Formel 1:Einmal 8,5 Milliarden Dollar für die Formel 1, bitte

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Erhält er ein Angebot, das er nicht ablehnen kann? Bernie Ecclestone (links, mit Ehefrau Fabiana Flosi) besitzt 5,3 Prozent der Anteile der Formel 1.

(Foto: Srdjan Suki/dpa)

Die berühmteste und profitabelste Rennserie der Welt wird an einen US-Milliardär verkauft. Was haben John Malone und sein Unternehmen vor? Und wie geht es mit dem Autokraten Bernie Ecclestone weiter?

Von Elmar Brümmer, Monza

Charles Bernard Ecclestone redet sich in Wallung. "Bescheuert" seien diese neuen Regeln: "Tue dies nicht, tue das nicht. Dabei brauchen wir Jungs, die Rennen fahren. Und es ist lächerlich, wie das unterbunden wird." Es gibt vermutlich keinen anderen Manager in der Welt des Sports, der sein Produkt so schlechtredet - und damit so viel Geld verdient. Das Reglement für die Rennstrecken macht der Automobilweltverband Fia, aber die Regeln der Formel 1 stellt immer noch der 86 Jahre alte Brite auf.

Weshalb die Brisanz der Meldung, dass die Formula-1-Holding am Dienstag für 8,5 Milliarden Dollar an den US-Milliardär John Malone, 75, und dessen Entertainment-Konzern Liberty Media verkauft werden soll, nicht in der Absicht oder der Summe steckt. Darum geht es ja schon seit Monaten. Die Frage, die die Formel 1 noch weit über das letzte Saisonwochenende in Europa hinaus bewegen wird, ist die nach der Zukunft des Autokraten. Eine Königsklasse ohne Ecclestone kann man sich nicht vorstellen.

Er sich selbst wohl auch nicht. Liberty Media, so heißt es, werde neue Strukturen schaffen, wenn erst mal die 35,1 Prozent der stimmberechtigten Anteile des bisherigen Investoren CVC gekauft sind. Nach der ersten, kleineren Tranche soll es in einem zweiten Schritt an die Wall Street gehen, das Marketing und die Digitalisierung endlich vorangetrieben werden. Dinge, die Ecclestone herzlich wenig interessiert haben. Der gelernte Gebrauchtwagenhändler hat Management per Handschlag und Bauchgefühl betrieben, zumindest nach außen hin. In Wirklichkeit hat er ein eng verzahntes System von Beteiligungen und vor allem Abhängigkeiten geschaffen.

Es gibt durchaus vernünftige Menschen, die bis heute das Gefühl haben, dass die Rennwagen von Bernie ferngesteuert sein könnten. Deshalb möchte im Fahrerlager von Monza keiner was sagen zu den Verkaufsgerüchten, die Ecclestone gegenüber Auto, Motor und Sport bestätigt hat. Und schon gar nicht über die Zukunft des Autokraten. "Es ist nicht gut, wenn man als Nachfolger ins Gespräch gebracht wird", sagt ein Teammanager, "das lässt er einen spüren." Die Zurückhaltung hat auch damit zu tun, dass in den vergangenen Jahren immer wieder der Börsengang in Aussicht gestellt, aber nie vollzogen wurde.

Die Formel 1 hat in 15 Jahren mehr Gewinn erzielt als die Fifa

Das System Formel 1 ist das System Ecclestone, seit der damalige Brabham-Teamchef Ende der Siebzigerjahre die gemeinsame Vermarktung der Rennställe erfand. Damit wurde aus der Rennserie eine extrem profitable Unternehmung. Das US-Magazin Forbes hat überschlagen, dass die Formel 1 in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten etwa 15 Milliarden Dollar Gewinn gemacht habe, deutlich mehr als die Fifa. Ecclestone hat immer alle beteiligt, aber er hat selbst einen ordentlichen Batzen kassiert. Und andere reich gemacht.

Die bisherigen Rechteinhaber CVC Capitals aus Luxemburg zum Beispiel. Die kauften vor zehn Jahren für etwa 830 Millionen Dollar die Formel 1, unabhängig vom jetzigen Verkaufspreis sollen die Investoren über die Dekade vier Milliarden verdient haben. Alles mit Ecclestones Geschäftsmodell, weshalb sie auch davon absahen, den von ihnen eingesetzten Geschäftsführer fallen zu lassen, als gegen ihn wegen des Vorwurfs von Korruption und Untreue ermittelt wurde. 100 Millionen Dollar befreiten ihn von dem Prozess, nach der Gribkowsky-Affäre schaltete er wie zuvor.

Sollte mit dem Verkauf - und nach einer gewissen Übergangszeit zusammen mit dem bisherigen Regenten, der selbst noch 5,3 Prozent der Anteile besitzt - tatsächlich ein neuer Chef installiert werden, wird das kein leichter Job. Es braucht einen Finanz-, Vermarktungs- und Sportexperten. Alejandro Agag, Geschäftsführer der Formel E, ist im Gespräch, Malone hat bereits in dessen nachhaltige Rennserie investiert. Auch Chase Carey, lange Zeit rechte Hand von Rupert Murdoch, wird gehandelt, ebenso wie Mercedes-Teamchef Toto Wolff oder der britische Red-Bull-Statthalter Christian Horner. In Monza tauchte auch wieder der schillernde Flavio Briatore auf, er brachte Ecclestone und die Macher des Großen Preises von Italien zusammen, für 68 Millionen Dollar wurde der Vertrag um drei Jahre verlängert.

Solche Deals, mit einem langen Vorlauf von Drohgebärden, machten bisher einen Großteil der Formel-1-Einnahmen aus, die sich jährlich auf an die zwei Milliarden Dollar belaufen können. Das soll sich ändern, auch weil die Veranstalter - Beispiel Nürburgring - sich mit der Refinanzierung immer schwerer tun. John Malone aus dem Nicht-Formel-1-Land USA, dem auch der Baseballklub Atlanta Braves gehört, will seinen Schnitt über die Bewegtbildrechte machen. Er ist auch in Europa an zahlreichen Kommunikationsunternehmen beteiligt, in Deutschland beispielsweise am Kabelnetzanbieter Unitymedia.

Schließlich gibt Bernie Ecclestone in Monza doch einen Ausblick auf die Formel-1-Zukunft, kryptisch wie immer: "Ich tue, was ich immer getan habe. Es ist meine Entscheidung, welche Rolle ich einnehme." Ziemlich gelassen fügt er dann an: "We will see."

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