Formel 1:Fahrstunden bei der Großmutter

Die Formel-1-Piloten Vettel, Glock und Sutil kämpfen um Anschluss. Nur ein Deutscher bleibt davon völlig unberührt.

René Hofmann

In dieser Woche kehrt die Formel 1 nach Europa zurück. Auf dem Circuit de Catalunya, 30 Kilometer nördlich von Barcelona, finden nach den drei Rennen in Australien, Malaysia und Bahrain Testfahrten statt. An gleicher Stelle startet am 27. April der Große Preis von Spanien. Das erste Rennen auf dem Kernmarkt ist für alle Beteiligten so etwas wie ein zweiter Saisonstart, für die bislang Zu-kurz-Gekommenen ist es gleichzeitig eine große Hoffnung: Nun kann sich das Kräfteverhältnis noch einmal mischen.

Formel 1: Neben einem Unfall ist dies für einen Formel-1-Fahrer die unangenehmste Art, das Rennen zu beenden: Adrian Sutil wird in Malaysia zurück zur Box eskortiert.

Neben einem Unfall ist dies für einen Formel-1-Fahrer die unangenehmste Art, das Rennen zu beenden: Adrian Sutil wird in Malaysia zurück zur Box eskortiert.

(Foto: Foto: dpa)

Gleich drei der fünf deutschen Piloten hoffen darauf. BMW-Pilot Nick Heidfeld belegt in der Fahrerwertung mit 16 Punkten Rang zwei hinter Ferrari-Spitzenkraft Kimi Räikkönen (19 WM-Zähler). Nico Rosberg distanzierte seinen Williams-Kollegen Kazuki Nakajima bisher auch klar. Für die beiden läuft es gut, für Sebastian Vettel, Timo Glock und Adrian Sutil eher mäßig. Die drei müssen nach drei von 18 Rennen schon Sorgen haben. Die Formel 1 ist ein schnelllebiges Geschäft. Wer früh den Anschluss verliert, muss um seinen Ruf fürchten - in manchen Teams auch um seinen Job.

Die bisher schlechteste Bilanz aller 22Teilnehmer hat Sebastian Vettel. Drei Rennen, drei Ausfälle. 171 Runden waren zu fahren, nur 39 hat er absolviert. Dabei startete sein Toro-Rosso-Team extra mit dem Wagen aus dem vergangenen Jahr, weil das Modell als zuverlässig galt. Aber dann stimmte in Melbourne gleich die Drehzahl nicht, Vettel zuckelte bloß los, in der ersten Kurve geriet er in eine Kollision. In Malaysia brach nach 39 von 56 Umläufen ein Auspuffkrümmer, die heißen Dämpfe legten erst die Hydraulik lahm und ließen schließlich den Motor in Flammen aufgehen.

Bourdais rücht näher

In der Steinwüste von Bahrain geriet Vettel in der ersten Runde erneut mit einem Rivalen so aneinander, dass sein Bolide nicht mehr zu bewegen war. Auch wenn nicht alle Ausfälle allein seine Schuld waren - so stellt sich niemand den Einstand eines 20-Jährigen vor, der mit dem Prädikat "Baby-Schumi" in die Serie kommt.

Zudem besorgniserregend: Vettels Teamkollege, der Franzose Sébastien Bourdais, rückt näher. Der 29-Jährige hat viermal die US-amerikanische Champ-Car-Serie gewonnen, hat aber kaum Formel-1-Erfahrung. In Bahrain war er in der Qualifikation erstmals schneller als Vettel, was dessen Status als Mannschaftsführer ins Wanken bringt.

In dieser Woche wurde das neue Auto von Toro Rosso erstmals getestet, beim Türkei-Grand-Prix an Pfingsten soll es starten. In so einer Entwicklungsphase ist es wichtig, sein Revier zu markieren. Noch tut Vettel das nur mit flapsigen Sprüchen. "Der Teamkollege ist nicht nur dazu da, um das zweite Auto zu fahren", hat er in dieser Woche dem Internetportal motorsport-total.com erklärt.

Auf der nächsten Seite: Die Probleme von Glock und Sutil - und wie Michael Schuhmacher davon völlig unberührt bleibt.

Fahrstunden bei der Großmutter

Die gleiche Erkenntnis hat auch Timo Glock gesammelt. Der 26-Jährige durfte bei Toyota den Platz von Ralf Schumacher einnehmen - und kämpft dort nun mit den gleichen Problemen wie sein Vorgänger: Das Auto passt nicht zu seinem Fahrstil, die richtige Einstellung ist noch nicht gefunden. Entweder der Wagen wird beim Bremsen unruhig, oder er rutscht in den Kurven so, wie Glock es nicht mag.

Sein sieben Jahre älterer Teamkollege, der Italiener Jarno Trulli, ließ ihn an den Grand-Prix-Wochenenden bislang in acht von neun Trainingssitzungen hinter sich - und in jeder Qualifikation. Seinen Fahrstil hat Glock schon umgestellt ("Ich bremse weicher, wie eine Oma"), nun kann er bloß noch hoffen, dass ihm das Auto auch entgegenkommt. "Das kann schon beim nächsten Rennen so weit sein", sagt er, "das kann aber auch das ganze Jahr so bleiben."

Ein selbstbewusster Rennfahrer klingt anders - so, wie Adrian Sutil normalerweise. Doch die ersten drei Rennen 2008 haben selbst bei dem 25-Jährigen mit der notorisch geschwellten Brust Zweifel keimen lassen. Gegen Renn-Routinier Giancarlo Fisichella, 35, hatte Sutil selten eine Chance. Das Force-India-Team muss haushalten. Mehr als sieben Testtage vor der Saison waren nicht drin. Das hat Sutil beim Umstellen auf das Fahren ohne Traktionskontrolle nicht geholfen. Dass er in der Qualifikation so manchen Reifen aber so viel schlechter zum Haften bringt als Fisichella, überraschte dann doch. "Wir sind auf dem Weg zu verstehen, woran es liegt", sagt Sutil vorsichtig. Noch fühlt er sich im Team zu hundert Prozent unterstützt.

Schuhmacher völlig unberührt

Doch vor allem Technikchef Mike Gascoyne gilt nicht als Diplomat. Als Sutil in Melbourne bei einem Ausritt seinen Wagen so beschädigte, dass er in der Nacht vor dem Rennen neu aufgebaut werden musste, gab Gascoyne indirekt dem deutschen Chauffeur die Schuld an dem Hydraulikschaden, der schließlich die Wettfahrt beendete. "Leider konnten wir keine Installationsrunde fahren", so Gascoynes Kommentar. In Bahrain zeigte er sich nach einer Kollision von Sutil kurz vor dem Ende des zweiten Trainings mit Fernando Alonso ähnlich entzückt. Kein Zweifel: Der Wind in der Boxengasse wird rauer.

Nur ein Deutscher ist davon völlig unberührt: Michael Schumacher, 39, siebenmaliger Meister und inzwischen Edel-Testfahrer. Am Montag bis zu einem Sturz noch forsch auf zwei Rädern auf dem Lausitzring unterwegs, drehte der Nimmermüde an diesem Mittwoch in Barcelona schon wieder Testrunden für die Scuderia Ferrari. Um seine Zukunft ging es dabei nicht. Wohl aber um die des Teams. Schumachers Entwicklungsauftrag: Test der profillosen Reifen, die 2009 wieder eingeführt werden, und der wenigen Flügelelemente, die dann noch an den Autos sein dürfen.

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