerhalb des rasenden Getränkekonzerns.

Es ist das Comeback eines Talents, oder eines Geschmähten - ganz wie man will. 2014 bei seinem richtigen Debüt war er mit 19 Jahren damals der jüngste Punktgewinner der Formel-1-Geschichte, wurde danach sofort in den großen Bullen-Stall befördert, wo er einmal Zweiter wurde und den Teamkollegen Daniel Ricciardo in Schach hielt.

Allerdings war der Mann aus Ufa auch häufiger in große Crashs verwickelt, eine Attacke gegen Sebastian Vettel im Frühjahr 2016 - ausgerechnet beim Heimspiel in Sotschi - kostete ihn den Job. Für Red Bull war es der perfekte Vorwand, Max Verstappen von Toro Rosso nach oben zu holen und Kwjat im Gegenzug zu degradieren. Der Niederländer gewann sofort seinen ersten Grand Prix, der Russe strauchelte, und auch 2017 wurde es nicht besser.

Kwjat glaubt sich in guter Form - und stärker als zuvor

Mehr Tiefen als Höhen erlebte Kjwat, weshalb er aus dem Red-Bull-Fahrerprogramm geworfen wurde. Bei Ferrari schlüpfte er im laufenden Rennjahr als Reifentester und Simulatorpilot unter, und als Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost die brauchbaren Alternativen für die neuen Saison ausgingen, erinnerte er sich an den "Gib-niemals-auf"-Typen Kwjat, der inzwischen 24 Jahre alt ist: "Ich bin davon überzeugt, dass er abseits der Rennen Zeit hatte, um als Person zu reifen. Das wird ihm helfen, seine unbestreitbaren Fähigkeiten auf der Strecke zu zeigen."

Soll heißen: ruhig Blut, dann wird sich das Talent schon auszahlen. Kwjat gelobt, geläutert zu sein: "Ich fühle mich stärker als zu der Zeit, als ich Toro Rosso verlassen musste. Ich bin noch jung und in guter Form. Ich lauerte auf meine Chance. Jetzt ist sie gekommen." Möglich geworden ist die Rückkehr, weil der Franzose Pierre Gasly zu Red Bull befördert wird.

Russlands Nachwuchs ist im Kommen

Die Russen und die Formel 1, das ist eine wechselhafte Geschichte. Kwjat hatte schon viermal die Ehre bei der Rundfahrt um die Olympia-Bauten dabei zu sein, für seinen Landsmann Sergej Sirotkin ist es mit seinem Williams-Mercedes der erste Auftritt in Putins Autodrom. Anders als bei Kwjat überwiegt bei dem 24-Jährigen die Mitgift bei weitem das Talent. Der britische Rennstall, der sich mit den Bezahlfahrern über Wasser halten muss, ist froh um die Alimente, die der Röhrenfabrikant Boris Rotenberg für Sirotkin hinlegt, angeblich soll es sich um 17 Millionen Euro pro Jahr handeln.

Sirotkin hätte fast Renngeschichte geschrieben, als seine Sponsoren im Sommer 2013 das Sauber-Team retten sollte. Er wäre mit 17 der jüngste Fahrer der Königsklasse geworden, aber die dreistellige Millionensumme, die das Nationale Institut für Luftfahrttechnologien (NIAT), die Staatliche Stiftung für die Entwicklung des Nord-Westen der Russischen Föderation und der Fonds für Internationale Investitionskooperation versprochen hatten, traf nie in der Schweiz ein.

Die nächsten russischen Hoffnungsträger stehen schon bereit

Eine Frau hatte 2009 für die erste richtige russische Rennkarriere gesorgt: Oxana Kosatschenko brachte ihren Schützling Witali Alexandrowitsch Petrow 2009 bei Renault unter. Papa Petrow hatte als Leiter einer Schiffswerft mächtige und reiche Freunde, die das Engagement des Sohnemanns förderten. Insgesamt sollen 40 Millionen Euro für die "Rakete von Wyborg" geflossen sein, aber nach 57 Rennen war Schluss für ihn, an diesem Wochenende kommentiert der 34-Jährige fürs einheimische Fernsehen.

Schon klopften die nächsten russischen Hoffnungsträger an. Der 24 Jahre alte Artjom Walerjewitsch Markelow müht sich allerdings schon seit fünf Jahren in der Formel 2, war im Vorjahr mit dem Team "Russian Time" Vize-Champion, diesmal hat er Außenseiterchancen. Am Freitag absolvierte er für das Renault-Werksteam einen ganz ordentlichen Trainingseinsatz in der Formel 1. Ein gewisser Nikita Mazepin schickt sich an, Markelow zu überholen.

Er ist zwar erst 19 und fährt in der nächsttieferen Nachwuchsserie GP3, aber sein Vater Dimitri, der in Minsk einem Chemiegiganten vorsitzt, war schon drauf und dran, für den Sohnemann einen Rennstall zu kaufen. Doch bei Force India kam ihm der Kanadier Lance Stroll dazwischen, der das gleiche Ziel hatte. Formel 1 in Russland ist, wenn der Rubel tatsächlich rollt.

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