Sieben Kurven der Formel 1:"Es wird wieder einen Schumacher in der F1 geben"

Lewis Hamilton glaubt an die Karriere von Mick Schumacher. Max Verstappen liefert PS-Rodeo und Kimi Räikkönen feiert seinen Sieg wie ein echter Finne: Die Geschichten des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Austin

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Kimi Räikkönen

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Quelle: AP

Es gibt wenige Rennfahrer, die den geschlagenen Gegnern auch auf dem Podium wenig gönnen. Aber der Finne im Ferrari nimmt lieber erst selbst ein paar kräftige Schlucke Champagner aus der Magnumflasche, bevor er damit nach alter Sitte herumspritzt. Nach 113 Rennen (oder 2044 Tagen) ohne Sieg kann man das dem seit dieser Woche 39 Jahre alten Formel-1-Senior durchaus zugestehen. Vielleicht hat er auch einfach mit sich selbst angestoßen, schließlich ist es auf den Tag genau elf Jahre her, dass er Weltmeister wurde - es war der letzte Titel, den Ferrari feiern konnte. Fachmännisch stellt er in Austin fest: "Der Champagner schmeckt auch nicht anders als beim letzten Mal." Auch die weiteren Aussagen sind unverändert Kimi-Sprech. Was dieser Sieg für ihn bedeute? "Nun, ich bin glücklicher, als wenn ich Zweiter geworden wäre." Jetzt, da er Kinder habe, müsse das doch auch etwas Besonderes für die ganze Familie sein? "Nun, ich glaube, die sind mehr an der Siegerkappe interessiert als am Sieg." Räikkönen ist in der WM-Gesamtwertung nun wieder Dritter, vorbei an Landsmann und Mercedes-Beifahrer Valtteri Bottas. Ein bisschen ist sein 21. Grand-Prix-Sieg auch ein Erfolg für Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene, der den zu Sauber wechselnden Räikkönen behalten wollte.

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Sebastian Vettel

F1 Grand Prix of USA

Quelle: AFP

Ein rotes Absperrband schafft vor der Ferrari-Garagenwand eine Sicherheitszone für Sebastian Vettele bei seiner Analyse. Aber diesmal sind nur Reporter da, keine Rennwagen, die mit ihm kollidieren können - wie es zuvor erneut auf der Strecke passierte. Der Heppenheimer schwankt nach Platz vier zwischen Verzweiflung und Zuversicht: "Es ist eine gute und eine schlechte Nachricht, dass unser Auto wieder in Form ist. Denn es hat zu lange gedauert." Ferrari hat wochenlang in die falsche Richtung entwickelt, erst, als man in Austin Uralt-Teile an den Rennwagen baut, ist es plötzlich wieder auf Augenhöhe mit Mercedes. Dass Vettel die verpassten Chancen nachhängen, ist klar, wenn sogar Kollege Räikkönen wieder gewinnen kann. Aber den entscheidenden Fehler im Rennen hat er gemacht. Er wollte zu schnell zu viel, kollidierte in der ersten Runde mit Daniel Ricciardo und drehte sich: "Es läuft unnötig aufregend für mich. Zum dritten Mal auf gleicher Höhe und jedes Mal bin ich der, der sich dreht. Für mich sind die schwierigen Zeiten nicht vorbei, es hätte ein besserer Tag werden können." Das findet er "doof" und "ein bisschen bitter". Ist es auch.

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Max Verstappen

F1 Grand Prix of USA

Quelle: AFP

Rennfahrer bei Red Bull Racing sind ein Stück weit auch immer Marketing-Puppen, diesmal wurden auf ihre feuerfesten Rennanzüge Cowboy-Gürtel und -stiefel aufgedruckt. Tatsächlich hatte es etwas von PS-Rodeo, was der Niederländer vom eher aussichtslosen Startplatz 18 aus so trieb, den er einem Ausritt über die Randsteine im Qualifying zu verdanken hatte. Mit einer klugen Taktik und einer tadellosen fahrerischen Leistung, insbesondere im spannenden Rad-an-Rad-Duell mit Lewis Hamilton kurz vor Schluss, holte er sich den zweiten Platz. "Ich hab' so viel Druck gemacht, dass ich die Schuhe durchgetreten habe", behauptet Verstappen. Allein 13 Positionen konnte er in der ersten Runde gutmachen, am Ende hielt er Hamilton trotz abgefahrener Reifen hinter sich. Zu verdanken hat er das auch einer Tatsache, die für ihn selbst einigermaßen überraschend gekommen zu sein scheint: "Ich habe mich diesmal aus allem Ärger herausgehalten." Vielleicht sagt Teamchef Christian Horner auch deshalb: "Max ist ein unglaubliches Rennen gefahren."

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of USA

Quelle: AFP

Dritter werden, dass ist der Fast-Titelverteidiger nach vier Siegen in Folge nicht mehr gewohnt. Der verpatzte Start, die Reifentaktik des Teams, die ihn selbst überrumpelte, und der verlorene Vorsprung auf Ferrari haben ihm den ersten Matchball versaut. Der Brite wählte aber auch bewusst eine andere Taktik als Gegenspieler Vettel. "Natürlich habe ich versucht, das Rennen zu gewinnen. Am mit Blick darauf, dass ich um die Weltmeisterschaft fahre und die beiden anderen nicht, musste ich sehr, sehr vorsichtig sein. Titel werden nicht durch solche Kämpfe und dumme Fehler gewonnen. Deshalb habe ich den beiden sehr viel Platz gelassen, denn für mich war das Ziel, vor Sebastian ins Ziel zu kommen. Es ist egal, mit welchen Ergebnissen man Weltmeister wird. Hauptsache man wird es." Hamilton braucht bei insgesamt noch ausstehenden 75 Punkten am Wochenende in Mexiko nur fünf Zähler, um seinen fünften Titel sicher zu haben. Sollte Vettel im Autodromo nicht gewinnen, kann er sich sogar einen Ausfall leisten.

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Maurizio Arrivabene

F1 Grand Prix of USA - Practice

Quelle: AFP

Die Würde von Ferrari ist unantastbar, das ist Paragraph eins des Grundgesetzes der Formel 1. Weshalb Maurizio Arrivabene, der Teamchef der Scuderia, selbst nach dem vierten vergeblichen Anlauf von Sebastian Vettel auf den WM-Titel keine der ihm gestellten Fragen beantworten muss, dieses aber sehr ausführlich tut. Beispielsweise die nach seiner eigenen Zukunft. Am Wochenende nach dem missglückten Rennen in Japan hatte ihn die Gazetta dello Sport in Trient zu einem Podiumsgespräch geladen. Dort soll er gesagt haben, dass er noch nicht sicher sei, ob er bei der Sportwagenmarke bleibe. In Austin fragt ein italienischer Reporter nach, ob sich etwas verändert habe in der Zwischenzeit. Arrivabene runzelt seine Stirn so sehr, dass sie wie ein Relief der Dolomiten wirkt: "Meine Zukunft ist Ferrari, aber die Entscheidung liegt beim Top-Management." Das war eine relativ klare Aussage - für seine Verhältnisse. Die Antwort auf die Frage nach der Einführung eines Budget-Limits für alle Rennställe hingegen ergab in der Abschrift 39 Zeilen, mehr als eine Bildschirmseite. Was der 61-Jährige genau sagen wollte, wurde aber nicht klar. Es war schon richtig, dass der sichtlich erschöpfte Moderator die Medienrunde direkt danach abbrach. Nach FC-Bayern-Maßstäben war das sogar sehr respektvoll.

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Mick Schumacher

Mick Schumacher

Quelle: dpa

Eine Woche ist es jetzt her, dass der Sohn des Rekordweltmeisters den Titel als Formel-3-Europameister geholt hat, und die Formel 1 ist immer noch elektrisiert von dem Gedanken, im übernächsten Jahr wieder einen Schumi am Start zu haben. Lewis Hamilton glaubt, dass der Name Schumacher keine große Belastung mehr für den 19-Jährigen ist: "Es wird hundertprozentig wieder einen Schumacher in der Formel 1 geben, und das wäre großartig für die Serie. Nicht nur, weil Mick diesen Namen hat, sondern weil er einen großartigen Job macht. Er hat offensichtlich eine Menge Talent, so wie sein Vater. So was vererbt sich wohl - wie bei Keke und Nico Rosberg, und wenn Fernando Alonso mal Kinder hat, wird es auch so sein." Schumacher junior hat noch nicht entschieden, ob er im kommenden Jahr in der Formel 2, der zweiten Liga des Motorsports, an den Start geht. Überhaupt sind Formel-1-Fahrer-Kinder Trend: In Austin fuhr Eduardo Barrichello im Rahmenprogramm, der Sohn des Schumacher-Adjudanten Rubens.

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Austin

F1 Grand Prix of USA

Quelle: AFP

Die besten Bilder von der Formel 1 in den USA kamen nicht unbedingt aus Austin, sondern aus Miami. Erst bretterte dort Max Verstappen über den berühmten Strand, dann drehte Ex-Rennfahrer David Coulthard auf dem höchsten Haus der Stadt Kringel mit einem Boliden, schließlich fand dort ein Formel-1-Festival statt. Ein Appetitanreger für ein weiteres Rennen in Nordamerika, es wäre das erste unter der Regie von Liberty Media, den in Hollywood ansässigen Rechteinhabern. Vorgesehen war die Premiere mit einer wilden Jagd um den Kreuzfahrtschiffhafen schon für den kommenden Herbst, aber die Anwohner haben was dagegen. Deshalb darf Hockenheim im kommenden Jahr nochmal einspringen. Ob das Vorhaben vom Sonnen-Grand-Prix je verwirklicht wird, bleibt offen. Solange eben Texas, wo zwar nicht am Strand, zumindest aber in einer ehemaligen Kiesgrube gefahren wird. Die freilich hat sich zu einer der anspruchsvollsten Strecken im Rennkalender entwickelt, und steigert ihre Ticketverkäufe mit einem geschickten Vor- und Nachspiel: Wer Formel-1-Karten kauft, darf auch zu den Konzerten von Bruno Mars und Britney Spears. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass diese Auftritte ähnlich viel Spannung und Überraschung boten wie das Rennen zuvor.

© Sz.de/schm/leja
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