Formel 1 in Melbourne: Mercedes enttäuscht:Auf der Felge in die Box

"Wir sind mit ganz anderen Erwartungen angereist": Die Mercedes-Fahrer Michael Schumacher und Nico Rosberg scheitern beim Saisonauftakt früh und hadern mit Problemen an ihren Autos. Die Euphorie nach starken Tests ist vorerst verflogen.

René Hofmann, Melbourne

Für Michael Schumacher war es ein kurzes Rennen. 58 Runden muss in Melbourne fahren, wer die Zielflagge sehen will. Bereits nach 19 fuhr Schumacher an diesem Sonntag seinen Formel-1-Mercedes vorwärts in die Box. Es war das Ende eines Ausfluges, der verheißungsvoll begonnen hatte und mehr als frustrierend endete. "Schade", meinte der 42-Jährige, "wir sind mit ganz anderen Erwartungen angereist."

Formel 1 - GP Australien - Schumacher

Skeptischer Blick: Für Michael Schumacher verlief das Rennwochenende in Australien wenig zufriedenstellend.

(Foto: dpa)

Die Erwartungen sahen ungefähr so aus: Nachdem Schumacher beim finalen Test auf dem Circuit de Catalunya in der Nähe von Barcelona die Bestzeit für Formel-1-Autos des Modelljahres 2011 geglückt war, wähnten sich die Silbernen beim ersten Rennen zumindest in der Reihe der Verfolger von Titelverteidiger Sebastian Vettel.

Doch daraus wurde nichts. Auch Schumachers Teamkollege Nico Rosberg beendete den Grand Prix nicht. Er wurde in Umlauf 23 von Williams-Fahrer Rubens Barrichello gerammt. Viele Punkte hätte aber auch Rosberg nicht eingefahren. Zum Zeitpunkt des Unfalls war er nur Achter. "Ein extrem schwieriges Wochenende", bilanzierte Rosberg, "wir sind überhaupt nicht da, wo wir sein wollten."

"Das war sehr frustrierend", gab Teamchef Ross Brawn zu. "Außer Spesen nichts gewesen", meinte Mercedes-Sportchef Norbert Haug: "Das war unser bisher härtestes Wochenende." Im Herbst 2009 hatte die Stuttgarter Firma den Rennstall übernommen. Seitdem sah sie bei keinem Rennen ähnlich schlecht aus. Zum Auftakt 2010 hatten Rosberg und Schumacher beim Großen Preis von Bahrain die Plätze fünf und sechs belegt.

Der Rückschlag, den sie in Melbourne hinnehmen mussten, hatte sich bereits am Samstag in der Qualifikation angedeutet. Schon beim Spurt über wenige schnelle Runden kam ihr Dienstwagen nicht in Schwung. Rosberg schaffte es noch auf Startplatz sieben, Schumacher schied bereits im zweiten Qualifikationsdurchgang aus. Von Startplatz elf aus stürzte er sich ins Getümmel. Bereits in der dritten Kurve geriet er dort mit Toro-Rosso-Fahrer Jaime Alguersuari aneinander.

Das Resultat der unsanften Begegnung war ein so heftiger Plattfuß, so dass vom rechten Hinterreifen nur noch die Felge übrig blieb. Auf der schleppte Schumacher sich zur Box, wobei der Unterboden heftig litt. Die Chance auf WM-Punkte war da schon dahin, aber Fahrer und Mannschaft hätten gerne noch ein paar Runden gedreht, um Erfahrungen zu sammeln, die vielleicht helfen können, ein paar der Probleme zu beheben, die an dem neuen Wagen in Australien so plötzlich aufgetreten waren.

Fehlende Abstimmung

Mehr als 5000 Kilometer hatte das MGPW02 getaufte Gefährt im Winter in Europa anstandslos zurückgelegt. Down under aber entpuppte sich der Wagen als Zicke: Mal streikte auf dem holprigen Stadtkurs die Heckflügel-Verstellung, mal funktionierte die Bremsenergie-Rückgewinnung Kers nicht. Die Folge davon: Weder Schumacher noch Rosberg konnten im Training so viele Runden drehen, wie geplant waren. Die Folge davon wiederum: Sie fanden für den Wagen nicht die Abstimmung, mit der sie ihren Ansprüchen gerecht werden konnten.

Und am Ende mussten sie die stumpfen Waffen auch noch vorzeitig strecken. Nachdem selbst Sebastien Buemi im Toro Rosso Schumacher überrundet hatte, erging an den Rekordweltmeister vom Kommandostand die Anweisung, den Arbeitstag vorzeitig zu beenden. "Sicherheitstechnisch war das sicherlich vernünftig", urteilte Schumacher milde. Vor der ersten Ausfahrt im Albert Park hatte er noch selbstbewusst verkündet: "Ich habe das Gefühl, dass ich nun wieder voll dabei bin."

Mittendrin statt nur dabei - so sollte es wieder kommen. Stattdessen muss sich die Startnummer sieben nun sogar mühen, den Anschluss nicht zu verpassen. Acht Rennställe brachten zumindest ein Auto ins Ziel - und werden in der Konstrukteurswertung folglich vor der Werksmannschaft geführt, die in neu gedrehten Werbespots zu Beginn der Formel-1-Saison gerade erst noch einmal versicherte, wie sehr sie sich auf den harten Wettbewerb freue: mit Red Bull, aber auch zwischen Schumacher und Rosberg.

Beide Autos seien derart unberechenbar gewesen, dass sich nicht sagen ließe, welcher Pilot noch der bessere gewesen sei, beeilte sich Teamchef Ross Brawn zu versichern. Norbert Haug gab dazu passend die Devise aus: "Jetzt zeigt sich, wie Unterhaken geht."

Bis zum Rennen am 10. April in Sepang sollen die wankelmütigen Kers-Batterien in der Heimat überprüft werden; bei McLaren und beim Team Force India, an die Mercedes das System verleast, hatten sie weitgehend fehlerfrei funktioniert. "Wir brauchen nicht den ganz großen Eingriff ins Auto", ist sich Sportchef Haug deshalb auch sicher, "wir haben aus unserem Paket hier einfach nicht das herausgeholt, was drin ist."

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