Formel 1:Hamilton hat der Formel 1 mit seiner Trödelei einen Gefallen getan

Lesezeit: 2 min

Eine Kolonne: Lewis Hamilton (vorne) versuchte, Nico Rosberg (dahinter) noch in die Arme von Sebastian Vettel und Max Verstappen zu treiben. (Foto: AP)

Im Kampf um den WM-Titel fährt Lewis Hamilton absichtlich langsam und widersetzt sich Anweisungen. Sein Chef zürnt und schließt Konsequenzen nicht aus. Sein Verhalten war aber nicht anrüchig.

Kommentar von René Hofmann, Abu Dhabi

Durfte er das? Durfte Lewis Hamilton in der entscheidenden Phase des entscheidenden Rennens 2016 absichtlich langsam fahren, um seine Titelchancen zu wahren und um zu verhindern, dass ihn sein Teamkollege Nico Rosberg entthronen würde? War das fair? War das angemessen? Diese Fragen drängen sich auf nach dem Großen Preis von Abu Dhabi, den Hamilton gewann, knapp vor Rosberg und den Verfolgern Sebastian Vettel (Ferrari) und Max Verstappen (Red Bull).

Rosberg, dem der zweite Platz für den ersten Titel reichte, gab sich gönnerhaft: "Ich habe die WM gewonnen. Ich kann da drüberstehen." Andere unmittelbar Beteiligte äußerten sich weniger gönnerhaft. Toto Wolff, der Chef des Mercedes-Teams, der nun schon vier Jahre lang immer wieder wie ein Raubtierdompteur versuchen muss, Hamilton und Rosberg zu zügeln, zürnte: "Anarchie funktioniert in keiner Firma." Hamilton habe, indem er die per Funk formulierten Anweisungen seines Arbeitgebers zum Schneller-fahren ignoriert habe, "die Struktur des Teams in aller Öffentlichkeit untergraben". Über Konsequenzen will Wolff nun in Ruhe nachdenken. Ausgeschlossen sind sie explizit nicht, was Lewis Hamilton wiederum überhaupt nicht verstehen kann. Seine Argumentation: Wir hatten den Konstrukteurswertung doch sicher. Mein Sieg war nie wirklich in Gefahr. Was soll all die Aufregung?

Drei Männer, drei Meinungen. Wer recht hat? Jeder auf seine Weise.

Es ist verständlich, dass Rosberg sich gewünscht hätte, etwas leichter an den Titel zu kommen. Es ist verständlich, dass Wolff an die Marke Mercedes denkt. Für die sind Rennsiege nun einmal besonders wichtig und - gemäß den Hochrechnungen der Strategen - brachte Hamilton den am Sonntag mit seiner Trödelei zumindest zeitweise in Gefahr. Aus Hamiltons Sicht ist es jedoch auch verständlich, dass er bis zur letzten Kurve alles unternahm, um seinen Titel vielleicht doch noch zu verteidigen. Dass er dies tat, ist ihm kaum vorzuwerfen. Im Gegenteil. Hätte er es unterlassen, hätte alle Welt gefragt, warum er sich kampflos in die Niederlage fügt.

Hamilton trickste, aber spielte kein Foul

Beim Rennfahren geht es zwar meistens darum, wer der Schnellste ist. Das Titelrennen aber gewinnt nun mal derjenige, der die meisten Punkte sammelt. Und dabei kann es auch hilfreich sein, den Rivalen mit Halbgas in die Fänge der Verfolger zu treiben. Was Hamilton tat, sah ungewöhnlich aus, es hatte aber nichts Anrüchiges. Es war kein Rammstoß, wie der von Michael Schumacher 1997 im Finale gegen Jacques Villeneuve. Hamilton trickste, aber er spielte kein Foul. Dass es seinem Team nicht gefällt, wenn er sich auf Ego-Trips begibt, leuchtet ein. Mercedes sollte sich aber bemühen, das größere Bild zu sehen: Mit seiner Aktion hat Hamilton ein Finale belebt, das ansonsten doch arg fad gewesen wäre. Der Formel 1 hat er mit seiner Trödelei einen Gefallen getan.

© Sz.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Formel-1-Weltmeister
:Die späte Genugtuung des Rich Kids

Nach zehn Jahren in der Formel 1 holt Nico Rosberg den Weltmeistertitel. Seine privilegierte Herkunft haftete ihm lange wie eine Vorstrafe an.

Von Dominik Fürst

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: