Formel 1:Champagner aus dem Schuh 

Daniel Ricciardo erlaubt sich als Zweiter ein Siegerritual und Lewis Hamilton meint lässig, er hätte "den Motor schonen" können. Die Zylinderköpfe der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Hockenheim

Nico Rosberg

1 / 7
(Foto: dpa)

Manchmal können Komplimente vom Chef richtig schal klingen: "Nico ist gut in Form, auch wenn er nicht gewonnen hat", lobte Mercedes-Rennstallleiter Toto Wolff den Viertplatzierten. Rosberg selbst, im Vorjahr noch der große Sieger, beschönigt nichts: "Ein heftiger und enttäuschender Tag." Am Start drehten die Räder durch, da wusste er schon, dass das nix werden würde. Dann drängelte er Max Verstappen beim Überholmanöver von der Piste, und bei der anschließenden Zeitstrafe blieb die iPhone-Stoppuhr stehen. Er büßte mehr als acht statt nur fünf Sekunden ein. Und aus dem schönen WM-Vorsprung von 43 Punkten, die er mal hatte, sind jetzt 19 Zähler Rückstand geworden. Die Aufholjagd sei sein kleinstes Problem: "Das ist nicht hart. Hart ist für mich vielmehr die Art, wie ich das Rennen verloren habe."

Lewis Hamilton

2 / 7
(Foto: dpa)

Die Partyband hatte der Brite, der mit der zehntausendsten Runde seiner Formel-1-Karriere den sechsten Sieg im siebten Rennen und den vierten in Folge klarmachte, gleich mitgebracht: Die Jungs von Linkin Park sind seine Kumpels (für Nico Rosberg drücke Lena Meyer-Landrut die Daumen). "Sommerpause" brüllte er nach dem Zwischenhoch, das ihm eine deutliche WM-Führung beschert, ins Helmmikrofon. Vergessen der Patzer in der Qualifikation: "Bei mir ist das Glas immer halb voll, im Rennen habe ich es ganz voll gemacht." Es war ein Erfolg im Bummeltempo. "Ich brauchte nur cool zu bleiben und den Motor schonen", gestand er nach seinem Raketenstart. Dass nach dem Zwangsurlaub alles anders aussehen könnte, glaubt er nicht: "Dann warte ich auf die nächste gute Welle. Gute Wellen werden wiederkommen ..."

Daniil Kwjat

3 / 7
(Foto: dpa)

Seit der Degradierung von Red Bull Racing zurück in den Talentschuppen von Toro Rosso steckt der 22-Jährige in einer Identitätskrise. Sein Nachfolger Max Verstappen wird zum Darling der Saison, und sein Teamkollege Carlos Sainz düpiert ihn ein ums andere Mal. Verzweifelt funkte er nach seinem 19. Startplatz an die Box: "Was geht hier vor sich?" Es war nicht ganz klar, ob er sich oder das Auto meinte. Eine echte Identitätskrise: "Ich fühl' mich echt nicht gut gerade, und diese Phase scheint einfach nicht mehr aufzuhören. Vor allem weiß ich nicht, was es braucht, damit ich mit dem Auto wieder klarkomme." Im Rennen landete er auf dem 15. Rang, tatsächlich kein Ruhmesblatt. Schon gibt es Gerüchte, dass man den Russen nach der Pause nicht mehr im Cockpit sieht. Das gilt auch für den indonesischen Manor-Piloten Rio Haryanto - dem fehlen sieben Millionen Euro Mitgift.

Jenson Button

4 / 7
(Foto: Getty Images)

Es könnte ein Karbonsplitter gewesen sein, vielleicht war es auch nur eine aufgebrochene alte Hornhautverletzung, die in der Uniklinik Heidelberg behandelt werden musste. Das Wochenende fing nicht sehr aussichtsreich für den britischen Senior an. Und am Ende des Großen Preises von Deutschland warnte er den Kommandostand schon mal vor: "Das könnte echt schwierig werden ..." Dem McLaren drohte der Sprit auszugehen. Aber Button ist vielleicht der Grand-Prix-Pilot mit dem größten Fahrgefühl, und er schaffte es sogar noch, Valtteri Bottas zu überholen - achter Platz. Jeder Punkt mehr gibt dem ehemals so stolzen Team nach den harzigen Hybrid-Anfängen mit Honda neue Selbstsicherheit. "Wir machen Fortschritte, wenn wir jetzt regelmäßig um Punkte kämpfen können", sagt der 36-Jährige. Er selbst pokert um einen neuen Vertrag.

Sebastian Vettel

5 / 7
(Foto: dpa)

Die Fernsehreporter hatten es auch schon mal leichter mit Sebastian Vettel. Nach seinem ersten Auftritt in Ferrari-Rot bei einem Formel-1-Heimspiel verfiel er in die mittlerweile schon obligatorische Trotzreaktion: "Es gibt nix, an dem wir zweifeln müssen." Höchstens verzweifeln, daran nämlich, dass Red Bull Racing die Scuderia erstmals deutlich auf der Strecke und auch in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft hinter sich gelassen hat. Das könnte eher zur Verzweiflung bei den Italienern führen. Denn Vettel kann ja ganz leicht erklären, warum wieder nicht mehr als der fünfte Rang herausgesprungen ist: "Es war irgendwo der Wurm drin, wir haben nicht den Speed, den wir haben sollten. Aber wir werden weiter kämpfen." Auf der Suche nach mehr Grip könnte man vielleicht gleich auch intensiver nach einem neuen Technikchef für Maranello fahnden ...

Daniel Ricciardo

6 / 7
(Foto: AP)

Zweiter in Hockenheim, das ist praktisch Erster in der Nicht-Mercedes-Weltmeisterschaft. Und für Ricciardo noch mehr als sein 100. Formel-1-Einsatz der Grund, bei der Siegerehrung den Champagner aus dem Schuh zu schlürfen. "Shoey" nennt sich diese Zeremonie down under, und steht eigentlich nur einem Sieger zu. Der Australier spürt, dass sich im Verfolgerfeld das Blatt in Richtung Red Bull zu drehen scheint: "Seit einem Jahr standen wir nicht mehr zu zweit auf dem Podium." Aber fürs Ego noch besser war nicht die erfolgreiche, reifenschonende Reise über 67 Runden, sondern die Tatsache, einen Mercedes geschlagen zu haben. Und die Startphase, bei der Ricciardo wie Verstappen am Start an Nico Rosberg vorbeizogen, gehörte zur besten Nicht-Mercedes-Rennaction seit langem.

Max Verstappen

7 / 7
(Foto: Getty Images)

In den Fahrerbesprechungen haben sie den 18-Jährigen auf dem Kieker, da wird ihm von der versammelten Kollegenschaft unfreundlich beschieden: "Fahr gefälligst so, wie wir fahren." Der Niederländer tut dann immer etwas zerknirscht, um beim Rausgehen zu sagen: "Ich habe gar nicht verstanden, was ihr meint ..." Er weiß es natürlich genau, es ist das schnelle und häufige Wechseln der Verteidigungslinie wenn ein anderer zum Überholen ansetzt. Das beklagte auch Nico Rosberg in der 30. Runde, allerdings fanden die Rennkommissare das Delikt des Deutschen schwerwiegender: Der hatte einfach so spät vor einem Rechtsknick eingelenkt, dass Verstappen nur die Flucht über die Randsteine blieb, um eine Kollision zu vermeiden. Umgehend funkte der clevere Junior an die Box: "Er hat mich abgedrängt, er hat mich abgedrängt ..." Ein Protest, der ihm Platz drei sicherte.

© Sz.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: