Formel 1:Extrem entschlossen, nüchtern, konsequent

Der junge Pole Robert Kubica steht mit seiner Zielstrebigkeit für eine neue Generation von Formel-1-Piloten.

René Hofmann

Robert Kubica hat eine seltsame Art. Vor drei Wochen, beim Großen Preis von Italien, fuhr er in seinem dritten Formel-1-Rennen auf Rang drei.

Kubica und Theissen

Robert Kucia mit seinem Teamchef Mario Theissen

(Foto: Foto: dpa)

Seit er mitmischt, haben sich die TV-Quoten in Polen verzehnfacht. Bis zu fünf der 39 Millionen Einwohner des Landes zieht es bei den Rennen inzwischen vor die Fernsehschirme. Neulich war Robert Kubica für einen Tag mal wieder in der Heimat.

Er brauchte acht Bodyguards, um zwischen all den Schaulustigen hindurch in ein Restaurant zu kommen. Und was sagt Robert Kubica zu all dem? "Ich bin Rennfahrer. Ich fahre gerne Rennen. Was in der Welt oder in Polen passiert, ist für mich zweitrangig."

Er meint das wirklich so. Witze, Sprüche, Emotionen - das ist nicht sein Stil. Als er in Monza hinter Michael Schumacher und Kimi Räikkönen über die Ziellinie kam, brach er nicht etwa in Jubel aus. Nüchtern registrierte er, dass einer der vielen Sensoren eine erhöhte Temperatur meldete. Umgehend suchte er einen sicheren Parkplatz für seinen BMW. "Er ist sehr zielstrebig", sagt Mario Theissen, der Sportchef der Firma. Wie immer habe er auch im Moment des Erfolges "kein Wort mehr als nötig" verloren, sagt Daniel Morelli. Der Italiener managte früher den Brasilianer Pedro Diniz. Seit Dezember 2000 arbeitet er mit Kubica.

Ein Koffer als Zuhause

16 Jahre war der alt, als er mit seinem Vater zum ersten Mal im Büro seines Managers in Monaco saß. Morelli erinnert sich genau: "Er war sehr reif." Seine Ergebnisse waren gut. Trotzdem wollte Morelli auf Nummer sicher gehen. Er mietete eine Rennstrecke in Südfrankreich und initiierte einen Vergleichstest mit einem erfahrenen Fahrer in einem Formel-Renault-Rennwagen.

Danach wusste er: Der Junge aus Krakau kann es weit bringen. Manager im Motorsport neigen dazu, das Können ihrer Klienten in den schillerndsten Farben auszumalen. Morelli ist da keine Ausnahme. Er sagt: "Ich habe immer zu Robert gesagt: Du wirst auch in der Formel 1 alle hinter dir lassen. Das Schwierigste ist, dort erst einmal hinzukommen."

2005 bot sich eine Chance, in China, als Freitagstestfahrer, beim Hinterbänkler-Team Minardi. Der Einsatz scheiterte in letzter Minute, weil der Automobilweltverband Kubica wegen Mangel an Erfahrung die Formel-1-Lizenz verweigerte. Genau ein Jahr später kommt er nun als einer der möglichen neuen Stars zum gleichen Rennen. Seit Michael Schumacher seinen Rücktritt angekündigt hat, heißt die Millionen-Dollar-Frage, die viele bewegt: Wer hat das Zeug, sein Nachfolger zu werden? Fernando Alonso (25/Spanien) hat schon einen WM-Titel gewonnen, Kimi Räikkönen (26/Finnland) schon Rennen.

Robert Kubica glückte, nach dem Aus für Jacques Villeneuve und seiner Beförderung vom Test- zum Rennfahrer, ein außergewöhnlich guter Einstand. Auf das Gleiche hofft Heikki Kovalainen (25/Finnland), der 2007 einen Renault bewegen darf. Für Lewis Hamilton (21/Großbritannien) könnte es vielleicht schon in diesem Jahr so weit sein; McLaren hat noch nicht entschieden, wer das zweite Cockpit im letzten Rennen besetzen darf. "Es gibt eine Menge starker Jungs, die die Hackordnung durcheinander bringen werden", glaubt BMW-Sportchef Mario Theissen.

Momentan hat er kein Zuhause

Ein Merkmal eint alle aus der neuen Generation: Sie sind extrem entschlossen, konsequent, nüchtern. Was bei Michael Schumachers Einstieg noch als Ausnahme galt, ist inzwischen zur Regel geworden, wobei es nicht jeder ganz so weit treibt wie Robert Kubica. Im Alter von 14 Jahren zog er alleine nach Italien. Auf eigene Faust schlug er sich im Kartsport durch. Gewohnt hat er immer dort, wo das Team saß, für das er gerade fuhr. Im Moment hat er gar kein Zuhause.

Er lebt aus dem Koffer, absolviert jedes Rennen und die meisten Tests. Bietet sich einmal ein freier Tag, fährt er trotzdem an die Strecke - sehen, was die anderen so treiben. "Er kann exakt sagen, welche Reifen er wann getestet hat und wie sie sich bewährt haben", schwärmt Teammanager Beat Zehnder.

Die Liste an Komplimenten, die Teamchef Theissen zu dem 21 Jahre alten Polen einfallen, ist lang: "Sehr konzentriert", "sehr schnell", "sehr nah am Team", "sehr gutes technisches Verständnis", "sehr differenzierte Rückmeldungen an die Ingenieure". Das größte Kompliment aber ist gleichzeitig eine Ohrfeige für den wesentlich erfahreneren Teamkollegen Nick Heidfeld.

"Mit Roberts Beförderung zum Rennfahrer ist ein Ruck durch das ganze Team gegangen", sagt Mario Theissen: "Nick erfüllt sein Potenzial jetzt auch wieder." Der Kontrakt des 29 Jahre alten Deutschen aus Mönchengladbach gilt bis 2008. Kubica ist 2007 noch an BMW gebunden. Ob als Test- oder als Rennfahrer, wird nach der Saison geklärt.

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