Formel 1: Zehn Zylinder:Ich gegen mich selbst

Sebastian Vettel sorgt für einen nur schwer zu toppenden Rekord, die deutschen Piloten sorgen im Qualifying für einen kaum noch zu toppenden Rekord, und das ganze Feld sorgt im Rennen für einen gar nicht mehr zu toppenden Rekord. Und Niki Lauda sinniert über seine Ohren.

Die Zehn Zylinder aus Valencia

Formel 1: Zehn Zylinder

Sebastian Vettel

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(Foto: AP)

Sebastian Vettel sorgt mit seinem Sieg in Valencia für einen nur schwer zu toppenden Rekord, die deutschen Piloten sorgen im Qualifying für einen kaum noch zu toppenden Rekord, und das ganze Feld sorgt im Rennen für einen überhaupt nicht mehr zu toppenden Rekord. Und Niki Lauda sinniert über seine Ohren. Der Rückblick auf das Rennen in der sueddeustche.de-Kolumne "Zehn Zylinder". Hatte ja kurz vor dem Rennen offenbart, dass ihm die Frauenfußball-Weltmeisterschaft nicht so ganz präsent ist. Hatte während des Rennens genug Zeit, Aufstellung und Spielplan der deutschen Frauen-Nationalmannschaft auswendig zu lernen. Denn Vettel gewann den Start, baute seinen Vorsprung schnell aus, musste im Zuge der ersten Boxenstopp-Serie für zwei Runden mal Felipe Massa vorbeilassen, baute seinen Vorsprung weiter aus, musste im Zuge der zweiten und der dritten Boxenstopp-Serie nicht einmal Felipe Massa vorbeilassen, baute dann seinen Vorsprung weiter aus und war irgendwann im Ziel. "Von außen mag das vielleicht langweilig ausgesehen haben", sagte der 23-Jährige nach dem Rennen ziemlich treffend. "Doch mir hat das total Spaß gemacht. Ich liebe das, wenn man jede Runde gegen sich selbst fährt." Mit dieser Fahrt gegen sich selbst sorgte er zugleich für einen neuen Rekord: Sechs Siege und zwei zweite Plätze in den ersten acht Rennen einer Formel-1-Saison - das gab es noch nie. Texte: Johannes Aumüller

Formel 1: Zehn Zylinder

Mark Webber

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(Foto: REUTERS)

Den altehrwürdigen Ausputzer gibt es im Fußball seit ein paar Jahren nicht mehr, Sebastian Vettel dürfte selbst bei der Frauen-Weltmeisterschaft vergeblich darauf warten, doch zum Glück für die Nostalgiker ist da ja noch die Formel 1. Denn dass Vettel diesen langweilig-spannenden Nachmittag verleben konnte, hatte er auch seinem Teamkollegen Mark Webber zu verdanken. Der war beim Start nicht schnell genug, um Vettel anzugreifen, aber gerade schnell genug, um sich zwischen Vettel und Fernando Alonso zu schieben und dem Deutschen so rigoros den Rücken freizuhalten, wie es früher die Ausputzer bei ihren Vorderleuten taten. Im Laufe des Rennens musste Webber aber feststellen, dass es auch in der Formel 1 nur bedingt Verwendung für Ausputzer gibt: Denn als er hinter Alonso zurückfiel, wackelte Vettel vorne keineswegs - sondern baute seinen Vorsprung vielmehr noch weiter aus. Begnügte sich deshalb mit Platz drei.

Formel 1: Zehn Zylinder

Fernando Alonso

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(Foto: AFP)

Über das Thema "Ferrari und die Boxenstopps" ließe sich ein ganzes Buch schreiben, man erinnere sich nur an das etwas unglückliche Drei-Reifen-Spiel von Michael Schumacher, der in seinen Scuderia-Zeiten mal mit einem Pneu zu wenig losfuhr. In Valencia gab es zwar keine optischen Pannen (alle Reifen waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort), dafür aber strategische. Denn in der zweiten Boxenstopp-Serie reagierte der Ferrari-Kommandostand zu spät, weshalb Alonso wieder hinter den Ausputzer Webber zurückfiel. Weil sich der Grand Prix aber zu einem Rennen mit Drei-Stopp-Strategie entwickelte, mussten alle Fahrer noch einmal an die Box - und da machte Ferrari das Malheur wieder wett. Alonso schnappte sich Rang zwei von Webber zurück und zeigte sich nachher zufrieden, obwohl er einen Sieg beim Heimrennen verpasst hatte.

Formel 1: Zehn Zylinder

Lewis Hamilton

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(Foto: dpa)

Gemessen an dem, was Lewis Hamilton schon so fabriziert hat, absolvierte der Brite ein unglaubliches Rennen. Er berührte niemanden mit seinem Frontflügel, er kollidierte mit niemandem, er schoss niemanden von der Strecke, er knallte gegen keine Mauer, er überfuhr beim Boxenstopp kein Crewmitglied, er verhielt sich auf der Strecke so derart normal, dass man sich zwischenzeitlich fragen musste, ob da wirklich Lewis Hamilton im McLaren-Cockpit saß. Hamiltons Kommentar zum Großen Preis von Europa? "Es war ein langweiliges Rennen." Wenigstens konnte er zwischendurch mit der Boxencrew debattieren, ob er denn seine Reifen genug schone.

Formel 1: Zehn Zylinder

Adrian Sutil

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(Foto: dpa)

Wurde Neunter, was für ihn ein gutes Ergebnis ist, aber an diesem Wochenende nicht das Entscheidende war. Viel wichtiger war seine Leistung im Qualifying, das er auf Position zehn abschloss. Denn mit dieser Platzierung stellte er gemeinsam mit Sebastian Vettel, Nico Rosberg, Michael Schumacher und Nick Heidfeld einen neuen Rekord auf: Erstmals landeten im Qualifying fünf Deutsche unter den besten Zehn.

Formel 1: Zehn Zylinder

Timo Glock

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(Foto: Getty Images)

War der einzige Deutsche, der im Qualifying nicht unter den besten Zehn landete, und ist somit gefordert, wenn es in den kommenden Rennen um einen Ausbau des deutschen Wochenend-Rekordes geht. Zwar hat dieser Timo Glock in seiner Karriere schon das eine oder andere gute Rennen abgeliefert, weshalb er zum Beispiel in Valencia als Rundenrekordinhaber firmiert, doch dummerweise sitzt er derzeit in einem hoffnungslos überforderten Virgin. Das Auto ist so schlecht, dass die RTL-Kommentatoren schon jubeln, wenn sich Timo Glock kurzzeitig von Platz 20 auf Platz 19 verbessert (am Ende: Platz 21). Solange die Konkurrenz nicht rückwärts fährt, wird es nix mit den sechs Deutschen unter den besten Zehn.

Formel 1: Zehn Zylinder

Narain Karthikeyan

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(Foto: dpa)

An dieser Stelle muss nicht zwingend Narain Karthikeyan stehen. Hier könnte auch Vitantonio Liuzzi stehen, oder Jerome d'Ambrosio, oder nochmal Timo Glock - oder irgendein anderer Fahrer aus dem hinteren Drittel des Feldes, die des Öfteren Rennen gegen sich selbst fahren, weil sie so langsam sind, und die sich üblicherweise freuen, wenn sie überhaupt ins Ziel kommen. In Valencia kam Karthikeyan ins Ziel, Liuzzi auch, d'Ambrosio ebenfalls und mit ihnen jeder andere Fahrer aus dem hinteren Drittel des Feldes, weshalb dieser Große  Preis noch in einer weiteren Kategorie einen Rekord aufstellte: 24 Fahrer beendeten ein Formel-1-Rennen - so viele wie noch nie.

Formel 1: Zehn Zylinder

Tommi Parmakoski

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(Foto: imago sportfotodienst)

Sieht ein bisschen aus wie der frühere Formel-1-Weltmeister Kimi Raikkönen, zählt aber zu den wichtigsten Menschen in Sebastian Vettels Umfeld. Er ist vor allem dessen Fitnesstrainer, aber auch für unzählige andere Dinge zuständig, zum Beispiel fürs Halten des Sonnenschirmes vor dem Start (hier ein Bild aus Monaco 2010). Für RTL ist er wichtig genug, vor dem Valencia-Rennen für ein Interview herzuhalten. Kritiker mögen sagen: Besonders relevant war das nicht, was er davon sich gab. Andererseits: Irrelevanter als das, was die normalerweise kurz vor dem Rennen Interviewten so sagen, war es auch nicht.

Formel 1: Zehn Zylinder

Niki Lauda

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(Foto: REUTERS)

Sieht aus wie Niki Lauda, überlegt aber, welcher Schauspieler so wie Niki Lauda aussehen könnte. Der Titelkampf des Österreichs gegen James Hunt aus dem Jahr 1976 soll verfilmt werden, Laudas Kommentar: "Den Vertrag für den Film hab' ich unterschrieben. Jetzt fehlen nur noch ein Regisseur und ein junger Schauspieler, der mit zwei Ohren beginnt und mit einem Ohr aufhört."

Formel 1: Zehn Zylinder

Zwischengas

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(Foto: AFP)

Das ist das Auto, mit dem Sebastian Vettel den Großen Preis von Europa gewonnen hat. Es hat etwas Historisches, denn beim nächsten Rennen in Silverstone funktioniert dieses Auto auf jeden Fall anders. Alle, die von außen draufblicken, werden keinen Unterschied sehen - doch sie werden sich mit dieser Meinung wieder deutlich von Sebastian Vettels Einschätzung unterscheiden. Denn von nun an muss der Deutsche auf das sogenannte Zwischengas seines Autos verzichten - eine Technik, bei der die Motoren auch beim Gaswegnehmen Auspuffgase produzieren und dem Fahrer so einen Vorteil verschaffen. Wahrscheinlich muss Sebastian Vettel in zwei Wochen auf einen Kampf gegen sich selbst verzichten.

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