Formel 1:Hamilton muss den Unterschied machen

Formel 1 - Großer Preis von Mexiko

Lewis Hamilton: In Mexiko besonders gefordert - fährt er zum nächsten WM-Titel?

(Foto: dpa)
  • Sebastian Vettel findet im Qualifying im richtigen Moment zur perfekten Abstimmung und zur richtigen Reifennutzung und erobert damit die Pole Position.
  • Dennoch könnte Lewis Hamilton in Mexiko den WM-Titel gewinnen.
  • Ob er das schafft, hängt mehr von seinem Können als Fahrer ab als auf anderen Strecken.
  • Das Rennen im Liveticker gibt es ab 20 Uhr hier.

Von Elmar Brümmer, Mexiko-Stadt

Im vielleicht spannendsten Qualifying der Formel-1-Saison hat Sebastian Vettel alles getan, was er tun konnte, um das Titelrennen trotz 66 Punkten Rückstand auf Lewis Hamilton noch offen zu halten. Sein langgezogene "bapapapapapap" über den Boxenfunk imitierte nicht etwa eine weitere technische Schwäche an seinem Ferrari, sondern es war das Triumphgeheul nach der Bestzeit in der Qualifikation zum Großen Preis von Mexiko.

Der Hesse sichert sich mit der 50. Pole-Position seiner Karriere durch die schnellste Runde des Tages in letzter Minute die beste Ausgangsposition für den drittletzten WM-Lauf. Die zweitbeste Zeit gelang Max Verstappen im Red-Bull-Renault, der lange wie der Tagesbeste ausgesehen hatte. Ihm fehlten am Ende 0,086 Sekunden auf den Ferrari. Lewis Hamilton konnte sich im entscheidenden Umlauf nicht mehr verbessern, sein Rückstand auf Vettel betrug fast eine halbe Sekunde.

Auf der rutschigen Piste im Autodromo Hermanos Rodriguez fand Vettel im richtigen Moment zur perfekten Abstimmung und zur richtigen Reifennutzung. Sein Trainingsfreitag war ja nicht wirklich optimal gelaufen - der Feuerlöscher im Ferrari war losgegangen. "Diesmal war es dann eine andere Explosion im Cockpit", sagt der Heppenheimer über den Moment, als er über Boxenfunk von seiner Platzierung erfuhr, seiner erst vierten in dieser Saison. Sichtlich gelöster sieht er seine Chancen, das fast verlorene Rennen doch nochmal herumzureißen: "Ich bin sehr glücklich. Ich kann nur auf Sieg fahren, alles andere liegt nicht mehr in meinen Händen." Ein fünfter Platz würde Gegenspieler Hamilton zum vierten Titel reichen.

Hamiltons Motivationstrick: Er stellt sich vor, bergauf zu schwimmen

Für die Kontroverse des Samstags sorgte einmal mehr der Niederländer Max Verstappen, der mit einer Gewaltrunde vor der ersten Pole-Position in der Formel 1 stand. Die Rennleitung ermittelte gegen ihn, weil er den Finnen Valtteri Bottas behindert haben solle. Verstappen war in Austin der dritte Platz aberkannt worden, woraufhin er die Rennkommissare unflätig beschimpfte. Es folgte eine laue Entschuldigung via Instagram in Mexiko, aber auch diesmal war er der Meinung: "Welcher Vorfall? Ich habe keinen gesehen."

Lewis Hamilton ist der einzige Fahrer, der bislang alle 999 Runden der Saison bestritten hat, und ohne Ausfall durchzukommen, das ist eins seiner Ziele. Damit vermeidet der Brite geschickt die Diskussion darum, ob er seinen zweiten Matchball nutzen kann, um vorzeitig Champion zu werden. Nur einmal gelang es den Reportern an diesem Wochenende, Hamilton in eine Diskussion zu verwickeln. "Ich möchte den Titel auf die richtige Art gewinnen", sagt der Brite, das soll heißen: möglichst aus eigener Kraft.

Höhenluft, Asphalt und Temperaturen in Mexiko liegen dem Silberpfeil nicht

"Ich habe keinerlei Interesse daran, als Fünfter den Titel zu holen, während irgendjemand anderes ganz oben steht." Selbstverständnis, Champion-Ehre. "Ich will in jedem Rennen zeigen, was ich kann", sagt er, und verrät seinen Motivationstrick: "In der ersten Saisonhälfte musste ich bergauf schwimmen. Und dieses Gefühl habe ich in der zweiten Hälfte einfach beibehalten. Das ist der Grund, warum ich gerade so gut fahre wie noch nie noch nie in meiner Karriere."

Weshalb Sebastian Vettel sich jeden Erfolg über den großen Rivalen des ersten Rennhalbjahres hoch anrechnen darf. Auch Mercedes-Sportchef Toto Wolff hat den Top-Piloten der Formel 1 noch nie so stark erlebt, obwohl er schon während der letzten drei Jahre in Silber mindestens zehn Rennen pro Saison gewonnen hat. "Die rohe Geschwindigkeit von Lewis ist spektakulär, ebenso sein Verständnis für die Reifen und der Umgang mit dem Auto, wenn es mal schwierig zu fahren ist", schwärmt Wolff, sonst eher ein Realo. Das dürfte im Rennstadion am Flughafen von Mexiko-Stadt wieder gefragt sein, die Höhenluft, der hohe Anpressdruck, Asphalt und Temperaturen sorgen für Bedingungen, wie sie dem Silberpfeil nicht wirklich liegen. Der Fahrer muss den Unterschied machen. Damon Hill, der letzte britische Champion vor Hamilton, glaubt: "Lewis ist erst im Basislager von dem angelangt, was er erreichen kann."

Schon einmal hätte Hamilton ein fünfter Platz zum Titel gereicht, 2007, in seiner Debütsaison. Ein Fahrfehler beförderte ihn in den Kies von Shanghai, in Sao Paulo streikte dann sein McLaren-Mercedes. eine ähnliche Häufung von menschlichem und technischem Versagen scheint zehn Jahre später unwahrscheinlich zu sein: "Ich hatte damals schon das Talent. Jetzt habe ich einfach noch mehr Werkzeuge. Ich bin erfahrener und habe ein größeren Wissensschatz, was ich wann machen muss."

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